Die Ausbreitung des Blauzungenvirus auf das Bundesgebiet und die Endemisierung der Tierseuche wird mittelfristig immer wahrscheinlicher, mahnt der Bundesverband praktizierender Tierärzte und beruft sich dabei auf die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo). Der Grund sei, dass in keinem Bundesland außer Baden-Württemberg nennenswerte Impfabdeckungen erreicht werden. Um diesem Szenario vorzubeugen, hält die StIKo Vet an ihrer Empfehlung vom Februar 2016 zu einer flächendeckenden verpflichtenden Impfung fest. Sollte sich weiterhin keine verpflichtende flächendeckende Impfung durchsetzen lassen, empfiehlt die StIKo Vet eine Impfung auf freiwilliger Basis.
Sie weist auf die anhaltende Notwendigkeit hin, Rinder und kleine Wiederkäuer durch eine Impfung gegen das Blauzungenvirus vor der Erkrankung zu schützen. Nach wie vor ist nicht klar, welches Krankheitspotential die aktuell kursierenden BTV-Isolate haben.
Während sich die direkten Schäden im Falle eines Viruseintrags in die Wiederkäuerpopulation zumindest für Rinder möglicherweise in Grenzen halten, werden sich durch Handelsrestriktionen wirtschaftliche Folgen ergeben, sobald die entsprechenden Restriktionszonen eingerichtet sind. Nur Tiere, die gemäß Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1266/2007 mindestens 60 Tage vor dem Verbringen mit einem inaktivierten Blauzungenimpfstoff, der vor dem in der Region zirkulierenden Serotyp schützt, geimpft wurden, dürfen aus den Restriktionszonen frei verbracht und gehandelt werden.
Entsprechend der Erfahrung der BTV-Impfkampagne aus den Jahren 2006 - 2009 bedarf es einer Impfabdeckung der empfänglichen Wiederkäuerpopulation von über 80%, um die Ausbreitung des Virus grundsätzlich zu verhindern, heißt es weiter in der Empfehlung. Durch die flächendeckende Impfung ist es in Deutschland seinerzeit gelungen, die Epidemie erfolgreich zu tilgen. Im Gegensatz zu den europaweiten Anstrengungen der vorherigen BTV-Epidemie wird weder in Frankreich noch in Ungarn bzw. Österreich flächendeckend gegen BTV geimpft. Stattdessen gibt es die Möglichkeit, freiwillig zu impfen. Obwohl dadurch möglicherweise die Ausbreitung etwas verlangsamt wurde, ist mittlerweile erkennbar, dass diese Strategie nicht geeignet ist, die Erkrankung zurückzudrängen.
Die Vorgehensweise in Baden-Württemberg zeigt, wie durch eine öffentliche Unterstützung der freiwilligen Impfung eine relativ hohe Impfabdeckung erzielt werden kann. Bundesländer mit einem hohen Ersteintragsrisiko sollten daher dringend die Möglichkeit prüfen, die freiwillige Impfung logistisch oder finanziell zu fördern.