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WLV und BDM streiten über Milch-Lösungen

Einig in der Einschätzung, gespalten in der Lösung: Molkereien, Politik, BDM und WLV haben gestern Abend in Reiste (Sauerland) nach Lösungen für die desolate Lage auf dem Milchmarkt gesucht. Auf einen gemeinsamen Nenner sind sie dabei nicht gekommen.

Lesezeit: 5 Minuten

Einig in der Einschätzung, gespalten in der Lösung: Molkereien, Politik, BDM und WLV haben gestern Abend in Reiste (Sauerland) nach Lösungen für die desolate Lage auf dem Milchmarkt gesucht. Auf einen gemeinsamen Nenner sind sie dabei nicht gekommen. Erfreulich ist aber, dass alle Seiten aufeinander zugegangen sind und diese Veranstaltung überhaupt möglich gemacht haben. Mit mehreren hundert Teilnehmern war das Interesse sehr groß. Eingeladen hatten der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband und der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter.

 

FrieslandCampina: Drossel-Bonus nicht für alle geeignet

 

Berthold Hungenbach von der Milchverwaltung FrieslandCampina Köln erklärte zunächst das Bonussystem, dass der niederländische Konzern zu Jahresbeginn 2016 gestartet hatte. Milcherzeuger, die ihre Milchmenge im Vergleich zum Referenzzeitraum im Dezember 2015 nicht ausdehnten, bekamen einen Bonus von 2 ct/kg. Grund für die Einführung dieses Drossel-Bonus waren die stark gestiegenen Milchmengen nach dem Ende der Quote am 31. März 2015. FrieslandCampina hat 2015 rund 600 Mio. kg mehr Milch verarbeitet als 2014. „Diese Mehr-Mengen waren aber aus keiner Mengen-Planung der Mitglieder abzusehen. Sicherlich hat die Diskussion über eine Phosphat-Quote in den Niederlanden dazu beigetragen“, sagte Hungebach.

 

Die Folge der hohen Milchanlieferungen war, dass die Molkerei einen Engpass bei den Verarbeitungskapazitäten hatte. Weil die Spotmarktpreise für überschüssige Milch um den Jahreswechsel auf unter 15 ct/kg eingebrochen waren, entschied sich der Konzern für die Einführung des Drossel-Bonus. Mit dem Ergebnis war Hungenbach zufrieden: 60 % der Mitglieder hätten mitgemacht, die Milchanlieferung sei um rund 35 Mio. kg geringer ausgefallen. Aber er sagte auch deutlich: „Es war sehr teuer: Mit insgesamt 13,5 Mio. € hat uns jedes nicht gelieferte kg Milch rund 40 Cent gekostet. Das System ist deshalb nur für einzelne Molkereien bei Kapazitätsengpassen geeignet, aber nicht um die Menge eines gesamten Marktes zu steuern.“

 

Ministerium: Brauchen eine Mengen-Steuerung

 

Peter Hettlich, Abteilungsleiter Landwirtschaft im Landwirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen, machte gleich zu Beginn seines Statements deutlich: „Mit Blick auf den Schweinemarkt zeigt sich, dass der Weltmarkt auch für Milch keine Rettung sein wird!“ Er fordert deshalb eine Mengenbegrenzung, nur diese habe einen Preiseffekt. Hettlich verwies auf das „Sofortprogramm Milch“ der sieben grünen Agrarminister. Dieses sieht Bonuszahlungen von 2 ct/kg von der Molkerei und 2 ct/kg vom Staat vor für Milcherzeuger, die ihre Produktion nicht ausdehnen.

 

Der Beamte nahm aber auch die Milcherzeuger in die Pflicht: „Bei den Produktionskosten gibt es Unterschiede von 10 ct/kg. Und Betriebe mit hohen Kosten haben sich seit Jahren kaum verbessert.“ Die Landesregierung überlege, diese Betriebe gezielt zu beraten.

