Das European Milk Board hat - wie berichtet - das vergangene EU-Mengenreduktionsprogramm am Donnerstag als großen Erfolg bezeichnet. Der Effekt auf die Milchpreise mit einer Steigerung um 10 Cent sei enorm gewesen.
Die Einschätzung teilt Eckhard Heuser vom Milchindustrieverband allerdings nicht und begründet dies auf das Thünen Institut, welches unabhängig von Verbänden etc. zu ganz anderen Ergebnissen gekommen sei.
So sei der Preis schon wieder hoch gewesen, als die letzten Gelder ausgezahlt wurden. „Der Verwaltungsaufwand ist riesig und teuer. Aber das muss am Ende des Tages die Politik entscheiden nicht die Molkereien“, sagte er gegenüber top agrar. Sicher sei jedoch, dass man mit exportstarken Drittländern in Zukunft keine Freihandelsabkommen abschließen und gleichzeitig EU-Geld ausgeben könne, um vermeintlich Preise zu stabilisieren.
Börger: Preisentwicklung verpufft in offenen Märkten
Ähnlich sieht es Ludwig Börger vom Deutschen Bauernverband. Er zweifelt hauptsächlich die Unabhängigkeit der Autoren an, die für das EMB die Wirkung des Reduktionsprogramms bewertet hätten.
„Frau Dr. Fink-Keßler ist bekannt durch ihre regelmäßigen Auftragsarbeiten für das European Milk Board, Greenpeace, die Grünen oder das MEG Milch Board. Mit Blick auf die wissenschaftlich wiederholt belegte Ineffizienz staatlicher Eingriffe in einzelbetriebliche Produktionsentscheidungen sollte bei der Veröffentlichung selbige als das gekennzeichnet werden, was sie sind: Politisch motivierte Meinungsbekundung statt wissenschaftlicher Publikation. Vor diesem Hintergrund ist auch diese „Studie“ zu verstehen, bei der das Resultat des Programmes („Dieses freiwillige Programm war ein großartiger Erfolg“) feststeht, bevor überhaupt der Versuch einer wissenschaftlichen Herleitung dieser Aussage unternommen wird“, so Börger gegenüber top agrar.
Trotz der wichtigen und richtigen finanziellen Unterstützung der Milchbauen in der Krise bleibt nach Ansicht des DBV-Milchreferenten in der „Studie“ bei der Bewertung des Programms zum Beispiel unberücksichtigt, dass 20 % der tatsächlichen Mengenverringerung in Deutschland durch die Aufgabe der Milcherzeugung erzielt wurde und das 25 % der zur Verfügung gestellten finanziellen Unterstützung ungenutzt zurück an die EU geflossen sind.
„In der jüngeren Vergangenheit haben etliche ernstzunehmende Institutionen aufgezeigt, dass eine staatliche Steuerung der Produktion in zunehmend globalisierten Milchmärkten ungeeignet ist, der Herausforderung zunehmend schwankender Erzeugerpreise gerecht zu werden. Hierzu gehören Veröffentlichungen des Thünen-Instituts für Marktanalyse im Auftrag des BMEL (2017), das Institut für Ernährungswirtschaft Kiel im Auftrag der grünen Länderagrarminister (2015) oder von Ernst & Young im Auftrag der Generaldirektion Landwirtschaft der EU-Kommission (2013)“, sagte Börger weiter.
Staatliche Mengenregulierungen seien demnach abzulehnen, Börger wörtlich:
- Die Preiswirkung ist äußerst gering und regelmäßig zu spät
- Die Preiswirkung verpufft gänzlich in offenen Märkten
- Staatliche Mengenregulierung schwächt langfristig die Wettbewerbsfähigkeit
- Die Umsetzung ist mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden
- Die Regulierung widerspricht der langfristigen Ausrichtung der Agrarpolitik
- Richtig ist jedoch: Preissignale müssen früher beim Landwirt ankommen und die Notwendigkeit einer verbindlicheren Planung und Steuerung von Anlieferungsmengen zwischen Molkereien und Milcherzeugern ist gegeben.