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Wie zwei Roboter-Profis die Auslastung steigern

Lesezeit: 11 Minuten

Die Auslastung bestimmt die Wirtschaftlichkeit des Melkroboters. Wie eine hohe Auslastung von über 700 000 kg möglich ist, erfahren wir während eines Besuchs mit Berater Jan Hinnerk Alberti auf zwei Betrieben.


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Jan Hinnerk Alberti sitzt an seinem Schreibtisch. Gerade hat er die neuen Daten eingegeben und sieht nun die Auswertungszahlen vor sich. Sie zeigen ihm, wie hoch die Melkroboter in seinem Arbeitskreis ausgelastet sind: gut 620 000 kg Milch pro Roboter und Jahr.


Der Berater von der Agrar Beratung Nord in Schafflund, dicht an der dänischen Grenze, ist auf Automatische Melksysteme (AMS) spezialisiert. „Die Auslastung entscheidet maßgeblich über die Wirtschaftlichkeit der Anlage“, erklärt er. Mit einer gesunden und leistungsstarken Herde kann jeder Betrieb 700 000 kg Milch am Roboter erreichen. Darin ist sich der Berater sicher. Er will es an zwei seiner Betriebe zeigen. Sie setzen bereits viel von dem um, was er rät.


Hohe Leistung das A & O!

Alberti setzt sich ins Auto. Er fährt 50 km weiter südöstlich nach Kiesby in die Landschaft Angeln zur Lausen GbR.


Auf Lausens Betrieb stehen 150 Kühe der Rasse Angler. Die Kühe mit der tief-roten Fellfarbe sind typisch für die Region. Von rund 11 200 Angler-Kühen in Schleswig-Holstein stehen 10 000 im Kreis Schleswig-Flensburg.


Es ist Mittag und Henning Lausen sitzt vor dem PC als Alberti auf den Hof fährt. Er kontrolliert gerade die Warnlisten des Roboters. Anschließend wird er sich die angezeigten Kühe im Stall ganz genau ansehen. 726 000 kg beträgt die Auslastung pro Box. Seitdem er nicht mehr selber melkt, sondern seine Kühe von zwei Lely-Robotern melken lässt, muss er sie noch intensiver beobachten als er es früher getan hat. Denn den direkten Kontakt im Melkstand hat er nun nicht mehr. „Checke ich regelmäßig die Warnlisten und kontrolliere die Kühe, so behalte ich auch ohne feste Melkzeiten den Überblick über meine Herde“, erklärt Lausen.


Mittlerweile steht Alberti neben ihm im Büro. Er fragt nach der Tages­milchleistung pro Kuh. „32 kg“, sagt Lausen. Berater und Betriebsleiter sind zufrieden. 30 kg gibt Alberti seinen Betrieben als Richtwert vor.


Für ihn hat die Herdenleistung den größten Einfluss auf die Auslastung. Er erklärt warum: „Mit höherer Herdenleistung steigt die Gemelkgröße. Gleichzeitig verringert sich die tote Zeit durch Anrüsten und Dippen und die Auslastung des Roboters steigt.“


Der Schnitt in seinem Arbeitskreis, bestehend aus 59 AMS-Betrieben aus ganz Schleswig-Holstein, liegt derzeit bei 29,8 kg. Damit ist er gut 3 kg höher als der Durchschnitt aller schleswig-holsteinischen MLP-Betriebe.


Dennoch gibt es einige Betriebe, die darunter liegen. „Die Arbeitsbelastung in den Betrieben ist enorm hoch“, erzählt Alberti. Vielfach haben die Betriebsleiter für eine intensive Betreuung der Herde nicht genügend Zeit zur Verfügung. Durch den Einsatz von Melkrobotern kann die freigesetzte Melkzeit aber in die Tierbetreuung fließen.


