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APP-Probleme nehmen zu

Lesezeit: 6 Minuten

Die Atemwegserkrankung APP (Actinobacillus pleuropneumoniae) ist weiter verbreitet als bisher vermutet. Wie man den Herdenstatus bestimmt und wann man impfen sollte, erläutert Dr. Sylvia Baier, Schweinegesundheitsdienst der LWK Niedersachsen.


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In den letzten Jahren kann man in den nordwestdeutschen Schweinebeständen einen deutlichen Anstieg von APP-Infektionen beobachten. Dabei trifft es nicht nur die 70 kg bis 80 kg schweren Mastschweine, wie dies früher überwiegend der Fall war. Auch Sauen können erkranken. Sie leiden unter MMA-Problemen, Fieber bis 41 °C und Aborten. Besonders betroffen können Jungsauen sein. Und in Einzelfällen erkranken sogar Saugferkel.


Die infektiöse Lungenentzündung wird durch das Actinobacillus pleuro-pneumoniae verursacht. Das Bakterium kommt nur beim Schwein vor, ist dort aber hoch ansteckend. Die Übertragung erfolgt durch infizierte Tiere, Schadnager, die Lüftung oder den Menschen. Über die Luft kann der Erreger bis zu zehn Meter weit getragen werden.


Infizierte Schweine können den Erreger bis zu vier Monate lang in sich tragen. In Aerosol überlebt der Erreger bis zu zwei Tage lang, in Leitungswasser bis zu fünf Tage und in Gefrierfleisch sogar bis zu sechs Monate! Bei kalten Temperaturen im Winter ist der Keim bis zu 90 Tage überlebensfähig, im Sommer bis zu 45 Tage. Das Abtöten des Erregers durch geeignete Desinfektionsmittel erfolgt nach 15 bis 30 Minuten.


Infektion häufig unerkannt:

APP tritt in verschiedenen Verlaufsformen auf:


  • In der Mast beobachtet man meist den perakuten Verlauf, der rasant fortschreitet. Betroffene Tiere leiden unter hohem Fieber bis 42,5 °C, sie verweigern das Futter, weisen eine Maul- und Schnappatmung auf und verharren in hundesitziger Stellung. Einige erleiden Kreislaufversagen, ihre Haut färbt sich blaurot. Bei anderen tritt blut-schaumiger Nasenausfluss auf. Ein Teil der erkrankten Tiere verendet innerhalb von 24 Stunden. Es gibt aber auch Todesfälle ohne vorherige Krankheitserscheinungen.
  • Die akute Form verläuft nicht ganz so dramatisch. Das Fieber erreicht Werte von bis zu 41 °C. Auch hier ist das Allgemeinbefinden gestört und die Tiere verweigern das Futter. Sie leiden unter Atemnot und Husten. Es kann blutiger Nasenausfluss auftreten, und wenn nicht behandelt wird, verenden die Schweine nach ein bis zwei Tagen. Diejenigen, die überleben, werden zu Trägertieren, die ihre Buchtengenossen infizieren können.
  • Bei der chronischen Verlaufsform sind in der Regel keine typischen Symptome erkennbar. Erkrankte Schweine können unter schwachem Fieber oder Fieberschüben leiden. Zudem kümmern die Tiere.
  • Und bei der subklinischen Form lassen sich meist überhaupt keine Symptome beobachten.


Nachweis über Nasentupfer?

Genau hier liegt das Problem. Viele Betriebe sind APP-positiv, ohne dass klinische Symptome zu beobachten sind. Erst wenn weitere Belastungsfaktoren hinzukommen, bringen sie das berühmte Fass zum Überlaufen. Zu diesen Belastungsfaktoren gehören zum Beispiel Begleitinfektionen mit PRRS- oder Influenza-Viren, eine hohe Belegdichte, das Vermischen unterschiedlicher Altersgruppen sowie das Zurückstallen von Kümmerern. Kritisch sind auch ein schlechtes Stallklima, kein konsequentes Rein-Raus und Mängel bei der Reinigung und Desinfektion. Das gilt für die Ställe ebenso wie für Transportfahrzeuge und Verladestellen.


Derzeit sind 15 Serotypen des Erregers bekannt, von denen zwölf nachweisbar sind. Der Nachweis über Antikörper im Blut ist jedoch schwierig, da es verschiedene Testsysteme gibt und die Werte schwer vergleichbar sind. Bisher war eine sichere Diagnose daher nur über die Sektion verendeter Tiere möglich.


