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Chinas Veredlern fehlen die Gülleflächen

Lesezeit: 8 Minuten

In China überwiegen Offenställe mit viel Handarbeit. Sorge bereitet den Behörden die Konzentration der Veredlung. Bernhard Feller von der LWK Nordrhein-Westfalen hat sich vor Ort umgesehen.


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China ist ein Land der Superlative. Mit rund 1,3 Mrd. Menschen ist die Nation nicht nur das bevölkerungsreichste Land der Erde. Dort werden mit Abstand auch die meisten Schweine gehalten. Der chinesische Bestand belief sich in 2007 auf über 500 Mio. Tiere (Übersicht 1). Damit stehen mehr als die Hälfte aller auf dem Globus gehaltenen Schweine in dem asiatischen Boom-Land.


Auch wenn der Schweinebestand in China gewaltig ist, die Bestandsgrößen enttäuschen. Der größte Anteil der Schweine steht in Kleinstbeständen mit ein oder zwei Tieren! Damit ist klar, dass die chinesische Schweinehaltung in erster Linie der Eigenversorgung dient. Die Haltung erfolgt meist in Hinterhöfen.


Neben der Haltung in Kleinstbeständen spielen genossenschaftlich organisierte Farmen mit bis zu 1 000 Sauen eine Rolle (vergleiche Übersicht 2). Einige wenige Farmen halten sogar mehr als 5 000 Sauen. Betriebe dieser Größenordnung sollen für die Fleischversorgung der Bevölkerung in den Städten sorgen.


Trotz des enorm hohen Schweinebestandes ist die Ernährung der Bevölkerung noch immer eine große Herausforderung. In vielen Regionen ist keine intensive Tierproduktion möglich, da es die örtlichen Gegebenheiten nicht zulassen. Nur knapp 40 % der Landesfläche sind urbanisier­-bar. Viele Teile Chinas sind ackerbaulich nicht zu erschließen, da sie sehr bergig sind. Somit fehlt in diesen Gebieten die Futtergrundlage, um größere Schweinebestände versorgen zu können.


Gleichzeitig fehlt die nötige Infrastruktur für die Weiterverarbeitung der Schweine nach der Mast. Und auch die Straßenverhältnisse sind in vielen Regionen katastrophal. Tiertransporte sind äußerst schwierig.


Provinz Sichuan: Hochburg der Schweinehaltung


Etwas günstiger ist die Situation in der Provinz Sichuan mit der Hauptstadt Chengdu. Die zentralchinesische Provinz hat eine Größe von 485 000 km2 und ist damit rund 100 000 km2 größer als die Bundesrepublik Deutschland. Allein hier leben 88 Mio. Menschen – also mehr als in ganz Deutschland.


Sichuan liegt im so genannten Roten Becken, ist trotz einiger großer Städte überwiegend landwirtschaftlich geprägt und der Hauptproduktionsstandort für Getreide, Schweine und Nutzöle.


Vor allem die Tierhaltung hat sich dort sehr schnell entwickelt. Sie macht heute mit 55 % mehr als die Hälfte des landwirtschaftlichen Produktionswertes der ganzen Provinz aus. Die Jahresproduk-tion von Schweinen in der Provinz Sichuan betrug im Jahr 1996 rund 60 Mio. Schweine. Im Jahr 2005 stieg die Produktion bereits auf gut 88 Mio. Tiere an. Zum Vergleich: In Deutschland werden aktuell 52 Mio. Schweine produziert.


Die eingesetzten Herkünfte beruhen überwiegend auf westlicher Genetik. Neben den Kreuzungstieren international tätiger Zuchtunternehmen findet man vorwiegend Landrasse- und Large-White-Sauen und Eber sowie Duroc-Eber in den Ställen.


