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Fleischsommelier berichtet über seine Sicht auf die Rindfleischvermarktung

Christoph Graboswki ist Kenner der Fleisch- und Grillszene. Aus seiner Sicht lässt sich bei der Rinderdirektvermarktung mehr rausholen. Wie das gelingen kann, erklärt er im Interview.

Lesezeit: 5 Minuten

Christoph Grabowki hat eine Leidenschaft für Fleisch. Als Vorreiter im Fleischhandwerk hat er sich unter anderem mit neuen Schnittführungen beim Rindfleisch beschäftigt. Diese finden besonders bei Grill-Fans anklang und sollen zudem zu einer höheren Verwertung führen. Für Christoph Grabowski kann aus jedem Fleischstück ein Edelstück werden.

Herr Grabowski, Sie sind Fleischermeister und Diplom-Fleischsommelier und leiten den Bereich Fleisch in einem Handel für ­Frischeprodukte. Wie wird man Experte in dem Thema?

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Christoph Grabowski: Mich hat der Umgang rund um das Thema immer begeistert und so bin ich Fleischer geworden. 1988 hab ich meinen Meister gemacht. Ich war viel auf Berufswanderschaft und hab mir von Handwerk, Industrie bis Einzelhandel einiges angeschaut.

Nach einer Selbstständigkeit leite ich seit 2012 im Ruhrgebiet bei Niggemann Food Frischemarkt den Bereich Fleisch. Durch den Job habe ich Einblicke in die Fleischproduktion weltweit bekommen.

Wie wurden Sie Fleischsommelier?

Grabowski: Ich habe dann 120 Stunden Zusatzausbildung in Graz absolviert – zum Glück. Ich bin nicht dümmer nach Hause gefahren und war ­einer der ersten in Deutschland.

Überrascht hat mich, wie z. B. die Medien darauf ­reagiert haben. Als Sommelier hat man im Gegensatz zum Metzger einen Türöffner in viele Branchen – leider. Ich bin 34 Jahre Meister und zehn Jahre Sommelier. Der Begriff trägt eine Marke in sich, es gab und gibt einen Hype darum. Ich bilde schon lange Sommeliers aus. Den Absolventen bringe ich bei, dass der Begriff nicht mehr heißt als „dienen in Kompetenz“. Das ist unsere Aufgabe. Denn eins ist klar: Die Verbraucher sind sehr, sehr unsicher beim Thema Lebensmittel.

Verbraucher überzeugen

Meinen Sie, dass man die Verbraucher mehr an die Hand nehmen muss?

Grabowski: Ich bin kein Ideologe und will auch nicht missionarisch vorgehen und noch weniger will ich Leuten Lebensmittel auf­drücken. Aber wir können und müssen z. B. zeigen, dass wir uns auch mit kleinem Geldbeutel vernünftig ernähren können: Ich habe mir gerade eine asiatische Suppe gemacht aus Schweinepfoten und Hühnerfüßen. Das Fleisch hat mich relativ wenig ­gekostet. Diese Verwertung ist ein Beispiel für Respekt vor Lebensmitteln. Das hat nichts mit dem Geldbeutel zu tun, sondern mit der Einstellung.

Immer mehr Metzgereien schließen. Das macht es auch für Landwirte schwer, regionale Kooperationen zur Fleischvermarktung und -verarbeitung zu finden. Wie lässt sich diese Ent­wicklung aufhalten?

Grabowski: Der Metzger heutzutage ist für mich kein Nahversorger mehr. Das sind Lidl, Netto, Penny und Aldi. In diesen Markt wollen die meisten Zulieferer rein. Deshalb lobe ich mir Einzelinitiativen, die das hochwertige Fleisch aus regionaler Landwirtschaft anders vermarkten wollen.

Der Metzger heutzutage ist für mich kein Nahversorger mehr. Das sind Lidl, Netto, Penny und Aldi."
Grabowski

Da haben wir aber viel aufzuholen, das fängt bei kommunalen Schlachthöfen an. Denn ohne die ist die Abhängigkeit groß, Tiere nach Norm zu produzieren. Heute kann man nicht einfach ein Schottisches Hochlandrind zu jedem Schlachthof bringen. Landwirte müssen den Vertrieb ihrer Ware mehr in die eigene Hand nehmen. Und die Metzger müssen Landwirtschaft begreifen. Denn der Kunde will dort nicht billiger kaufen als im Discounter – das vergessen viele.

