Ottmar Ilchmann, Milchbauer aus Ostfriesland und Milchsprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), kritisiert die Preisabschlüsse zwischen Molkereien und Einzelhandelsketten für Produkte der Weißen Linie scharf: „Die Verhandlungsführer von Molkereien und Einzelhandel leben offenbar in einer anderen Welt. Entgegen der Situation auf den Höfen nach der Rekord-Trockenheit und mit entsprechend dürftigen Futterbeständen haben sie nicht etwa die Milchpreise angehoben, sondern behalten die im Frühjahr gesenkten Preise weiter bei oder senken sie wie bei der Butter noch. Sie verhindern damit den dringend notwendigen Anstieg der Erzeugerpreise auf ein Niveau, das insbesondere unsere stark steigenden Futterkosten abdecken kann.“
Damit bleibe die wirtschaftliche Situation der deutschen Milcherzeuger weiterhin angespannt. Nach der schweren Milchkrise 2015/2016 hatte sich der Milcherzeugerpreis Ende 2017 für kurze Zeit im Bereich der Kostendeckung bewegt. Erneute Produktionssteigerungen haben den Erzeugerpreis wieder um fast 10 Cent auf einen Bereich von etwa 30 Cent je Liter fallen lassen, schreibt die AbL in einer Mitteilung. Erst Mitte 2018 hätte ein leichter Preisanstieg eingesetzt, der nun abgebremst zu werden drohe.
Zenit bei 35 Cent überschritten
Ilchmann mahnt: „Es mehren sich die Anzeichen, dass bei einem Niveau um 35 Cent der Zenit schon wieder erreicht sein soll, wie es eine norddeutsche Genossenschaftsmolkerei ihren Mitgliedern gerade mitgeteilt hat. Niederländische Molkereien kündigen für November bereits leichte Preisrücknahmen an. Der aktuelle Rückgang des Kieler Rohstoffwertes lässt für den Beginn des nächsten Jahres wieder einen stärkeren Preiseinbruch befürchten. Die von der Molkereibranche und namentlich vom Milchpräsidenten des DBV ausgegebenen Durchhalteparolen erweisen sich einmal mehr als trügerisch. Und das vor dem Hintergrund der erschwerten und verteuerten Winterfütterung und der Schwierigkeiten gerade für Milchviehbetriebe, an den Dürrehilfen überhaupt teilhaben zu können.“
Schwarzer-Peter-Spiel
Es sei enttäuschend, dass auch mehr als vier Jahre nach dem Auslaufen der Quotenregelung weder von der Branche noch von der Politik wirksame Instrumente entwickelt wurden, um den Milchmarkt zu stabilisieren. Die Politik habe zwar auf dem Höhepunkt der letzten Krise 2016 eine dann auch sehr wirksame Mengenbegrenzung gegen Entschädigung angeboten, sträube sich aber auch unter Ministerin Klöckner weiterhin, dieses Kriseninstrumentarium grundsätzlich für drohende Krisensituationen zu installieren. Ebenso wenig seien die Molkereien gewillt, durch Veränderung der Lieferordnungen die Position der Milcherzeuger zu verbessern. Der Milchbauer fordert: „Nach wie vor betreiben alle Beteiligten ein Schwarzer-Peter-Spiel, verweigern sich ihrer Verantwortung und wälzen das gesamte Marktrisiko auf die Milchbäuerinnen und Milchbauern ab. Der aktuelle Rückgang der Erzeugungsmengen muss genutzt werden, um den Milchmarkt zu drehen, preislich wie strukturell.“