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Trends bei der Melk- und Kühltechnik

Über die aktuellen Neuheiten bei der Melktechnik berichtet Dr. Steffen Pache vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Köllitsch: In der Milchgewinnung beansprucht das Melken den größten Teil der täglich notwendigen Arbeitszeit.

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Über die aktuellen Neuheiten bei der Melktechnik berichtet Dr. Steffen Pache vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Köllitsch:


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In der Milchgewinnung beansprucht das Melken den größten Teil der täglich notwendigen Arbeitszeit. Die in der Praxis zu beobachtende Spannweite ist vor allem eine Funktion des Mechanisierungs- bzw. Automatisierungsgrades der genutzten Melktechnik, der Herdengröße und der Kompetenz des Personals.


Werden Investitionen vorbereitet, kommt der Auswahl der zum Betrieb passenden Melktechnik eine Schlüsselrolle zu. Wichtig für diese Entscheidung sind Fragen nach den Melkstandsformen (Gruppen- oder Karussellmelkstand, Melkroboter, Gebäudeeinpassung), nach der Ausstattung (Automatisierungsgrad der Melkarbeit, Einsatz von Sensortechnik, Datenkopplung zum Herdenmanagement, Arbeitsplatzgestaltung) und nach der Wirtschaftlichkeit (Melkleistung/Durchsatz, Abschreibung, Betriebs- und Wartungskosten), aber auch Fragen nach der strategischen Betriebsentwicklung (Faktorausstattung, Erweiterungsschritte), nach der Herdenentwicklung (Milchleistung, Eutergesundheit, Reproduktion, Fütterung) und nach der Personalentwicklung (Ausbildungsgrad/Fertigkeiten, Arbeitsorganisation, Arbeitsqualität, Motivation und Stimulation). Alle diese Abwägungsgründe für die passende Melktechnik sind letztlich im Zusammenhang der Anzahl möglicher Melkungen je Tag und der vermarktungsfähigen Milchmenge je Arbeitskraft und Jahr zu betrachten.

 

Mit der Verbreitung der Automatischen Melkverfahren haben sich die Aufgaben des Melkers verändert. Die schwere, monotone Melkarbeit wird vom Roboter übernommen, und die freigesetzten Ressourcen können vom Tierpfleger für eine intensivere Tierbetreuung zur Sicherung einer guten Tiergesundheit und hohen Fruchtbarkeit bei deutlich größeren Herden eingesetzt werden. Die Automatisierung formt das Berufsbild des Melkers neu in Richtung mehr Überwachungs- und Steuerungsaufgaben unter Nutzung modernster Sensor-, Computer- und Kommunikationstechnik mit hoher Flexibilität im Arbeitsalltag. Der Anteil der Routinearbeiten verringert sich, Managementaufgaben rund um das Tier, die Herde und die Technik steigen. Dazu bedarf es qualifizierte und motivierte Mitarbeiter, die „mit den Augen melken“ können.

 

Mit der Wahl der Melktechnik werden die Weichen für ein PC-gestütztes Herdenmanagement gestellt. Insbesondere bei den Automatischen Melkverfahren, aber auch zunehmend bei konventionellen Melkständen, werden innovative Messsysteme zur Überwachung der Melkeigenschaften, der Eutergesundheit, der Rohmilchqualität, der Aktivität, der Futteraufnahme und des Stoffwechsels angeboten, die situationsbezogene Signalwerte dem Melker oder dem Herdenmanager kommunizieren und eine gezielte Behandlung der Kuh veranlassen.


Für eine effiziente Datenverarbeitung und vor allem plausible Visualisierung der Informationen ist eine Vernetzung der Maschinen und Geräte mit leistungsfähigen Servern und / oder dem Internet notwendig. In diesem Bereich bieten die Melktechnikhersteller umfassende Systemlösungen an, die aber in ihren einzelnen Modulen zueinander kaum kompatibel sind.

 

Bei gleicher Aufgabenstellung für die Ausrüstungsindustrie, robuste, ausfallsichere Techniken und Technologien zur nachhaltigen Steigerung der Arbeitsproduktivität auf den Markt zu bringen, sind in der Milchgewinnung grundsätzlich zwei Entwicklungsschienen zu unterscheiden – die konventionellen und die automatischen Melkverfahren. Die in den jeweiligen Bereichen angebotene Melktechnik hat bereits einen hohen Ausstattungsgrad erlangt und wird von den Milcherzeugern gut angenommen.