Mehr Umsatz dank anderer Stücke

In Ihrem Buch „Neue Cuts vom Rind“ beschreiben Sie, wie ein Schlachtkörper mit verschiedenen Schnitten anders verwertet werden kann. So soll man weitaus mehr Umsatz erzielen. Wie funktioniert das?

Grabowski: Ja, je nach Rasse. Dabei muss man aber auch die Qualität beachten. Unsere ­modernen Rassen erreichen mehr Leistung, aber nicht unbedingt die geschmackliche Qualität von alten Rassen wie Gelbvieh, Highland, Angus usw. Um mit diesen langsam wachsenden Rassen Geld zu verdienen, muss die Verwertung passen – Wertschöpfung durch Wertschätzung.

Ein gutes Beispiel ist das Flank-Steak. Vor zehn Jahren kannte das niemand. Ich kann ca. 0,6 % Flank-Steak von einem Tier bekommen. 0,6 % die ich deutlich höher verwertet habe. Rinderbacke z. B. ist heute teurer als Rinderhüfte. Die damalige deutsche Schnittführung bei der Zerlegung ist aus meiner Sicht veraltet. Die Grillszene hat uns bei­gebracht, das wir viel mehr Stücke mit hoher Verwertung produzieren können.

Und auch auf die Jahreszeit sollte man achten: Ich nutze Sommer- und Wintercuts. Im Sommer liegt der Fokus auf dem Grillen, im Winter auf Schmorgerichten und warmen Essen aus der Küche.

Flank-Steak, Picanha, Teppanyaki-Cut und Co.: Sind das alles Neuheiten bei der Fleischverarbeitung oder ist es Altbewährtes klug vermarktet?

Grabowski: Klar ist das Marketing. Ein Short-Rip bringt einen höheren Ertrag als eine Flache Rippe, obwohl es das gleiche Stück ist. Und das ist gut so. Gleiches Beispiel: Flank-Steak oder Dünnung, Beinscheibe oder Beef-Hammer. Das meiste Geld bekommen wir durch Kommunikation.

Das meiste Geld bekommen wir durch Kommunikation."
Grabowski

Stehen sich Direktvermarkter da selbst im Weg?

Grabowski: So viele Metzger und auch Landwirte haben fast schon Angst davor, ihre Preise zu setzen. Daran sieht man sicherlich, wie nah sie an ihren Kunden und den Menschen sind. Aber jeder muss doch auch sehen, dass es den Preis für Qualitätsfleisch und -tierhaltung braucht. Und dabei helfen andere Formen der Verwertung wie über neue Teilstücke. Das 10 kg-­Paket mit Gulasch, Braten und ­Knochen ist meiner Meinung nach nicht zeit­gemäß und oft ein Verlustgeschäft.

Können Rinderhalter die Fleisch­qualität ihrer Tiere von der Aufzucht bis Theke aus ­Ihrer Sicht verbessern?

Grabowski: Definieren Sie Qualität. Wir haben die beste Fleischqualität in Deutschland, die es je gab – in ­Bezug auf Sicherheit. Dabei haben wir den geschmacklichen Qualitätsaspekt verloren. Denn die Industrie braucht standardisierte Ware. Dadurch haben wir zum Beispiel vielen Rassen den Fettanteil weggezüchtet. Der bzw. das intramuskuläre Fett ist u. a. aber wichtig für den Fleisch­geschmack. Da kann man ansetzen.

Was sagen Sie zur Konkurrenz aus dem Ausland?

Grabowski: Ich bin für mehr Kennzeichnung in Restaurants. Ich kann in der Speisekarte die Herkunft des Wassers nachlesen und bekomme eine Weinkarte, die ist so dick wie ein Buch. Aber das Essen ist ­beschrieben mit „Schnitzel“ oder „Salat“. Das muss viel transparenter sein. Ich will wissen, woher mein Fleisch kommt. Die genaue Rasse wäre dann das i-Tüpfelchen.

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