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Die PED „frisst“ sich durch die Bestände

Lesezeit: 6 Minuten

Beinahe täglich werden auch bei uns neue PED-Ausbrüche gemeldet. Prof. Dr. Mathias Ritzmann von der Klinik für Schweine in München beantwortet Fragen zu Symptomen, Akutbehandlung und vorbeugenden Maßnahmen.


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Die Durchfallerkrankung PED hat längst Europa erreicht. Wo wurde das Virus bereits nachgewiesen?


Ritzmann: Bis jetzt wissen wir von Ausbrüchen in Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Belgien, Spanien, Italien und der Ukraine. In Deutschland wurde das Virus inzwischen in mehr als 100 Beständen nachgewiesen. Betroffen sind nahezu alle Bundesländer. Genaue Zahlen sind allerdings nicht verfügbar, da die PED (Porcine Epidemic Diarrhoea) bis jetzt nicht meldepflichtig ist.


Handelt es sich um den gleichen Virustyp, der in den USA Millionen von Saugferkeln das Leben gekostet hat?


Ritzmann: Bei den von uns untersuchten Fällen handelt es sich um den gleichen Virustyp, der auch in den USA bei Mastschweinen nachgewiesen wurde. Das ist aber nicht die hochpathogene Saugferkel-Variante, die in Nordamerika bei Saugferkeln so verheerende Verluste verursacht hat.


Bisher sind bei uns überwiegend Mastbetriebe betroffen. Hier erkranken jedoch alle Altersgruppen vom Läufer bis zum 90 kg-Tier. In einigen Fällen ist das Virus inzwischen auch bis in die Sauenherden gelangt und hat hier bis zu 80 % der Saugferkel das Leben gekostet. Meist handelt es sich dabei um Kombibetriebe, wie das Friedrich-Löffler-Institut bestätigt.


Wie äußert sich die PED-Infektion bei uns?


Ritzmann: Läufer und Mastschweine leiden unter wässrig-breiigem Durchfall, der eine gelbe bis braune Farbe aufweist. Zum Teil erbrechen die Tiere auch, aber nicht alle. Die Erkrankung durchläuft den Bestand sehr schnell, oftmals reichen zwei Tage. Die Erkrankungsrate beträgt bis zu 100 %, die Sterblichkeit ist aber gering – zumindest in der Mast. Nach ein bis zwei Wochen ist der Spuk in der Regel vorbei – gerade in Betrieben, die ihre Abteile im Rein-Raus belegen.


Gelangt das Virus in den Sauenbereich, leiden auch die Saugferkel und mitunter sogar die Sauen unter wässrigem Durchfall und Erbrechen. Die Saugferkel-Sterblichkeit kann bis zu 80 % betragen. Die Sauen sterben zwar nicht daran, schränken jedoch die Futteraufnahme ein oder verweigern das Futter über mehrere Tage ganz.


Deckt sich das mit den Beobachtungen in den anderen EU-Ländern?


Ritzmann: Ja. Auch in den anderen EU-Ländern wird bislang hauptsächlich dieses mildere Durchfallgeschehen bei Mastschweinen beobachtet. Die einzigen Hinweise auf den hochpathogenen Virustyp kommen bislang aus der Ukraine. Hier wurde bereits im letzten Sommer von massiven Durchfällen und einer hohen Sterblichkeit bei Saugferkeln berichtet. Und die Laboranalyse hat gezeigt, dass es sich tatsächlich um die hochpathogene Variante handelt, die auch in den USA und Asien vorkommt.


Gibt es inzwischen wirksame Impfstoffe gegen das PED-Virus?


Ritzmann: In den USA ja, in Europa bisher nein. Nach meinem Wissen werden in Nordamerika derzeit zwei Impfstoffe eingesetzt: Eine RNA-Vakzine von Harrisvaccines und ein inaktivierter Impfstoff von Zoetis. Beide haben eine vorläufige Zulassung. Sie werden als Mutterschutzvakzine gegen die aggressive Saugferkel-Variante eingesetzt. Die Impfstoffe scheinen aber teilweise auch gegen die mildere PED-Variante bei älteren Schweinen zu wirken.


Kommt das PED-Geschehen in Nordamerika allmählich zur Ruhe?


Ritzmann: Inzwischen wurden in 33 US-Bundesstaaten PED-Ausbrüche registriert, die meisten davon im Winter bis Frühjahr 2014. Am stärksten betroffen sind Iowa und Minnesota. Im Sommer stabilisierte sich das Geschehen etwas. Seit November lässt sich allerdings wieder ein leichter Anstieg der Ausbrüche beobachten. Einige Betriebe erwischt es inzwischen bereits zum zweiten Mal. Deshalb wird vermutet, dass die Immunität nicht so lange anhält wie bei der TGE, eventuell nur sechs bis neun Monate.


