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Brasilien

Doppelt so wertvoll wie Gold – Hype und Kriminalität um Rinder-Gallensteine

Hongkong ist die internationale Drehscheibe für Gallensteine von Rindern aus Südamerika und Australien. Die Chinesen zahlen Unsummen dafür, was in Brasilien zu Einbrüchen und Gewalt führt.

Lesezeit: 5 Minuten

In Brasilien gibt es einen kuriosen Trend von Kriminellen: Bewaffnete Banden brechen in Schlachthöfe ein, um Gallensteine der geschlachteten Rinder zu stehlen. Laut der Zeitung Daily Mai sind die nämlich doppelt so viel wert wie Gold.

Diese verrückt hohen Preis zahlen Chinesen. In deren traditioneller Medizin werden Gallensteine zur Behandlung von Schlaganfällen eingesetzt, die durch Bluthochdruck und Fettleibigkeit hervorgerufen wurden, berichtete zuerst das Wall Street Journal.

So würden Händler 5.800 Dollar für eine einzige Unze der verhärteten Gallenklumpen zahlen. Das habe eine globale Jagd in den wichtigsten Rindfleisch produzierenden Regionen der Welt ausgelöst, heißt es. Aber auch illegale Händler, die Steuern und Vorschriften umgehen, sowie bewaffnete Banden, die auf den großen Coup aus sind, sind schnell in das Spiel eingestiegen.

„Die Leute hören von dem hohen Preis und verlieren langsam den Verstand“, sagt Daniela Gomes da Silva, Forscherin an der São Paulo State University, dem Wall Street Journal. Der Verkauf von Gallensteinen ist in Brasilien nicht illegal, aber der Handel mit den kleinen rostfarbenen Steinen ist im Untergrund zu einer florierenden Praxis geworden.

Man könnte schmunzeln, wenn die Aktionen nicht so gewalttätig wären

„Ich dachte zuerst, es wäre ein Scherz“, sagt auch Rafael Faria, Polizeiermittler in Barretos. Das Problem ist so weit verbreitet, dass Faria selbst inzwischen eine Reihe von Raubüberfällen und Schmuggelvorfällen untersuchen muss, bei denen Händler versuchen, die Steine ​​an mehrere Käufer zu bringen – darunter Hongkong, Shanghai und Peking.

Kürzlich brachen bewaffnete Räuber in ein Bauernhaus in São João da Boa Vista ein – einer Gemeinde nur wenige Autostunden von Barretos entfernt. Die Kriminellen fesselten die Besitzer zusammen mit ihrem sechsjährigen Enkel und rannten dann mit Steinen im Wert von 50.000 Dollar davon.

Im September 2024 wurden zwei uruguayische Geschwister zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie Gallensteine ​​im Wert von über 3 Mio. Dollar nach Hongkong geschmuggelt hatten, ohne sie den Behörden zu melden.

Auch Schlachthofmitarbeiter in Brasilien und dem australischen Queensland sind an dem Geschäft beteiligt, heißt es. Mehrere Arbeiter wurden in den letzten Jahren verhaftet, weil sie die Steine ​​während der Arbeitszeit stahlen – sie ließen sie beispielsweise unauffällig in ihre Gummistiefel fallen. Schon vor Jahren war beim Schlachthof in Toowoomba/Australien eine Sammlung von Kuhgallensteinen verschwunden.

Für den Handel gibt es eigentlich spezialisierte Unternehmen

Offizielle Firmen wie Oxgall – ein brasilianisches Handelsunternehmen mit Sitz im zentralwestlichen Bundesstaat Goiás – kaufen solche Steine ​​normalerweise von Schlachthöfen und Bauern. Die Qualität und der Preis der Steine ​​können aber variieren, wobei kastanienbraune Steine ​​als die reinste Form des Körperteils gelten.

„Im Durchschnitt zahlen wir zwischen 1.700 und 4.000 Dollar pro Unze“, sagte José de Oliveira, Geschäftsführer von Oxgall. Mit anderen Worten: Ein einzelner Stein kann mehr wert sein als das ganze Fleisch einer Kuh.

