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Bernds leckere Backschweine

Lesezeit: 6 Minuten

Feines Fleisch mit knackiger Kruste: So lieben die Berliner das Backschwein von Bernd Schulz. Doch der pfiffige Landwirt hat noch mehr Ideen, wie er seine Freiland-Schweine an den Mann bringt.


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Ganz unspektakulär steht der gelbe Ofen am Eingang zur Tenne. Wäre da nicht die Malerei mit dem Schriftzug „Leckeres Backschwein“ und der silbern glänzende Schlot, man würde ungeachtet daran vorbeigehen. Dabei handelt es sich hier um das Herzstück des Vierseit­hofes im brandenburgischen Gömnigk.


Im Ofen, gemauert aus russischen Schamottsteinen, schmort ein Backschwein. Sechs bis sieben Stunden dauert es, bis seine Kruste schön kross und das Fleisch saftig zart sind. Dann serviert es Bernd Schulz seinen Gästen in der Backschwein-Tenne.


Schweine ganzjährig draußen:

Das Backschwein stammt aus seiner eigenen Zucht und Mast. Der 58-jährige Agrar­ingenieur betreibt eine Freiland­-Sauenhaltung mit aktuell 33 Sauen und bewirtschaftet 35 ha nach Biopark-­Richtlinien. Auf jeweils einem Drittel der Fläche baut er rotierend Winter­getreide und Kleegras an bzw. hält seine Schweine. Wie Freilandhaltung funktioniert, lernte Bernd Schulz Mitte der 90er-Jahre während eines sechsmonatigen Aufenthalts in England. Zuvor war er Tierzuchtleiter in einer 2 000er-­Sauenzuchtanlage gewesen.


Seine Sauen setzen im Schnitt 18 Ferkel pro Jahr ab – bei 40 Tagen Säugezeit. Fast alle Ferkel mästet Schulz selbst. Die männlichen Tiere landen nach dem Schlachten mit 30 bis 50 kg überwiegend im Backschwein-­Ofen, dem wichtigsten Vermarktungsweg für die Schweine von Bernd Schulz. Die Schlachtung, die in der Regel mittwochs erfolgt, übernimmt ein Metzger ein paar Dörfer weiter. Dann lagert Bernd Schulz die Hälften in seinem hofeigenen Kühlraum.


Sieben bis zehn Backschweine vermarktet der Landwirt aktuell pro Woche. „Der Ofen wird derzeit nicht kalt“, betont Bernd Schulz erfreut. Er denkt deshalb bereits über den Bau eines zweiten Ofens nach.


An jedem dritten Donnerstag im Monat sowie an einigen weiteren besonderen Tagen richtet Schulz einen Backschwein-Abend auf seinem Betrieb aus. Als Gastraum dienen die Tenne und eine Terrasse, deren Umbau das brandenburgische Ministerium 2011 mit 23 300 € aus EU- und Landesmitteln förderte. Dazu gehören auch eine gewerblich genutzte Küche mit Kühlraum sowie Gästetoiletten.


13 € zahlen die Gäste für eine Portion Backschwein mit Sauerkraut und Kartoffelsalat. Viele kommen aus der Region oder aus dem rund eine Autostunde entfernten Potsdam und Berlin. Aber auch weitgereiste Gäste aus dem Ausland haben bereits den Weg nach Gömnigk gefunden, z. B. aus Russland oder Japan.


Backschwein in Berlin:

Zusätzlich zur Bewirtung auf seiner Tenne vermarktet Bernd Schulz seine Schweine auch auf diversen Festen und über seinen mobilen Backschwein-Service. Zu Betriebsfeiern oder für private Anlässe liefert er seine Spezialität aus. Über Mund-zu-­Mund-Propaganda hat er besonders in Potsdam und Berlin viele Kunden gewonnen. Darunter sind auch sehr zahlungskräftige Kunden aus der Berliner High Society. Je nach Größe des Schweins und der Zeit für die Bewirtung berechnet Bernd Schulz 300 bis 1 000 € je Backschwein.


Seit etwa zweieinhalb Jahren schneidet Schulz sein Backschwein jeden zweiten Donnerstag auch beim sogenannten Street Food Thursday (Straßen Essen Donnerstag) in der Markthalle Neun auf. In der angesagten Location in Berlin-Kreuzberg kaufen sowohl Berliner als auch Touristen Lebensmittel ein.


Anfangs war er eher widerwillig dabei, inzwischen ist Bernd Schulz jedoch begeistert – und er profitiert davon, dass seine Bekanntheit weiter wächst. „Aber ohne den Marktschreier in mir würde das nicht funktionieren“, offenbart der Backschwein-Bäcker. Fehlen er und seine Sprüche wie „Bier und Schwein – das muss sein“, komme sein Mitarbeiter in der Regel mit einem halben Schwein wieder zurück, so Bernd Schulz. Dann würden statt rund 100 nur 50 Backschwein-Portionen verkauft. Das macht sich in der Kasse bemerkbar.


