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topplus MyKuhTube-Landwirtin erzählt

Aufgabe der Milchkuhhaltung: „Schwierige Entscheidungen transparent machen“

Auf YouTube sprach Katrin Carl offen über den Schritt, ihre Milchkühe zu verkaufen. Wie es ihr im Alltag damit geht und welche Veränderungen das mit sich brachte, berichtet sie im Gespräch.

Lesezeit: 5 Minuten

Landwirtin Katrin Carl führt seit 2009 ihren elterlichen Betrieb in der Region Hannover. Vor Kurzem traf sie eine Entscheidung, die ihr Leben als Landwirtin grundlegend veränderte: Sie verkaufte ihre Milchkühe. In einem emotionalen Video auf dem YouTube-Kanal „My KuhTube“ sprach sie offen über diesen Schritt, der nicht nur berufliche, sondern auch persönliche Veränderungen mit sich brachte. Im Gespräch mit top agrar schildert Katrin Carl, wie sie mit dieser Entscheidung umgeht.

Ein schmerzlicher, aber durchdachter Schritt

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Ende Juli 2024 war es so weit: Die letzten Kühe verließen den Familienbetrieb. „Meine Mädels sind ausgezogen“, erinnert sich Katrin Carl. Ihren Erzählungen ist anzumerken, wie sehr ihr dieser Abschied naheging. Die Entscheidung, die Milchviehhaltung aufzugeben, war das Ergebnis vieler Überlegungen und intensiver Gespräche. Die Landwirtin und ihre Familie hatten verschiedene Alternativen geprüft, darunter auch die Investition in ein automatisches Melksystem. Sie habe zwar viele Chancen in der Automatisierung gesehen, doch letztendlich fiel die Entscheidung aufgrund der hohen Kosten und der fehlenden Planungssicherheit seitens der Politik, gegen diesen Schritt.

Sie betonte im Gespräch, dass es nicht den einen Grund für die Entscheidung gab, aufzuhören mit dem Melken. Viele Faktoren spielten eine Rolle, darunter der wachsende Bürokratieaufwand, die hohen Investitionskosten, der zunehmende Mangel an zuverlässigen Arbeitskräften und die geringe Zeit für die Familie.

Rückhalt von Berufskollegen

Mit der Entscheidung innerhalb der Familie entschloss sich die Landwirtin, diesen schwierigen Entschluss auch öffentlich zu teilen. Seit den Anfangstagen von „My KuhTube“ war sie Teil des YouTube-Formats, das Verbrauchern Einblicke in den Alltag von Milchviehbetrieben gibt. „Es war mir wichtig, auch die schwierigen Entscheidungen transparent zu machen“, erklärt sie. Schließlich sei das ebenfalls die Lebensrealität vieler landwirtschaftlicher Betriebe.

Es war mir wichtig, auch die schwierigen Entscheidungen transparent zu machen.“
Katrin Carl

Die Reaktionen auf das Video hätten ihr gezeigt, dass sie nicht allein ist. Viele Landwirte und Landwirtinnen äußerten daraufhin Verständnis und berichteten von ähnlichen Erfahrungen. In einer Umfrage auf topagrar.com äußerten 45 % der Befragten vor einer ähnlichen Entscheidung zu stehen (siehe Grafik 1). Außerdem äußerten 92 % der über 250 befragten Personen Verständnis für die Entscheidung der Landwirtin (siehe Grafik 2).

Unterstützung kam auch aus Katrin Carls persönlichem Umfeld sowie von ehemaligen Auszubildenden, die ihre Leidenschaft für die Kühe kannten und den schweren Schritt nachvollziehen konnten.