Um Raubüberfällen auf der Autobahn vorzubeugen, werden die Steine ​​innerhalb Brasiliens oft per Flugzeug transportiert, bevor sie vakuumverpackt und nach Asien geschickt werden, um in Chinas 60 Mrd. Dollar schwerer traditioneller Medizinindustrie verwendet zu werden.

Illegale Produzenten versenden die Steine ​​hingegen auf anderen Wegen – sie verstecken sie in Marmeladengläsern oder sogar in Kinderspielzeug, um Vorschriften zu umgehen. In selten Fällen kommt es auch vor, dass Betrüger den Steinen fein gemahlene Ziegel hinzufügen oder Zucker in die Mitte spritzen, um ihr Gewicht und ihren Wert zu erhöhen.

Jedes hundertste Rind hat einen Gallenstein

Gallensteine sind also ein riesen Geschäft. Ein Rancharbeiter aus Brasilien sagt offen, was er denkt: „Wenn ich wüsste, welche Rinder Gallensteine haben, würde ich sie alle persönlich töten.“ Ein Arbeiter in Brasilien, der in einem Hochsicherheitsraum im hinteren Teil des Schlachthofs von Kameras überwacht für das Aufschlitzen der Gallenblasen zuständig ist, findet normalerweise nur einen Stein pro 100 geschlachtete Tieren.

Und obwohl der Großteil des Geldes an die Schlachthofbesitzer geht, steckt solch ein Arbeiter einen kleinen Prozentsatz jedes Steins ein, den er findet. „Manchmal ist er mehr wert als mein Monatsgehalt“, sagte er. „Es ist sehr gefährlich, denn wenn wir ihn erst einmal herausgeholt haben, wandert er sofort in den Safe.“

Hongkong ist internationale Drehscheibe beim Steinehandel

Da die Schatzsuche so energisch geführt wird und so lukrativ ist, sollen manche Produzenten bereits nach Wegen suchen, wie sie die Gallensteinproduktion in den Tieren künstlich anregen können. Auch wenn es keine offiziellen Zahlen gibt, soll der Handel um die Steine, weiter stark zunehmen. Zumindest belegen das Exportmengen nach Hongkong. Der Wert der Steinimporte Hongkongs soll sich fast verdreifacht haben – von 75,5 Mio. Dollar im Jahr 2019 auf satte 218,4 Mio. Dollar im Jahr 2023.

Darüber hinaus war Brasilien im Jahr 2023 der größte Steinlieferant Hongkongs – zwei Drittel aller Exporte in diese Stadt gingen dorthin, gefolgt von Australien, Kolumbien, den USA und Paraguay.

Westliche Rinderhaltungen sind raus

Dass die Gallensteine nur in einigen bestimmten Ländern entstehen, hat übrigens einen Grund. In Brasilien, Australien etc. sind die Tiere oft auf den Weiden, werden älter und bekommen anderes Futter als z.B. in den USA und Europa. Bei uns werden Rinder in der Regel vor dem zweiten Lebensjahr geschlachtet, schreibt Daily Mail weiter. Die Ausrichtung auf schnelle und hohe Fleisch- und Milchproduktion sowie gutes Kraftfutter führe dazu, dass in der Regel weniger Gallensteine entstehen.

Was machen die Chinesen damit?

Die Vorbereitung der Gallensteine gilt in der chinesischen Medizin als hohe Kunst. Nach der Entnahme werden die Steine ​​sorgfältig gereinigt und wochenlang getrocknet, bevor sie zerkleinert werden.

Das Pulver wird dann mit anderen Zutaten vermischt, von gemahlenem Büffelhorn bis zu Arsenhaltigen Edelsteinen, und zu einer Pille gepresst. Das soll dann die Folgen eines Schlaganfalls abmildern, Blutgerinsel lösen, aber auch Fieber senken und Infektionen heilen.

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