Seit Monaten läuft die Debatte über eine „Branchenorganisation Milch“. Was damit gemeint ist, sagt DBV-Milchreferent Ludwig Börger in der aktuellen top agrar-Ausgabe 2/2017.
Definition: In einer Branchenorganisation (BO) Milch müssen Milcherzeuger und mindestens eine weitere Stufe der Wertschöpfungsklette vertreten sein, also Verarbeitung oder Handel. Die EU-Staaten können sie anerkennen, wenn sie mind. 30 % der Milchwirtschaft vertritt.
Ziele:Diese Ziele kann sie haben:
- Standardverträge für den Verkauf von Rohmilch an Verarbeiter oder Milchprodukte an den Handel.
- Fördern von Forschungs- und Entwicklungsprojekten.
- Absatzförderung für Milchprodukte auf dem Binnen-/Weltmarkt.
- Verbessern der Markttransparenz sowie Produktqualität.
- Fördern umweltfreundlicher Erzeugungsmethoden.
- Vermarktung koordinieren, insbesondere durch Informationen, Marktforschung und -studien.
Allgemeinverbindlich:Beschlüsse einer BO Milch können allgemeinverbindlich sein, das heißt auch für Erzeuger, Molkereien und Abnehmer gelten, die nicht in der BO vertreten sind. Voraussetzung ist, dass die BO zwei Drittel der Produktions- sowie der Handels- oder Verarbeitungsmenge vertritt. Die allgemeinverbindliche Maßnahme muss bestimmten Vorgaben entsprechen. Hierzu gehören u. a. Vorschriften zur Produktion, Qualität und Vermarktung, Musterverträge oder Umweltschutzbestimmungen. Eine BO Milch könnte somit auch allgemeinverbindliche Verträge mit dem Handel oder die Absatzförderung beantragen.
Andere Länder: In fünf EU-Staaten gibt es anerkannte Branchenorganisationen: Frankreich, Niederlande, Portugal, Spanien und Ungarn. Sie loben die Arbeit zum Ausgleich der Interessen zwischen den Marktteilnehmern. Aktuelle Beispiele sind die BO Milch in Frankreich und den Niederlande: Die CNIEL (FR) hat sich kürzlich ein Programm zur Absatzförderung in Mittelamerika zu 80 % von der EU fördern lassen. Das waren 3,6 Mio. €. Die Zuivel-NL will allgemeinverbindlich 10 % bzw. 175 000 Kühe abstocken, um den EU-Sanktionen wegen der hohen Phosphor-Produktion vorzugreifen.
Stand Deutschland: Landwirtschaftsminister Christian Schmidt hatte 2016 zu Strukturgesprächen eingeladen. Vertreter von Ammerland, Arla, Deutsches Milchkontor, FrieslandCampina und Hochwald wollten daraufhin eine BO Milch gründen. Die Pläne liegen wieder auf Eis. Stattdessen haben die fünf Molkereien eine „Interessengemeinschaft Genossenschaftliche Milchwirtschaft“ gegründet. Diese ist jedoch nicht nach EU-Recht anerkannt und hat auch nicht die Rechte einer BO Milch.
Forderungen:Der DBV begrüßt die Überlegungen zur Gründung einer BO Milch. Wichtig ist, dass eine Plattform konkrete Projekte angeht:
- Finanzielle Mittel aus der EU-Absatzförderung nutzen.
- Abschöpfen der finanziellen Mittel aus der EU-Innovationsförderung.
- Empfehlungen für die Lieferbeziehungen, insbesondere für den Umgang mit Preisschwankungen.