Wie groß ist die Gefahr, dass es die aggressive Virusvariante auch bis nach Deutschland schafft?


Ritzmann: Sehr groß. Nachdem es die milde Variante, die erstmals im Januar 2014 in Ohio nachgewiesen wurde, ein halbes Jahr später auch bis zu uns geschafft hat, ist es vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis auch das hochpathogene Virus zu uns gelangt. Zudem besteht die Gefahr, dass sich der Virustyp, der bislang in Europa nachgewiesen wird, verändert und aggressiver wird.


Die größte Einschleppungsgefahr geht dabei vom Tierverkehr und den eingesetzten Transportfahrzeugen aus. In kalter Umgebung ist das Virus sehr lange überlebensfähig, bei - 20 °C bis zu sechs Monate! Und da sich die Fahrzeuge bei Frost schlechter desinfizieren lassen, kann der Erreger jederzeit über aus dem Osten zurückkehrende LKWs mitgebracht werden.


Auch eine Übertragung über Personenkontakte und Futterimporte ist denkbar, spielt nach bisherigem Wissen aber keine so große Rolle wie der Tierverkehr. Aus den USA wird zudem berichtet, dass eine Übertragung über die Luft möglich ist, angeblich bis zu 16 km weit.


Wie kann man erkrankte Tiere unterstützend behandeln?


Ritzmann: Die erkrankten Tiere haben ein extrem großes Wärmebedürfnis. Daher ist es ratsam, die Abteile in der kritischen Phase zwei bis drei Grad wärmer zu fahren. Zudem sollte man den Tieren Elektrolytlösung anbieten. Allerdings muss man bedenken, dass die Darmzotten teilweise zerstört sind, sodass die Elektrolytlösung nicht die gleiche Wirkung zeigen kann wie beispielsweise bei Colidurchfall.


Wichtig ist zudem eine gezielte Behandlung von Begleitinfektionen. Bei Saugferkeln spielen in erster Linie Coli- und Clostridieninfektionen sowie Rotaviren oder Kokzidien eine Rolle. Und bei den Mastschweinen sind es vor allem Lawsonien und Brachyspiren (Dysenterie). Deshalb sollte bei verdächtigen Durchfall­erkrankungen immer ein labordiagnostischer Abgleich erfolgen.


Welche Bekämpfungsmaßnahmen haben sich in den USA bewährt?


Ritzmann: Bevor die Impfstoffe angeboten wurden, haben die Amerikaner vor allem zwei Maßnahmen angewendet. Sie haben erstens die Ferkel der Problemwürfe bereits am 10. Lebenstag abgesetzt, um sie früh aus der Gefährdungszone zu entfernen. Zudem wurde das Hygienebewusstsein geschult, auch bei den ausländischen Hilfskräften.


Und zweitens haben die amerikanischen Farmer zwischen dem 80. und 85. Trächtigkeitstag ein bis drei Tage lang Kontaktsuppe an die Sauen verfüttert. Beides, das Absetzten vor dem 21. Lebenstag und das Verfüttern von Kontaktsuppe ist in Deutschland jedoch strikt verboten!


Besteht ein indirekter Schutz durch die TGE, die in den 80er Jahren die deutschen Betriebe durchseucht hat?


Ritzmann: Beide Erkrankungen, PED und TGE, werden durch Coronaviren ausgelöst. Nach derzeitigem Kenntnisstand gibt es jedoch so gut wie keine gegenseitige Schutzwirkung zwischen beiden Erkrankungen. Aktuelle Untersuchungen des Friedrich-Loeffler-Instituts zeigen, dass die Schutzwirkung je nach Bestand maximal 5 % beträgt.


Wie kann man den eigenen Bestand bestmöglich vor einer PED-Einschleppung schützen?


Ritzmann: Die Amerikaner empfehlen, den Tierverkehr auf ein Minimum zu beschränken und den Personenverkehr zu reduzieren. Außerdem muss die Betriebshygiene optimiert werden. Dazu gehört das Belegen im Rein-Raus-Verfahren, der Kleidungs- und Stiefelwechsel sowie das Händewaschen vorm Betreten des Stallbereichs. Ideal ist zudem, wenn auch zwischen den verschiedenen Stallbereichen eines Betriebes Kleidung und Stiefel gewechselt sowie die Hände gewaschen werden. Die Stiefel müssen nach dem Gebrauch sorgfältig gereinigt und möglichst desinfiziert werden.

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