Der Weg zu anderen Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern und ihren Molkereien ist lang und steinig. Und neue Lieferbeziehungen bringen keinesfalls zwangsläufig höhere Milchpreise, aber die Chance auf mehr Planungssicherheit. Denn am Markt kommen sie nicht vorbei. Dieses Fazit lässt sich aus dem Symposium des Deutschen Bauernverbandes (DBV) zum Thema „Preisgestaltung in Lieferbeziehungen – aus der Praxis für die Praxis“ ziehen, das am Donnerstag mit gut 100 Teilnehmern in Berlin stattfand.
DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken machte gleich mit seinem Eingangs-Statement deutlich: „Der Schlüssel für marktorientierte Lieferbeziehungen liegt bei den Erzeugern und Molkereien – und sonst bei niemanden!“
Forderungen des DBV
Dem stimmte Karsten Schmal voll zu. Zudem führte der DBV-Milchpräsident fünf Forderungen auf:
- Die Branche muss sich intensiv und lösungsorientiert um die Lieferbeziehung kümmern
- Planungssicherheit bei Preisen und Mengen verbessern
- Molkereien müssen Warenterminbörsen oder ähnliche Instrumente zur Absicherung des Preisrisikos nutzen
- Andienungs- und Abnahmepflicht können nur in Genossenschaften befriedigend behandelt werden
- Kündigungszeiten sachgerecht gestalten
Geschäftsführer Kiefer ergänzte noch: „Milcherzeuger sollten nicht direkt an die Börse gehen, vor allem der finanzielle Aufwand ist zu hoch. Die Molkereien sollten es machen!“
frischli prüft Festpreise
Positive Erfahrungen damit haben bereits die frischli Milchwerke gesammelt. „Die Preisabsicherung über Warenterminbörsen funktioniert“, versicherte Dr. Jörn Uwe Starcke. Allerdings gebe es kurzfristig noch einige Unabwägbarkeiten zu meistern, zudem müsse man noch mehr Erfahrung zu sammeln. „Gemeinsam mit unseren Erzeugern wollen wir die Festpreis-Kontrakte aber weiter voranbringen“, sagte Starcke weiter.
Für den niederländischen Molkereikonzern FrieslandCampina ist die Börsenabsicherung dagegen weniger interessant. Aufsichtsratmitglied Hans Stöcker: „Wir sind breit aufgestellt und in vielen Märkten unterwegs. Das ist für uns die beste Absicherung gegen Schwankungen.“ Stöcker hob die hohe Wertschöpfung des Unternehmens hervor. Davon würden die Milcherzeuger auch in schwierigen Marktphasen direkt im Milchpreis profitieren.
Drei Beispiele
DBV-Milchreferent Ludwig Börger stellte drei Festpreis-Vereinbarungen aus der Praxis vor:
- Die Genossenschaftsmolkerei Glanbia aus Irland bietet feste Milchpreise für 18 bzw. 36 Monate. Landwirte können freiwillig mit einem Teil ihrer Milchmenge teilnehmen.
- Omira bietet einen back-to-back-Kontrakt an. Die Alpenmilcherzeuger der Genossenschaft konnten für ein Jahr einen Teil ihrer Milchmenge mit 32,06 ct/kg (Alpenmilch, 4,0 % Fett) fixieren.
- Die neuseeländische Genossenschaft Fonterra hat in der Saison 2013/2014 einen Festpreis von 30,0 ct/kg angeboten. Die Landwirte konnten maximal 75 % ihrer Menge absichern.
Zu lebhaften Diskussionen komme es auch in Frankreich, erläuterte Michel Débes vom Verband der Genossenschaftsmolkereien (FNCL). Nach dem Quotenende hätten die Milcherzeuger mit ihren Abnehmern Kontrakte abgeschlossen. Dabei gebe es gestaffelte Milchpreise und Vereinbarungen über Mengen. „Wenn die Landwirte mehr produzieren wie vereinbart, bekommen sie empfindliche Abzüge“, sagte Débes. Da fast jede Molkerei eine andere Regelung treffe, sei der Markt sehr komplex und kaum zu überblicken.
Was sagt die Politik?
Auf die Frage, ob die Politik bei den Lieferbeziehungen mitmischen soll, ging Dr. Katharina Böttcher aus dem Landwirtschaftsministerium ein. Ungewöhnlich an der Milch-Branche sei die Preisbildung im Nachhinein und das unbegrenzte Andienungsrecht. Sie fragte: „Das Quotenende war Wunsch der Wirtschaft. Aber hat sich die Wirtschaft auch vorbereitet?“ Sie erwartet, dass die Wirtschaft die Lieferbeziehung kritisch prüft und gegebenenfalls Organisations- und Ablaufstrukturen ändert. Molkereien und Erzeuger müssten ein modernes Risikomanagement haben. Und sie sollten die uneingeschränkte Rohmilchanfuhr prüfen. Dr. Böttcher: „Die Vertragsparteien können das alles ohne staatliches Zutun regeln!“