Hohe Melkgeschwindigkeit:

Auch die Melkgeschwindigkeit nimmt einen großen Einfluss auf die Auslastung des Roboters. „In derselben Zeit, in der die Kuh die Box besetzt, fließt mehr Milch“, erklärt Alberti. Die Selektion der Herde auf Melkgeschwindigkeit ist dabei ganz entscheidend. „Wir achten bereits bei der Anpaarung auf eine hohe Melkgeschwindigkeit“, sagt Lausen. Er hat eine durchschnittliche Melkgeschwindigkeit von 3,1 kg/Minute erreicht. „Außerdem hat die Milchleistung einen Einfluss auf die Melkgeschwindigkeit“, fügt Alberti hinzu. Das sei vor allem bei „größeren“ Gemelken von 10 bis 12 kg oder mehr der Fall. Er fordert eine Melkgeschwindigkeit über 2,5 kg/Minute.


Umgang mit Problemkühen:

„Tiere, die das Melkzeug ständig abtreten, sind echte Zeitfresser am Roboter“, sagt Alberti. „Eine einzige misslungene Melkung bedeutet einen Zeitverlust von immerhin 5 bis 6 Minuten“, erklärt er. Da kommt am Tag einiges zusammen. Hat man das „Management der Pro-blemkühe“ nicht im Griff, wirkt es sich negativ auf die Auslastung aus.


Lausen hat für seinen Betrieb eine Lösung gefunden: Für die sogenannten „Schlägerkühe“ hat er die Einstellung so gewählt, dass sie nur zweimal am Tag Melkanrecht haben. Während sie in der Box stehen, beruhigt er sie oder setzt ihnen einen Bügel an, damit sie das Melkzeug nicht abschlagen. In der Fachsprache der Roboter-Melker heißt das auch „Überwachtes Melken“. Zwischen einer und drei Kühen überwacht er am Tag. Darüber hinaus lässt er Färsen zwei bis drei Wochen vor dem Kalben in der laktierenden Herde laufen, damit sie die Roboter-Box kennenlernen. „Sie blockieren sie zwar kurzfristig, ohne dass Milch fließt, aber am Ende macht es sich bezahlt. Ich habe weniger Arbeit, wenn sie gekalbt haben“, sagt er.


Lausen erzählt von weiteren Aspekten, die zu einer wirklich guten Auslastung am Roboter beigetragen haben. „Nach einem Jahr mit vielen Färsenabkalbungen, die wir für die Aufstockung benötigten, haben wir nun wieder mehr ältere Kühe in der Herde“, sagt er. „Dadurch sind die Tagesgemelke deutlich höher als zuvor“, erklärt er. Außerdem sei das Grundfutter in diesem Jahr sehr hochwertig. Auch das führt zu einer hohen Leistung.


Freier Kuhverkehr:

Mittlerweile stehen Alberti und der junge Betriebsleiter auf dem Futtertisch. Sie blicken auf den übermäßig breiten Durchgang vor dem Roboter. „Wir haben extra viel Platz eingeplant, damit die Färse um ein Alpha-Tier herumgehen kann und die Möglichkeit hat, die Box zu besuchen“, erklärt Lausen. 5 Meter Breite misst der Raum vom Gestänge der Box bis zur Wand, an der die Tränke befestigt ist.


Die Kühe bei Lausen laufen im freien Kuhverkehr. Auf jeder Seite des Stalls steht ein Roboter. Jeweils 65 Tiere werden pro Box gemolken. Jedem Roboter ist eine Selektionsbox für vier bis fünf Kühe zugeordnet, aus der die Tiere ebenfalls freiwillig die Box besuchen können.


Beim freien Kuhverkehr kann jedes Tier die Box besuchen – ob es Melkanrecht hat oder nicht. „Das führt zu einer hohen Anzahl an Verweigerungen,“ erklärt Alberti. Die Anzahl der Verweigerungen pro Kuh liegen auf Lausens Betrieb bei 1,8 pro Kuh und Tag. Beim gelenkten Kuhverkehr hingegen erhalten nur die Kühe Zugang zum Roboter, die Melkanrecht haben. „Das spart zwar Zeit“, sagt Alberti. „Doch ob das zu einer höheren Auslastung führt, hängt davon ab, ob die Tiere im Vorwartebereich schnell genug in den Roboter gehen“, erklärt er. In manchen Herden stehen die Tiere dort zu lange, fressen und saufen nicht.