Neuer Alltag mit Jungviehaufzucht

Jetzt, ohne die tägliche Melkarbeit, habe sich Katrin Carls Alltag spürbar verändert. Die Stallabteile werden derzeit umgebaut und die ersten Rinder für die Jungviehaufzucht sind bereits eingezogen. „Wir schauen nach vorne: Es macht Spaß, mit den neuen Tieren zu arbeiten“, sagt die Landwirtin. Den Betrieb komplett aufzugeben, stand für sie nie zur Debatte. Sie selbst bezeichnet sich als „absoluten Kuhmenschen“, daher sei direkt klar gewesen, dass die Arbeit mit Rindern bleiben muss.

Wir schauen nach vorne: Es macht Spaß, mit den neuen Tieren zu arbeiten.“
Katrin Carl

Besonders ermutigend für Katrin sei das positive Feedback der Betriebe, bei denen ihre Kühe nun leben. Diese loben unter anderem die Umgänglichkeit der Tiere. Für Katrin, die, wie sie sagt, ihr „Herzblut in die Milchviehhaltung gesteckt“ hat, sei das ein großes Kompliment. „Das ist eine Bestätigung, dass alles, was man in den letzten Generationen gemacht hat, richtig war. Das ist dann schon in Ordnung.“

Familienzeit statt Melkstand

Die Veränderungen auf dem Hof haben auch Auswirkungen auf das Familienleben der Carls. „Es ist tatsächlich so, dass ich morgens meine Kinder mal sehe, bevor sie zur Schule gehen“, sagt sie und lacht. In den letzten Jahren sei das nicht möglich gewesen, da sie morgens immer im Melkstand stand. Nun genieße sie die neu gewonnene Flexibilität. „Das ist schon ganz gut, dass es jetzt anders ist und man nicht auf die Uhr guckt und denkt ,Oh gleich wieder melken‘.“

Öffentlichkeitsarbeit weiterhin im Fokus

Nicht nur die Tierart ist auf dem Hof von Familie Carl gleich geblieben. Auch das Engagement in der Öffentlichkeitsarbeit für die Landwirtschaft haben die Landwirtin und ihre Familie mit den neuen Betriebsstrukturen nicht aufgegeben. Auf ihrem Hof nimmt Katrin Carl daher auch weiterhin regelmäßig Schulklassen in Empfang. Es sei ihr ein Anliegen, Kindern - den zukünftigen Verbrauchern - Einblicke in die Arbeit eines landwirtschaftlichen Betriebs zu geben. Dabei merke sie, wie groß die Wissenslücken der Verbraucher oft sind. Diese Wissenslücken will sie schließen: „Das geht nur, wenn man sich für Besucher öffnet.“

Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine neue

Für andere Landwirte in ähnlichen Situationen hat Katrin Carl wertvolle Ratschläge: „Es ist leicht gesagt, dass man einfach die Kühe wegschickt. In der Realität ist das unglaublich schwer.“ Es sei entscheidend, eine erfüllende Alternative zu finden. „Beim Milchvieh ist ganz viel Herzblut mit dabei und da muss man eine andere Aufgabe finden, die einen erfüllt. Ansonsten wird man überrannt von diesem Ereignis“, rät sie.

Wichtig sei ihr aber auch zu betonen, dass sie keinen dazu aufrufen möchte, die Milchviehhaltung aufzugeben. In eine solche Entscheidung spielen viele Faktoren mit hinein, da müsse man genau abwägen. „Je mehr Milchkuhbetriebe bestehen bleiben, umso mehr freue ich mich!“ ergänzt sie. „Milch wird immer getrunken.“

Je mehr Milchkuhbetriebe bestehen bleiben, umso mehr freue ich mich!“
Katrin Carl

Trotz der Herausforderungen und des schmerzlichen Abschieds blickt Katrin optimistisch in die Zukunft. Mit dem Jungvieh und ihren Mutterkühen, die bereits seit fünf Jahren auf dem Hof leben, findet sie nun auch ohne Milchproduktion Erfüllung in ihrer Arbeit mit Tieren. Sie bleibt damit weiter optimistisch, denn „irgendwann muss man mit einem Kapitel abschließen und einen Strich drunter ziehen. Wenn man sich jahrelang ärgert, hat man nichts gewonnen“.

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