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Wer viel frisst, darf bleiben

Lesezeit: 7 Minuten

Die Futteraufnahme der Trockensteher bestimmt die Abgangsrate nach der Kalbung. Doch woher weiß ich, ob die Kühe genug fressen? Und wie kurbel’ ich die Futteraufnahme an?


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Das Futteraufnahmevermögen von Milchkühen ist nach der Kalbung deutlich eingeschränkt. Die Leistungen hingegen steigen in der Frühlaktation schnell an und die Kühe rutschen in eine negative Energiebilanz. Stoffwechselstörungen und Erkrankungen können die Folge sein.


Wesentliche Ursachen des Problems könnte ­bereits vor der Kalbung in geringen Futteraufnahmen liegen. Denn verschiedene Untersuchungen zeigen, dass auch während der Vorbereitungsfütterung hohe Futteraufnahmen essenziell für eine gute Energieversorgung sind. Das Zentrum für Tierhaltung und Technik in Iden (ZTT) hat deshalb die Futteraufnahmen von mehr als 200 Kühen in den letzten Tagen vor der Kalbung gemessen und ausgewertet.


Bis zu 15,9 kg Futteraufnahme!

Dabei zeigte sich, dass der durchschnittliche Trockenmasse-Verzehr (TM) in den letzten fünf Tagen vor der Kalbung bei 11,9 kg je Tag lag. Die 25 % besten Fresser kamen auf eine mittlere TM-Aufnahme vor der Kalbung von 15,9 kg. Die relative tägliche Aufnahme je 100 kg Körpermasse betrug 2,1 kg TM.


Für die 25 % schlechtesten Fresser lagen diese Werte bei nur 7,8 bzw. 1,1 kg TM je 100 kg Körpergewicht. Trotzdem realisierten diese schlechten Fresser in den ersten 100 Tagen der Laktation durchschnittlich die erstaunlich hohe tägliche Milchleistung von 42,0 kg mit 4,06 % Fett und 3,15 % Eiweiß. Allerdings gaben die besseren Fresser mit 48,2 kg mit ebenfalls 4,06 % Fett und 3,18 % Eiweiß deutlich mehr Milch. Der Mittelwert für alle ausgewerteten Tiere betrug 45,6 kg Milch.


Geringe Abgangsrate:

Noch beeindruckender als der Effekt auf die Leistung ist die Auswirkung auf die Abgangsrate: Von dem Viertel der Kühe, die am Ende der Vorbereitungsfütterung am meisten gefressen haben, hat keine Kuh im ersten Laktationsdrittel den Bestand verlassen. Die Merzungsrate der schlecht fressenden Kühe in diesem Zeitraum lag hingegen bei 23 %. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass Kühe, die vor der Kalbung gut fressen, gesünder sind und nicht zuletzt auch deshalb mehr Milch geben können.


Darüber hinaus wurden im Rahmen einer Bachelorarbeit an der Hochschule Anhalt in Iden zusätzliche Messungen an 100 Mehrkalbskühen vorgenommen. Untersucht wurde, wie sich die Futteraufnahme vor der Kalbung auf verschiedene Parameter auswirkte. Darin wurden u. a. die Rückenfettdicke, Leistung oder der Gehalt freier Fettsäuren im Blut (NEFA) untersucht (Übersicht). Zur Auswertung wurden nach der Futteraufnahme drei Klassen gebildet:


  • Hohe Futteraufnahme > 14,3 kg TM
  • Mittlere Futteraufnahme: 11,5 bis 14,3 kg TM je Tag
  • Geringe Futteraufnahme < 11,5 kg TM


Die Eckdaten der Vorbereitungsration waren ca. 6,5 MJ NEL, 200 g Rohfaser und 135 g Rohprotein je kg Trockenmasse.


Grundsätzlich bestand für die besseren Fresser auch bei dieser Datenauswertung eine Leistungsüberlegenheit von ca. 3 kg, wenn auch der nicht so deutlich ausgeprägt war, wie in der ersten Untersuchung.


Höherer Eiweißgehalt:

Bemerkenswert ist jedoch, dass deren höhere Milchmengen mit höheren Milcheiweißgehalten einhergingen. Umgekehrt wiesen die geringeren Mengenleistungen und Eiweißgehalte darauf hin, dass die Kühe mit den geringsten Futteraufnahmen vor der Kalbung auch danach am schlechtesten mit Energie versorgt waren. Sie fraßen also weniger.


Diese schlechteren Futter- und Energieaufnahmen kamen in ungünstigeren Stoffwechselwerten zum Ausdruck. Die Gehalte an Freien Fettsäuren sowie die an Ketonkörpern (ß-Hydroxybutyrat), überschritten die Referenzwerte deutlich. Das zeigt, dass der Fettstoffwechsel bei diesen Kühen ernsthaft gestört war und sie an einer Ketose erkrankt waren.


Für Kühe der Kategorien mittlere und hohe Futteraufnahmen trat dieses Problem weniger bzw. gar nicht auf. Bei den Tieren mit den höchsten Futteraufnahmen waren wiederum keine Abgänge zu verzeichnen.