Die Gäste unterhalten:

Überhaupt ist das Unikat Bernd Schulz mit Schnurrbart und australischem Scippis-Lederhut untrennbar mit dem Erfolg der Backschwein-Vermarktung verbunden. Es sind erst seine Sprüche und Geschichten, die die Backschwein-Feste zu einem einmaligen Erlebnis für viele Städter machen. Und Geschichten hat Bernd Schulz, der schon viel gereist und zwei Jahre in Russland gelebt hat, viele zu erzählen. Hinzu kommt, dass er wohl schon immer ein extrovertierter Typ war. Bereits zu DDR-Zeiten sammelte er beim Fasching, Turniertanz und Zehnkampf Erfahrungen als Allein-Unterhalter. Heute sprechen deshalb nicht wenige von der „Marke Bernd Schulz“.


Er selbst drückt es etwas nüchterner aus: „Jeder braucht ein Alleinstellungsmerkmal.“ Und man müsse immer wieder mal was Neues erfinden, um im Gespräch zu bleiben. Getreu diesem Motto kreierte Bernd Schulz sein „Backschwein-Bier“, den Schnaps „Backschwein-Schluck“ und seit Kurzem das „Champagnerroggenbier“ aus eigens angebautem Champagnerroggen, einer alten Roggensorte aus der französischen Champagne.


Auch seine Vermarktungsaktivitäten hat Bernd Schulz über das Backschwein hinaus weiter ausgebaut. 2011 war er der erste Lieferant des neu gegründeten Online-Portals www.meinekleinefarm.org. Über den Online-Shop wird die sogenannte „Wurst mit Gesicht“ vermarktet. Das heißt, dass auf jeder Wurstdose ein Foto des dafür geschlachteten Schweins prangt. Teilweise können die Kunden sogar mitbestimmen, welches Schwein geschlachtet wird.


Als das Projekt startete, sponn sich schnell ein riesiger Hype darum. Von Bild-Zeitung bis Zeit Online berichteten alle allgemeinen Medien darüber. „Von der Berichterstattung profitiere ich noch heute“, bemerkt Bernd Schulz, der derzeit etwa ein Schwein pro Woche an „meinekleinefarm“ vermarktet. Die Wurst, eigenes Frischfleisch auf Bestellung sowie weitere Produkte von Direktvermarktern, die für die Marke „Echt Fläming“ produzieren, verkauft er übrigens auch in seinem Hofladen. Dieser hat freitags und samstags geöffnet.


Beim Schlachten dabei sein:

Anfang 2015 stieg er zudem zusammen mit einem befreundeten Fleischermeister in das Erlebnisschlachten ein. Sechs bis zehn Leute können beim Schlachten ihres Schweins dabei sein und es unter Anleitung des Fleischermeisters einen Tag lang zu Wurst- und Fleischwaren verarbeiten. Das 160 bis 180 kg schwere Schwein stellt Bernd Schulz für 500 € zur Verfügung. Bislang fanden etwa 20 solcher Erlebnis-­Schlachttage statt. Zehn weitere sind für den Herbst bereits vorbestellt.


Auch mithilfe des „Gömnigker Sauen­briefes“ bringt Bernd Schulz seine Produkte an den Mann. Dabei handelt es sich um ein Darlehen in Höhe von 1 500 €, das Interessierte Bernd Schulz gewähren können. Die jährlichen Zinsen in Höhe von 8 % zahlt der Landwirt dann über fünf Jahre in Naturalien aus. Die Rückzahlung der reinen Darlehenssumme erfolgt wahlweise jedes Jahr in Teilen oder am Ende des fünften Jahres als Gesamtsumme.


Seit Kurzem berät Bernd Schulz auch Städter, die aus ihrem ehemaligen Beruf ausgestiegen sind und nun Landwirtschaft betreiben sowie Schweine halten wollen. „Ich lerne sie an und verkaufe ihnen Schweine, damit sie sich eine eigene Herde aufbauen können“, erklärt der Landwirt.


Bei so vielen Aktivitäten braucht es ein gutes Team, um den Überblick nicht zu verlieren. Bernd Schulz kann hier auf seine Familie zählen. Unter anderem unterstützen ihn seine Tochter und seine Schwester bei der Abwicklung der Bestellungen, der Gästebewirtung etc.


Und woher nimmt der Landwirt seine ganzen Ideen? „Die besten Einfälle habe ich immer, wenn ich Sauen umsetze oder Schweine treibe“, erzählt Bernd Schulz lachend. Regina Kremling

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