Warum Lausen sich für den freien Kuhverkehr entschieden hat, hatte jedoch noch einen anderen Grund: Der Gedanke, dass die Kühe beim gelenkten Kuhverkehr sechs- bis achtmal den Funktionsbereich wechseln und jedes Mal ein Tor passieren müssen, gefiel ihm nicht. Doch was des einen Leid ist, ist des anderen Freud.


Gelenkter Kuhverkehr:

60 km weiter westlich in Hörup auf dem Betrieb von Mark Petersen passiert eine Kuh gerade ein Tor, um vom Fress- in den Liegebereich zu gelangen. Hätte sie Melkanrecht gehabt, wäre sie in den Vorwartebereich der Roboter selektiert worden. Es ist die Rede von „Feed First“, dem gelenkten Kuhverkehr von DeLaval.


Als Petersen sich dafür entschied, hatte er sich beide Systeme angesehen. Der Gedanke, dass er beim freien Kuhverkehr hätte sechs bis sieben Kühe täglich mit der Hand zum Roboter treiben müssen, gefiel ihm nicht.


Bei Petersen sind derzeit 120 Kühe in Milch. Sie geben im Schnitt 9 450 kg Milch, 31,7 kg am Tag. Er erzählt, dass er vor ein paar Jahren einen Krankheitseinbruch im Stall hatte und mit der Leistung von 11 000 kg auf 8 500 kg herabgestürzt ist. Das hat die Auslastung des Roboters in Mitleidenschaft gezogen. 608 000 kg beträgt sie derzeit. Doch er arbeitet sich voran, möchte seine Tagesmilchmenge von 1 666 kg auf 2 000 kg steigern. Das würde eine Jahresauslastung von 730 000 kg pro Roboter bedeuten.


Petersen hat vor allem eine Stellschraube, an der er drehen kann, um dieses Ziel zu erreichen: die freie Zeit am Roboter reduzieren.


Freie Zeit:

Als freie Zeit bezeichnen die Roboter-Leute diejenige Zeit, in der keine Kuh die Box besucht. 25 % freie Zeit hat Petersen derzeit zur Verfügung. Er ist dabei, die Kuhzahl aus eigener Kraft wieder auf 135 melkende Kühe aufzustocken.


Alberti kommt zur Tür herein. Nun stehen beide auf der Aussichtsplattform, von der sie den Blick über den Laufstall schweifen lassen. „Eine höhere Auslastung erfordert vor allem eine vorsorgende Pflege und Wartung des Roboters“, erklärt Alberti. „Denn bei 10 bis 15 % freier Zeit gibt es keinen Puffer mehr für einen größeren Ausfall der Maschinen“, sagt der Berater. Es würde hinterher zu einem Stau am Roboter kommen und letztlich Milch verloren gehen.


Die freie Zeit ist aber keine in Stein gemeißelte Zahl. „In vielen Betrieben schlummert ein Potenzial für weitere Kapazitäten an den Robotern“, sagt Alberti. Nachdem der Roboter in Betrieb genommen ist, werden die Melkeinstellungen oft nicht optimiert. Es gehe darum, die „richtigen“ Kühe zu melken oder eben noch „warten“ zu lassen. So können die Rüstzeiten verringert werden. „Wenn Kühen die Melkzeit begrenzt wird, ist es wichtig, dass sie noch genug Zugang zu Kraftfutter und zu einer wiederkäuergerechten Ration am Futtertisch haben“, erklärt der Berater.


Gesunde Klauen entscheidend:

Und was hat nach Petersens Ansicht den größten Einfluss auf eine hohe Auslastung? „Für mich ist die Klauengesundheit am allerwichtigsten“, sagt er. „Kühe mit schlecht gepflegten Klauen oder Schmerzen laufen nicht“, fügt Alberti hinzu. Das merkt man beim Robotermelken noch deutlicher, als wenn man sie zweimal täglich zum Melkstand treibt. So sind bis zu 0,3 weniger Melkungen pro Kuh und Tag bei Klauenproblemen möglich.