Geringe Futteraufnahmen vor der Kalbung sind also ein Alarmsignal, auf das man reagieren muss. Betrifft das Problem zeitgleich viele Kühe in der Vorbereitungsphase, handelt es sich wahrscheinlich um ein Bestandsproblem (z. B. fette Kühe, zu hoher BCS) oder wird durch die gefütterte Ration verursacht, wie z. B. mangelnde Fut­terqualität, Rationszusammensetzung und/oder die Nährstoffwerte der Ration.


Wenn möglich, sollte man die Höhe der Futteraufnahme der Vorbereitungskühe als Gruppe erfassen, um einen plötzlichen Abfall zu erkennen und entsprechend reagieren zu können.


Einzeltiere können anderen Tieren gegenüber in der Futteraufnahme auch zurückbleiben. Manchmal sind Klauenprobleme die Ursache, oft ist sie aber auch nicht ganz eindeutig zu bestimmen. Klar ist, dass man bei schlechter Futteraufnahme mit Problemen zum Laktationsstart rechnen muss.


Dafür ist es wichtig, schlechte Fresser früh zu erkennen. Erst dann kann man gezielte Maßnahmen ergreifen, die die Futteraufnahme erhöhen.


Pansenfüllung überprüfen:

Dazu hat es sich im Betrieb Iden etabliert, in der ersten Woche nach der Kalbung die Futteraufnahme anhand der Pansenfüllung zu schätzen. Falls dabei der Verdacht einer (zu) geringen Futteraufnahme besteht, wird der Pansen zusätzlich abgehört.


Ist in dieser frühen Phase der Laktation nicht mindestens eine deutlich wahrnehmbare Kontraktion pro Minute zu hören, gilt das als weiteres Alarmsignal. Anhand der Einschätzung der Schwere des gesundheitlichen Problems legt der Herdenmanager die erforderlichen Maßnahmen für das Einzeltier fest.


Als erste und einfachste Maßnahme zur Anregung der Vormagenfunktion und der Futteraufnahme wird den auffälligen Kühen Heu angeboten. Dies erfolgt aber nicht in großen Mengen und zur freien Aufnahme, sondern dosiert auf ca. 300 g pro Gabe bzw. Tag und erst nachdem die Kuh möglichst viel TMR gefressen hat.


Nachfolgend, ergänzend oder alter­nativ kann man auch Fertigprodukte zur Stimulation von Pansenfunktion und Futteraufnahme oral verabreichen. Hier bieten sich u. a. die Kombinationen aus Hefe und Kobalt und Natriumpropionat oder aus Propylenglycol, Glycerin und Vitamin B 12. Bei besonders schwierigen Fällen kann auch ein Mittel zu Anregung des Appetits (Wirkstoff Brotizolam) oder zur Stoffwechselstabilisierung (Butafosfan, Vitamin B 12) injiziert werden.


Dieses Vorgehen kommt in Iden nicht nur für frisch gekalbte, sondern auch für schlecht fressende Kühe vor der Kalbung zur Anwendung.


Solche Problemtiere anhand des Hungergruben-Scores zu finden, ist vor der Kalbung zwar schwieriger als bei Frischabkalbern, aber durchaus möglich. Mit dem Hungergruben-Score lässt sich bewerten, wie gut der Pansen gefüllt ist. Die Note 1,0 steht dabei für einen leeren, die Note 5,0 für einen extrem vollen Pansen. Das Ideal bei Kühen vor der Kalbung ist eine Note von mindestens 3,5. In dem Versuch konnte für die am besten fressenden Kühe ein mittlerer Hungergrubenscore von 3,8 ermittelt werden, für die im mittleren Futteraufnahmebereich 3,4 und für die Kategorie „schlechte Fresser“ 2,7. Bei den schlechten Fressern waren also mehr Tiere mit Noten kleiner als 3,0 zu finden.


Die Bewertung der Pansenfüllung der Vorbereitungskühe wird in Iden täglich ca. vier Stunden nach der Fütterung vorgenommen. Die Maßnahme erfordert in Verbindung mit der normalen Überwachung dieser Tiere keinen zusätzlichen Zeitaufwand, liefert aber wertvolle Informationen.


13 kg TM sind ein Muss!

Unter vergleichbaren Rahmenbedingungen wie in der Versuchsherde besteht für Kühe mit hohen Milchleistungen und TM-Aufnahmen unter 11 kg pro Tag ein erhöhtes Risiko zu erkranken. Als Ziel- bzw. Mittelwert für die Vorbereitungsfütterung von Mehrkalbskühen sollte man entsprechend ein TM-Verzehr von ca. 13 kg am Tag anpeilen.


Letztendlich ist es unbedingt zu empfehlen, die Futteraufnahme vor und nach der Kalbung zu bestimmen. Dazu sollte es ein abgestimmtes Maßnahmenprogramm geben, das fester Bestandteil des Herdenmanagements ist.

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