 

Vor dem Hintergrund der sinkenden Personalverfügbarkeit, einer nachhaltigen Erwerbssicherung und notwendiger Betriebsentwicklung stehen in regelmäßigen Zyklen Investitionsentscheidungen in die Melktechnik an. Dabei ist in den letzten Jahren der Anteil installierter Automatischen Melkverfahren und Karussellmelkstände deutlich gestiegen. In Abhängigkeit der Herdengröße wird die Entwicklung einerseits zu hochgradig automatisierten Milchviehställen und andererseits zu großen Stallanlagen mit entsprechend groß dimensionierten Melkständen voranschreiten. Wachstumsorientierte Familienbetriebe entscheiden sich stärker für ein Automatisches Melkverfahren, um die Entbindung von der Routinearbeit bei mehr Flexibilität für die Betriebsführung zu nutzen. Lohnarbeitsbetriebe setzen auf große, komfortable Melkstände mit hohem Durchsatz und Schichtarbeit.

 

Bei den Melkständen geht der Trend weg von der Fischgräten-Ausstellung hin zur Side-by-Side-Anordnung (SbS) mit Schnellaustrieb, da in einem vergleichbar dimensionierten Melkstand mind. 50% mehr Melkplätze installiert werden können. Die Arbeitswege verkürzen sich, und es werden Melkdurchsätze von über 90 Kühen pro Stunde von einem Melker bei einem 2x14 SbS-Melkstand erreicht.

 

Auch bei den Karussellmelkständen hat sich die SbS-Anordnung bei den sogenannten Außenmelkern durchgesetzt. So können deutlich mehr Melkplätze auf der Plattform angeordnet werden als bei einem Innenmelker, allerding zu Lasten der Übersichtlichkeit und dem Verzicht auf eine manuelle Euternachkontrolle. Manuell werden nur noch die Arbeiten im Ansetzbereich ausgeführt. Die Überwachung eines störungsfreien Milchentzugs und einer korrekten Euterentleerung ist von den Anbietern mit robusten Verfahren gelöst. Auch für die Zitzennachbehandlung (Dippen) haben sich mit dem Dippen im Zitzenbecher oder mit speziellen Robotern funktionssichere Lösungen durchgesetzt, die das Dippmittel auch zuverlässig an die Zitze bringen.

 

Beim Bau neuer Melkstände ist zu beobachten, dass neben den reinen wirtschaftlichen Faktoren zunehmend auch Geld für eine komfortable Arbeitsplatzgestaltung aufgebracht wird. Das beginnt bei großzügig bemessenen, hellen, Tageslicht durchfluteten und klimatisierten Räumen, über ergonomische Fußbodengestaltung, indirekte Melkplatzbeleuchtung, lärm- und vibrationsreduzierte Installation der Melktechnik, ausgetüftelten Reinigungssystemen bis hin zur PC-gestützten Steuerung der manuellen Melkarbeit über visuelle und akustische Signale. Milchlager, Sozial- und Maschinenräume sind auf kurzen Wegen erreichbar und hygienisch sauber vom Stallbereich getrennt. Die Verkehrsflächen der Kühe zum und vom Melkstand werden trittsicher und mit automatischen bzw. mit vom Melkpersonal steuerbaren Treibehilfen und Torsteuerungen ausgestattet.

 

Neu im praktischen Einsatz sind die vollautomatischen Karussellmelkstände. Ob das AMR™ von DeLaval oder das Melkplatzmodul DairyProQ von GEA sind Alternativen für große Milchviehanlagen mit mehr als 700 Kühen. Diese Anlagen bieten etablierten Lohnarbeitsbetrieben die Möglichkeit, das Melkverfahren zu automatisieren ohne in die anderen Betriebsabläufe zwingend eingreifen zu müssen. Amortisieren werden sich die vollautomatischen Karussellmelkstände nur durch eine deutliche Steigerung der Arbeitsproduktivität.

 

Bei der Melktechnik selbst zeichnen sich vielfältige Entwicklungen zur Verbesserung eines Euter schonenden und Stress armen Milchentzuges ab. Unter dem Ziel der Erhaltung einer guten Zitzenkondition und hohen Eutergesundheit wurden Zitzengummis entwickelt, die eine Gewebebelastung durch ungünstige Vakuumverhältnisse vermeiden. Bewährt haben sich auch Melkzeuge in konventionellen Melkständen mit viertelweise gesteuerter Milchflussüberwachung und Abschaltung. Ebenso werden Innovationen zur tierindividuellen Pulsationssteuerung in die Praxis überführt, die ein noch angenehmeres Melken erwarten lassen. Der Einsatz von Mikrosensoren und Prozessrechnern ermöglicht ein hohes Maß an Überwachung und Qualitätssicherung des Melkprozesses.