 

Schaber: Brauchen ein Bonus-Malus-System

 

In einem engagierten Vortrag warb Romuald Schaber, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, für das Marktverantwortungsprogramm des BDM. Für ihn ist die Ursache der schlechten Preise klar: „Die EU hat in den letzten Jahren eklatant den Weltmarkt geflutet. Sie ist für die schlechten Weltmarktpreise verantwortlich.“ Hinzu komme die Blockadehaltung von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt und des Deutschen Bauernverbandes. Die Folgen seien gravierend: Die Einkommensverluste der EU-Milchbauern bezifferte Schaber auf über 30 Mrd. €, die Investitionen würden drastisch zurückgefahren, der psychologische Druck steige und Milcherzeuger würden sich aus dem Dorfleben zurückziehen.

 

Alle bisher diskutieren nationalen oder Molkerei-Lösungen hält Schaber für nicht zielführend oder sogar kontraproduktiv. Er fordert deshalb die sofortige Umsetzung des Marktverantwortungsprogramms. Dabei erhalten Milcherzeuger, die ihre Produktionsmenge senken, einen Bonus und Milcherzeuger, die ihre Produktionsmenge ausdehnen, müssen eine Strafe bezahlen. So lasse sich die EU-Milchmenge schnell und einfach um 2 bis 3 % senken. Die Finanzierung des System soll über die 900 Mio. € aus der letzten Superabgabe erfolgen.

 

Brüggemeier: Molkereien, Handel, Politik und Bauern in der Pflicht

 

Wilhelm Brüggemeier, Vizepräsident des WLV, ging in seiner Rede zunächst auf das Marktverantwortungsprogramm des BDM ein. Wer ehrlich zu sich selbst sei und wissenschaftliche Bewertungen lese, komme dabei zu einem anderen Ergebnis. Um die Schwachpunkte des Programms aufzuzeigen, ging er unter anderem auf die Studie von Prof. Dr. Thiele vom ife-Institut in Kiel ein. Diese habe gezeigt:

  • Die Preiswirkung einer Mengensteuerung ist äußerst gering.
  • Die Preiswirkung verpufft gänzlich in offenen Märkten.
  • Eine Regulierung schwächt die Wettbewerbsfähigkeit.
  • Die Umsetzbarkeit ist schlicht nicht gegeben.
  • Eine Regelung widerspricht der allgemein ausgerichteten Agrarpolitik.
Brüggemeier sieht die komplette Kette in der Verantwortung, um die Rahmenbedingungen bei der Milch zu verbessern:

  • Molkereien und Lebensmittelhandel müssen eine Verantwortungspartnerschaft eingehen mit dem Ziel, die Erzeugerpreise für Milch zu stabilisieren.
  • Die nationale Politik darf die Auflagen und Vorgaben nicht weiter verschärfen und muss stattdessen Unterstützung und Überbrückung der schwierigen Einkommenssituation der Bauernfamilien beschließen.
  • Die europäische Politik muss ein zweiten Hilfspaket von 2 Mrd. € zur Liquiditätsverbesserung zur Verfügung stellen, Handelsbeziehungen verbessern, Exportkredite einführen und den Interventionspreis moderat anpassen.
  • Milcherzeuger und Molkereien müssen die Liefer- und Vertragsbeziehungen kritisch prüfen und anpassen.
  • Die Marktposition der Milcherzeuger bzw. Molkereien gegenüber dem Handel muss gestärkt werden.
Diskussion: Kritik am DBV

 

In der anschließenden Diskussion hatte vor allem Wilhelm Brüggemeier einen schweren Stand. Mehrere Milcherzeuger meldeten sich zu Wort, um ihre Kritik am Bauernverband loszuwerden. Sie konnten nicht nachvollziehen, warum sich der Verband so stark gegen eine Mengensteuerung sträubt und hätten sich mehr konkrete Lösungsvorschläge für die Milchbauern gewünscht.

 

 

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