Im Folgenden lesen Sie einen Standpunkt von Tierärztin Dr. Katrin Bock aus Kranenburg am Niederrhein, erschienen in top agrar 1/2017, Seite R3:
Kein Vertrauen mehr zum Tierarzt?
Ich nehme mir ab und zu die Zeit, Internetforen durchzustöbern. Es ist interessant und erschreckend zu sehen, welche Tipps Landwirte zu erkrankten Tieren austauschen. Genau genommen kann ich nur von „Usern“ sprechen, denn häufig sind die Diskussionsbeteiligten mit Chat-Namen benannt und bleiben ohne Berufsbezeichnung. Ich finde es erstaunlich, teilweise gefährlich, wie die Foren-Beiträge ausarten.
Die gut gemeinten Ratschläge gehen von eigenen Erfahrungen über recherchierte (und dann verlinkte) Hinweise bis hin zu mittelalterlichen Hausmittelanwendungen. Häufig ist sogar der eine oder andere richtig untermauerte Tipp vorhanden. Wie findet der Ratsuchende aus der Informationsflut das nun Richtige für sein Tier heraus? Wofür entscheidet er sich, wenn er zu einer euterkranken Kuh 20 Antworten bekommt? Für den Hinweis desjenigen, der so klingt, als habe er viel Erfahrung, oder nimmt er eher den Ratschlag dessen an, der vermeintlich schon einmal dasselbe Problem und einen ähnlichen Fall hatte?
Manche der Ausführungen, die ich dort lese, sind fachlich schlichtweg falsch. In den Beiträgen ist häufig erwähnt, dass der Tierarzt „ratlos“ sei und man ihn deswegen nicht mehr befrage. Das enttäuscht mich. Da drängt sich mir die Frage auf, ob es in Deutschland wirklich so viele ratlose Tierärzte gibt? Oder ist eher ein Vertrauensproblem der Grund dafür, dass man in bestimmten Fällen lieber Rat bei Unbekannten sucht als beim Hoftierarzt? Ich wünsche mir, dass die Kunden auch in der „Zeit des Internets“ die Kompetenz und das Fachwissen ihres Tierarztes nutzen, um Lösungswege zu finden. Dieses Wissen kann man meinetwegen in Foren austauschen und erweitern. Schließlich sind wir ja alle nicht allwissend.