Nach Tönnies und Westfleisch straft nun auch die Vion Eber finanziell ab. Warum?
Schweer: Seit dem Tag, als unsere Mitwettbewerber deutlich geringere Preise für Eber zahlten, lieferten die Landwirte ihre Tiere verstärkt zur Vion. Wir mussten plötzlich nicht mehr nur die Eber unserer bisherigen Lieferanten abnehmen und bezahlen, sondern sollten auch die übrigen Tiere des Marktes aufnehmen. Uns blieb also gar nichts anderes übrig, als unsere Preise anzupassen – auch wenn wir das zunächst anders geplant und angekündigt hatten.
Warum lehnen Sie die zusätzlichen Anlieferungen nicht einfach ab und garantieren Ihren Stammlieferanten weiter stabile Preise?
Schweer: Das ist schwierig, weil Eber und Sauen in der Regel ohne Verträge frei gehandelt werden. Und der Mehraufwand für unterschiedliche Abrechnungen wäre für uns viel zu hoch.
Sie kaufen die Eber jetzt günstiger ein: Geben Sie das im Verkauf weiter?
Schweer: Bei Vion wird Eberfleisch generell nicht günstiger gehandelt als das von Kastraten. Dafür gibt es keinen Grund.
Wie viel Prozent der männlichen Schweine werden Ihrer Meinung nach ab 2019 in Deutschland als intakte Eber angeliefert?
Schweer: In einem Bericht des DBV von 2016 über die Folgenabschätzung der Alternativen zur betäubungslosen Kastration wird der Anteil der Eber an der Gesamtzahl der in Deutschland geschlachteten Schweine für 2019 mit ca. 16% beziffert, in einer Spannbreite von 10% in Süddeutschland und jeweils 40% in Niedersachsen und in NRW. Ich glaube mittlerweile, dass die Schätzungen zu hoch gegriffen sind. Der Jungeberanteil wird sich aus meiner Erfahrung heraus bei etwa 10% aller geschlachteten Schweine einpendeln.
Glauben Sie, dass sich in absehbarer Zeit wieder mehr Jungeber absetzen lassen?
Schweer: Eberfleisch wird in Deutschland auf Dauer nur eine Chance haben, wenn die verarbeitende Industrie das Fleisch akzeptiert. International gilt das Gleiche.
Lohnt es sich überhaupt noch, weiter zu dem Thema zu forschen, oder sollte man das Geld besser anderweitig einsetzen?
Schweer: Die Forschung muss weitergehen, denn intakte Eber bedeuten maximalen Tierschutz. Der Jung-eber wird im Gegensatz zu allen anderen Verfahren nicht operiert bzw. mit Arznei- oder Betäubungsmitteln behandelt.
Wo sehen Sie die wichtigsten Forschungsfelder?
Schweer: Das größte Potenzial hat aus meiner Sicht die gezielte Züchtung auf weniger Ebergeruch. Das Forschungsprojekt Strat-E-Ger, an dem sich Vion beteiligt, hat das gezeigt. Aber auch Verfahren zur sicheren Geruchserkennung am Schlachtband bieten große Chancen.