Um APP-unverdächtige Zuchtbetriebe besser überwachen und Infektionen ohne klinische Symptome rechtzeitig erkennen zu können, wünschen sich Landwirte und Tierärzte bereits seit Langem ein sicher funktionierendes Nachweisverfahren am lebenden Tier.


Aus diesem Grund wurden vom Schweinegesundheitsdienst Niedersachsen und dem Institut für Tiergesundheit der LUFA Nord-West von 2009 bis 2013 in Praxisbetrieben in Weser-Ems verschiedene APP-Test-systeme erprobt. Es wurden Sauen, Ferkel und Mastschweine beprobt. Ab 2012 wurden parallel zu den Antikörpertests auch PCR-Untersuchungen an Nasentupferproben durchgeführt. Insgesamt wurden 48 Betriebe untersucht, davon 30 Betriebe mit Geschlossenem System, zwölf Ferkelerzeuger, acht Ferkelerzeuger mit Teilmast und drei reine Mastbetriebe. Die durchschnittliche Bestandsgröße betrug 353 Sauen, wobei die Bandbreite von 100 bis 1 200 Sauen reichte. Im Mittel wurden von den Ferkelerzeugern 27 Ferkel pro Sau und Jahr abgesetzt.


83 % der Betriebe positiv!

Das Ergebnis der Untersuchungen war ernüchternd. 40 von 48 untersuchten Betrieben erwiesen sich als serologisch APP-positiv und nur acht als unvedächtig (s. Übersicht 1, Seite S 7). Der APP-Erreger ist also in den nordwestdeutschen Schweinebeständen weiter verbreitet als bisher vermutet. Und innerhalb des vierjährigen Untersuchungszeitraums stieg die Befallsrate weiter.


Das hat Konsequenzen für die Praxis: Ferkelerzeuger, die APP-negative Jung-sauen zukaufen, sollten diese Tiere in der Eingliederungsphase unbedingt gegen APP impfen!


Vier der acht serologisch unverdächtigen Betriebe waren auch bei der PCR-Nasentupferuntersuchung negativ, vier dagegen positiv. Mithilfe der Nasentupfer gelang es also, auch Schweine ausfindig zu machen, die zwar noch keine APP-Symptome zeigten und auch im Blut noch keine APP-Antikörper aufwiesen, die aber trotzdem mit dem Erreger infiziert waren.


Für die Statusbestimmung und Überwachung von Zuchtbetrieben ist daher eine Kombination aus serologischer Untersuchung und Nasentupfer-PCR zu empfehlen! Für die serologische Untersuchung hat sich dabei der „ID Vet APP-Screeningtest“ mit Serotypisierung (Typ 1 – 12) bewährt.


Überraschend war auch, wie viele unterschiedliche Serotypen sich in den Betrieben nachweisen ließen. In 29 der 40 APP-positiven Betriebe wurden gleichzeitig vier und mehr APP-Serotypen nachgewiesen. In vier Betrieben waren es immerhin noch drei verschiedene Serotypen gleichzeitig.


Die weiteste Verbreitung (85 %) wies die Serotyp-Kombination 3–6–8 auf (s. Übersicht 2, Seite S 7). Auf Rang zwei (83 %) rangierten die Serotypen 4–7 und auf Platz drei die Serotypen-Kombination 1–9–11. Am seltensten ließ sich der Serotyp 5 nachweisen.


Auch Sauen beproben!

Auch daraus lassen sich wichtige Erkenntnisse für die Praxis ziehen: Wenn Sauenbestände vorsorglich geimpft oder APP-negative Jungsauen vor dem Eingliedern in den Bestand vakziniert werden, sollte man einen Impfstoff einsetzen, der möglichst alle Serotypen abdeckt. In Deutschland steht dafür eine handelsübliche Vakzine zur Verfügung. Dieser Impfstoff hat in einer weiteren, vom Schweinegesundheitsdienst durchgeführten Studie, sehr gute Antikörperreaktionen gegen die verschiedenen Serotypen gezeigt.


Sehr aufschlussreich ist auch die Auswertung der Untersuchungsergebnisse nach Altersgruppen (siehe Übersicht 3). Die höchsten Nachweisraten wurden in den Blut- und Nasentupferproben der untersuchten Sauen gefunden. Um die APP-Unverdächtigkeit eines Zuchtbetriebes zu belegen, reicht es also nicht, nur die Flatdeckferkel zu beproben. Die Sauen müssen unbedingt in die Untersuchung einbezogen werden!

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