Deshalb achtet Petersen peinlichst genau auf gesunde Klauen. Er hat einen Spaltenroboter, der die Laufflächen trocken hält und stellt alle vier Wochen ein Klauenbad auf. Außerdem kommt alle 14 Tage der Klauenpfleger.


Und er setzt noch ein i-Tüpfelchen drauf: Neben dem Stall hat er auf 0,25 ha eine „Joggingweide“ angesät, die er jetzt erstmals in Betrieb nimmt. Er bindet sie über Selektionstore in den gelenkten Kuhverkehr ein. Damit es nicht zu Leer- und Stoßzeiten am Roboter kommt, will Petersen den Weideausgang einschränken: Raus dürfen die Kühe nur eine Stunde nach dem Melken. Und es dürfen nur diejenigen Kühe raus, die in den nächsten vier Stunden kein Melkanrecht haben. Um die Grasnarbe zu schonen, sollen maximal 15 Kühe gleichzeitig auf der Weide sein.


Aber wo liegt das Potenzial der Roboter wirklich? Alberti schaut auf seinen Betriebsvergleich aus den Arbeitskreisen. Dort stehen zwei Betriebe mit über 800 000 kg Jahresauslastung: rund 824 000 kg und 839 000 kg. Doch was machen diese Betriebe, was die anderen beiden noch nicht machen?


„Die Betriebe haben zusätzlich zu den beiden Robotern noch einen Melkstand in Betrieb“, erzählt Alberti. Es sind sogenannte Kombi-Betriebe. Hier melken die Betriebsleiter alle Kühe, die den Roboter zu lange besetzen würden. Das sind Kühe mit einer geringen Melkgeschwindigkeit, einer geringen Leistung, Kühe, die das Geschirr ständig abtreten und Kühe mit Euterproblemen. „Das ermöglicht einen hohen Durchsatz am Roboter“, resümiert Alberti.


900 000 kg sind möglich!

In einen zusätzlichen Melkstand zu investieren klingt da fast verlockend, käme für Petersen jedoch nicht infrage. „Ich habe mich damals für den Roboter entschieden, um mit meiner Arbeit nicht an feste Melkzeiten gebunden zu sein“, sagt er. Auch für Lausen wäre das keine Option: „Mit der Anschaffung der Roboter war in erster Linie mein Ziel, weniger körperliche Arbeit zu haben“, erklärt er. Kombi-Betriebe sind mehr die Ausnahme als die Regel.


Alberti schmunzelt. Er hat die beiden Spitzenreiter gefragt, welche Auslastung sie am Roboter für möglich halten. 900 000 kg halten sie für denkbar, streben diesen Durchsatz aber nicht mit allen Mitteln an. „Die Herde noch weiter selektieren auf eine gute Melkbarkeit, die Melkeinstellungen noch weiter optimieren, um die zur Verfügung stehende Zeit am Roboter noch besser ausnutzen zu können“, sagt Alberti.


Nicht beirren lassen:

Auf dem Rückweg vom Betrieb denkt Alberti an die kurz bevorstehende EuroTier und daran, mit welchen Argumenten die Firmen versuchen werden, Kunden für sich zu gewinnen.


Besonders beliebt sei es, mit der Anzahl Kühe pro Box zu werben. „Doch die Rechnung geht nicht auf“, sagt Alberti und erklärt warum: „Verfolgt man einzig und allein das Ziel, möglichst viele Kühe pro Box zu melken, erhöht sich die „tote Zeit“ am Roboter. Zeit, in der Milch fließen könnte“.


Ein Aspekt ist Alberti besonders wichtig: Gesunde Herden und eine hohe Nutzungsdauer sind von zentraler Bedeutung für eine zukunftsfähige Milchproduktion. „Das ist wirtschaftlich und bringt Betriebsleitern als auch Mitarbeitern Freude“, sagt er. In solchen Herden stimmt in der Regel die Leistung und damit die Auslastung der Melkroboter.Svenja Pein

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