 

Große Fortschritte wurden auf dem Gebiet der Onlineanalytik von Milchparametern zur Gesundheitsüberwachung der Kühe registriert. Dabei werden physikalische Messmethoden, wie z.B. die Spektroskopie eher von der Praxis angenommen als chemische Analysen.

 

Ein besonderes Augenmerk haben die Melktechnikhersteller gemeinsam mit Softwarehäusern auf eine vernetzte Verarbeitung der vielschichtigen Prozessdaten in den Herdenmanagementprogrammen gelegt. Die Komplexität dieser Programme ist deutlich gewachsen. Sie sind ein effektives Hilfsmittel für den Tierpfleger zur Unterstützung seiner einzeltierbezogenen Behandlungen und Dokumentation für ein Mehr an Produktionssicherheit. Die Nutzung moderner und ausfallsicherer Informationsverarbeitungssysteme mit aktuellen Softwarelösungen nimmt mit wachsenden Herdenstrukturen und bei zunehmender Spezialisierung mit Fremdarbeitskräften besonders in der Milchviehhaltung an Bedeutung zu. Wachsendes Interesse finden dabei auch mobile Anwendungen zur Herdenüberwachung und Online-Prozesssteuerung mit dem Smartphone. Es sollte aber genau geprüft werden, welche Funktionen und Auswertungen der vielfältigen Angebote die Produktivität der Milcherzeugung wirklich positiv beeinflussen und auch im Alltag genutzt werden.

 

Neben den Managementfaktoren, die in jedem Betrieb anders zu bewerten sind, ist ein deutlicher Fortschritt der Melk- und Kühltechnik bei der Ressourceneffizienz zu verzeichnen. Neue frequenzgesteuerte Vakuumerzeuger, Kompressoren mit Pulsweitenmodulation, Brunnenwasservorkühler, Kühlaggregate mit Wärmerückgewinnung, Stapelreinigungsautomaten oder LED-Melkplatzbeleuchtungen bringen einen messbaren Beitrag bei der Reduzierung des spezifischen Energieverbrauches auch in kleineren Milchviehbetrieben. Gleiches gilt für den spezifischen Wasserverbrauch. Von intelligenten, wassersparenden Reinigungskonzepten für Melkanlagen bis hin zu Wasserversorgungsanlagen mit Speicherung und Mehrfachnutzung von Brauchwasser zur Anlagenreinigung werden praktikable Lösungen angeboten.

 

Eher unbemerkt sind die technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Funktionssicherheit und Wartungsfreundlichkeit der Melk- und Kühltechnik. Dies spielte für Automatische Melkverfahren schon lange eine besondere Rolle. Intelligente Diagnosetools sind heute über Internet in der Lage, sich ankündigende Funktionsstörungen schon vor dem technischen Ausfall zu erkennen und entsprechende Wartungsarbeiten planmäßig einzuleiten. Diese Tools sind gerade bei großen Melkanlagen mit hoher täglicher Auslastung sehr effizient. Die hier diskutierten Entwicklungen und Trends erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Zusammenfassend lassen sich für den Bereich der Melk- und Kühltechnik folgende Trends herausstellen:

 

  • Die Teil- und Vollautomatisierung der Melkarbeit wird bei großer Praxisresonanz vorangetrieben.
  • Arbeitsplatzgestaltung und Qualitätssicherung stehen im Fokus der Melkanlagenanbieter.
  • Entwicklungen der Pulsationssteuerung und von neuen Zitzengummis erbringen einen Beitrag zu besserer Zitzenkondition und stressarmen Milchentzug.
  • Milcherzeuger investieren in geeignete Sensortechnik zur Gesundheits- und Fruchtbarkeitsüberwachung.
  • Herdenmanagementprogramme vernetzten die verschiedensten Maschinen, Geräte, Sensoren und Akteure für eine wissensbasierte Entscheidungsunterstützung.
  • Moderne Informations- und Kommunikationstechniken erlauben die mobile Herdenüberwachung und Prozesssteuerung.
  • Die Senkung des spezifischen Energie- und Wasserverbrauches bei der Melk- und Kühltechnik ist Kennzeichen des technischen Fortschrittes.
  • Internetbasierte Diagnosetools und Wartungsfreundlichkeit unterstützen eine Funktionssicherheit.

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