Viel Handarbeit in den Ställen


Während die Schweinefleisch-Produktion in den letzten Jahren zugelegt hat, war die Entwicklung in Bezug auf die Produktionsbedingungen enttäuschend. Die Arbeit auf den Feldern und in den Ställen ist nach wie vor von intensiver Handarbeit geprägt. Das liegt maßgeblich daran, dass preiswerte Arbeitskräfte in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Der Monatslohn eines Mitarbeiters liegt bei umgerechnet 150 €.


Trotz der nur sehr langsamen Modernisierungsmaßnahmen im Bereich des Stallbaus erkennt man hier und dort doch Fortschritte. So stehen im Deckbereich mittlerweile viele Sauen auf teilperforierten Böden mit darunterliegenden Güllekanälen. Ziel ist es, die hygienischen Bedingungen bei der Belegung zu optimieren.


Im Wartestall findet man vorwiegend planbefestigte, einstreulose Festflächen. Diese werden mehrmals täglich mit dem Besen von Hand gesäubert. Die einstreulose Haltung in diesem Stallbereich dominiert, weil in vielen chinesischen Regionen der Reisanbau eine wichtige Rolle spielt. Dadurch ist das maschinelle Ausbringen von Gülle und Mist extrem schwierig bzw. unmöglich.


Stattdessen wird der Kot gesammelt und per Schubkarre aus dem Stall zu Sammelplätzen transportiert. Dort wird er von umliegenden Gemüsebauern abgeholt und zum Düngen der Felder verwendet. Auch zur Zucht von Fliegenlarven und Regenwürmern wird der Schweinekot eingesetzt. Die Fliegenlarven dienen unter anderem der Eiweißversorgung von Hühnern.


Harn und Restwasser werden in vielen Betrieben gesammelt und einer Biogasanlage zugeleitet. Das entstehende Biogas stellt man den umliegenden Betrieben zur Verfügung und nutzt es als Brenngas zum Kochen und zur Erzeugung von Licht. Der Gärrest wird in offenen Gruben gesammelt und zur Düngung der Wälder aus schnellwachsenden Hölzern oder auch im Gemüsebau verwendet.


Westlicher Standard im Abferkelstall


Die Abferkelställe unterscheiden sich kaum vom europäischen Standard. Ferkelschutzkörbe und Kunststoffböden beherrschen das Bild in den moderneren Anlagen. In jeder Abferkelbox steht ein geschlossenes Ferkelnest für die Saugferkel. Deutliche Unterschiede hingegen im Güllebereich: Die Abferkelboxen sind in der Regel aufgeständert. Kot und Harn werden von den Mitarbeitern mit Wasser aus dem Stall gespült.


Das gleiche Bild im Ferkelaufzuchtbereich. Auch hier stehen die Schweine etwa 50 cm über einer planbefestigten Bodenplatte, die Tiere selbst werden auf Kunststoffböden aufgezogen. Zum Teil werden Liegekisten eingesetzt, um den Tieren einen ausreichend warmen Ruheplatz anbieten zu können.


Die Mastschweine hält man auf planbefestigten Böden. Die Flächen werden wie im Wartestall für die Sauen mehrmals täglich mit dem Besen gesäubert. Auch hier wird der nährstoffhaltige Kot mit Schubkarren aus dem Stall transportiert.


Die Fütterung erfolgt in allen Stallbereichen per Hand. Aus dem Trog herausgewühltes Futter wird zusammengefegt und den Schweinen erneut vorgelegt. Automatische Fütterungssysteme gibt es kaum, da für diese Arbeiten ausreichend preiswerte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.


Überwiegend offene Ställe


Weil die Temperatur in der Provinz Sichuan nur wenige Tage im Jahr unter den Gefrierpunkt sackt, sind die meisten Ställe offen gestaltet. Die Wände bestehen aus einfachem Klinkermauerwerk mit einfachverglasten Fenstern. Zum Teil findet man aber auch Ställe ohne Fenster. In diesem Fall sind die Wände nur im unteren Stallbereich geschlossen. Wasserleitungen werden generell an den Außenwänden montiert.


