Nach jahrelangen Verhandlungen haben die EU und Neuseeland ein Freihandelsabkommen unterzeichnet. „Jetzt haben wir den weltgrößten Milcherzeuger an unseren Tisch gerufen“, macht Eckhard Heuser vom Milchindustrieverband (MIV) deutlich.
Er befürchtet fatale Folgen für europäische Milcherzeuger. Denn Neuseeland gilt als weltweit größter Milchexporteur, der rund 95 % aller Milcherzeugnisse exportiert. Jetzt erhalten „die Kiwis“ deutlich größere Kontingente als bisher, unter anderem für Butter, Käse und Milchpulver. In einer Übergangszeit von sieben Jahren werden die Kontingente langsam gesteigert und gleichzeitig die Zollsätze gesenkt. Beispielsweise wird Käse zollfrei und für Butter sinkt der Zollsatz auf bis zu 5 %.
Bis zu 60 % der Butterimporte
„Ausgehend von den aktuellen Handelszahlen wird Neuseeland durch die Kombination von Freihandelsabkommen und WTO-Kontingenten die Möglichkeit haben, bis zu 60 % der EU-Buttereinfuhren zu decken - heute sind es 14 %“, erklärte der neuseeländische Handels- und Agrarminister Damien O'Connor laut dem Pressedienst Agra-Europe. Auch neuseeländischer Käse könnte demnach einen Anteil von 15 % der EU-Käseimporte ausmachen, gegenüber nur 0,5 % heute.
Neuer Wettbewerber am Milchmarkt
Während in Neuseeland die Sektkorken knallen, kritisiert die deutsche Milchwirtschaft das Abkommen und hatte seit Beginn der Verhandlungen davor gewarnt. „Deutsche und europäische Milcherzeuger müssen nun wissen: Die neuseeländischen Milcherzeuger sind die neuen Wettbewerber auf unserem Milchmarkt. Selbst in Bayern wird der Milchpreis künftig in Neuseeland gebildet!“, so Eckhard Heuser.
Mit Blick auf die Forderungen nach höheren Tierwohl-Maßnahmen und hohen Erzeugerkosten sei dies fatal. Und auch die von einigen Erzeugerverbänden geforderte politischen Steuerungselemente für höhere Milchpreise würden durch das Freihandelsabkommen völlig konterkariert.
Keine Vorteile für EU-Milchwirtschaft
Die Idee von Freihandelsabkommen sind laut Heuser grundsätzlich in Ordnung. Allerdings habe die EU-Milchwirtschaft mit Neuseeland nun einen starken Wettbewerber am Markt – während die deutschen Exporteure im Gegenzug wenig bis gar nichts bekommen. Laut dem Freihandelsabkommen entfallen zwar sämtliche Zölle auf EU-Exporte nach Neuseeland. Doch davon werden wohl nur andere Branchen profitieren. Die Nachfrage nach europäischen Molkereiprodukte dürfte beim weltweit größten Milchexporteur mit nur etwa 5 Mio. Einwohnern gering sein.
Das Freihandelsabkommen soll voraussichtlich ab der ersten Jahreshälfte 2024 gelten. Ebenfalls verhandelt sind Kontingente für Fleisch. So soll der Marktzugang für Rindfleisch nach Ende des Übergangszeitraumes um das Achtfache gesteigert werden. Und etwa 96 % der Schaffleisch-Einfuhren der EU könnten dann aus Neuseeland kommen.