In moderneren, meist von Privatleuten betriebenen Anlagen, sind die Ställe alle nach dem gleichen Schema aufgebaut: Jedes Gebäude ist 16 m breit und 50 m lang. Die Wände sind außen gefliest, was bei einem Preis von 4 € je m2 inklusive Arbeitslohn nicht verwunderlich ist. Die Dächer bestehen aus Stahlfachwerkbindern mit Blecheindeckung. Blech ist bei den schwierigen Straßenverhältnissen leichter zu transportieren als Dachziegel.


Furcht vor steigenden Umweltproblemen


Da in vielen Regionen keine intensive Schweinefleischproduktion möglich ist, konzentriert sich die Schweinefleischerzeugung auf wenige Intensivgebiete mit hoher Bestandsdichte. Die Provinz Sichuan ist dafür ein gutes Beispiel.


Ähnlich wie in Deutschland und anderen westlichen Ländern diskutiert man auf Behördenebene deshalb immer häufiger über die Umweltauswirkungen, die aus der starken Konzentration resultieren.


Die Umweltproblematik ergibt sich vor allem dadurch, dass die traditionellen organischen Dünger mehr und mehr durch chemische Düngemittel ersetzt werden. Mist aus der Intensiv-Tierhaltung wird immer seltener auf den Feldern eingesetzt, da die Ausbringung ungleich aufwendiger ist. Mehr und mehr stellt sich also die Frage, wohin mit dem Kot und Harn aus der Schweinehaltung?


Doch nicht nur die Kot-, Harn- und Abwasserproblematik wird bei den Behörden zu einem Thema, sondern auch die Luftverschmutzung. Die Lösung wird in einer Beschränkung des Haltungsumfanges, dem Aufbau von dezentralen Tierhaltungsanlagen und in der Errichtung von standardisierten Haltungsverfahren gesucht. Dazu gehört auch das Thema Abluftwäscher, das inzwischen auch in China aktuell ist.


Die Beschränkung des Haltungsumfanges sieht unter anderem ein Verbot der Tierhaltung in bestimmten Zonen vor. So ist es zum Beispiel untersagt, in Städten oder in unmittelbarer Stadtnähe Nutztiere zu halten. Neben diesen Verbotszonen gibt es beschränkte und zugelassene Zonen. In den beschränkten Zonen darf die Schweinehaltung weiter betrieben, aber nicht ausgebaut werden. Die Einrichtung dieser Zonen erinnert stark an die holländische Vorgehensweise, bei der schweinefreie Zonen geschaffen werden sollen.


Schließlich denkt man verstärkt darüber nach, die Tierhaltung an den Ackerbau zu koppeln. Doch das ist leichter gesagt als getan. In vielen Regionen Chinas fehlen geeignete Flächen für die Subs-trat- bzw. Gülleausbringung. Oft findet man bergige Gegenden oder riesige Reisanbauflächen. In beiden Fällen lässt sich Gülle vor Ort nicht ausbringen, so dass sie über viele hundert Kilometer transportiert werden muss. Wie dieses Problem zu lösen ist, darüber zerbrechen sich die chinesischen Behörden derzeit verstärkt den Kopf.


Fazit


Chinas Schweinehaltung befindet sich immer noch im Aufbau. Kleinstbestände mit ein bis zwei Tieren bestimmen das Bild. Größere, intensiv geführte Betriebe gibt es zwar, allerdings nur wenige.


Ein Problem der chinesischen Schweinehaltung besteht darin, dass in vielen Regionen keine Fleischproduktion möglich ist, weil aufgrund der geografischen Lage kein Mais- oder Getreide-anbau möglich ist. Somit fehlt den Betrieben die Futtergrundlage. Hinzu kommt, dass die teils katastrophalen Straßenverhältnisse längere Futtertransporte unmöglich machen.


Die Veredelung konzentriert sich daher auf wenige Intensivregionen. Die damit verbundenen Umweltprobleme bereiten der Regierung zunehmend Sorge. Derzeit sucht man bei ausländischen Organisationen Lösungen, um die Problematik in den Griff zu bekommen.-ar-

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