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Erst betäuben, dann nottöten

Lesezeit: 8 Minuten

Rund um das Betäuben und Nottöten von Tieren gibt es viele Fragen. Wir fassen die wichtigsten Antworten hier für Sie zusammen.


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Das Nottöten von kranken und verletzten Tieren ist mit Abstand die unangenehmste Aufgabe für einen Tierhalter. Doch es wäre tierschutzwidrig, ein nicht länger lebensfähiges Tier bis zu seinem natürlichen Tod unter Schmerzen und Leiden „dahinsiechen“ zu lassen. Deshalb sind Tierhalter gesetzlich sogar dazu verpflichtet, diese Tiere notzutöten.


Angesichts der Berichterstattung in den Medien und der Erlasse zum Nottöten, die einige Bundesländer als Reaktion darauf auf den Weg gebracht haben, gibt es aber noch viele Fragen und Unklarheiten bei den Schweinehaltern:


  • Wann darf man Schweine nottöten?
  • Wer darf Schweine nottöten?
  • Welches Verfahren kommt für die Betäubung infrage?
  • Wann war die Betäubung erfolgreich?
  • Welche Verfahren kommen zur Tötung infrage?
  • Wann ist ein Tier tot?
  • Wohin mit dem Blut?


Wann nottöten?

Es gibt mehrere Gründe, die eine Nottötung rechtfertigen:


  • Saugferkel müssen notgetötet werden, wenn sie nicht (mehr) lebensfähig und/oder lebensschwach sind. Nicht lebensfähig sind beispielsweise neugeborene Ferkel mit einer angeborenen Anomalie wie Afterlosigkeit.


Lebensschwache Ferkel sind gekennzeichnet durch Untertemperatur, fehlenden Saugreflex und mangelnden Muskeltonus, d. h. sie bleiben nicht auf den Beinen, wenn man sie hinstellt.


  • Ein Grund zum Töten liegt auch vor, wenn ein Tier an einer schweren Krankheit leidet, die nicht geheilt werden kann. So können beispielsweise Infektionskrankheiten Schäden an Organen hervorrufen, die nicht mehr ausheilen (irreversibel). Oder chronische Erkrankungen führen zum Kümmern der Tiere.
  • Von vielen Kümmerern geht zudem eine Ansteckungsgefahr aus. Dann muss der Landwirt in seiner Verantwortung für die gesamte Herde den Kümmerer merzen, um die anderen Schweine vor einer Erkrankung zu schützen.
  • Nottöten muss man auch verletzte Tiere, die an starken, nicht behebbaren Schmerzen leiden. Solche Verletzungen entstehen z. B. durch Knochenbrüche oder Lähmungen nach Schwanz­beißen.
  • Zudem kann es gerechtfertigt sein, ein Tier notzutöten, das an einer Krankheit leidet, deren Aufwand für die Gesundung die Möglichkeiten des Betriebes bei Weitem übersteigt.


Wenn man unsicher ist, ob einer der Gründe tatsächlich zutrifft, berät man sich am besten mit dem Tierarzt.


Wer darf nottöten?

Um Schweine not­töten zu dürfen, muss man über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zur tierschutzgerechten Tötung verfügen. Dazu zählen ein ausreichendes Wissen über die gesetzlichen Vorgaben und auch die moralischen/ethischen Anforderungen sowie ausreichende körperliche Kraft und Geschicklichkeit.


Grundsätzlich hat ein Tierhalter, der den Lehrberuf Tier- oder Landwirt abgeschlossen hat, die erforderliche Sachkunde. Alternativ kann man einen Lehrgang besuchen und die Sachkunde so erwerben. Dies ist zudem ratsam, wenn man seine Kenntnisse erweitern oder festigen möchte.


Mit dem Tier sollte man vor dem Betäuben und Töten möglichst ruhig umgehen. Um es sicher betäuben zu können, schränkt man seine Bewegungsmöglichkeit ein. Größere Schweine kann eine zweite Person z. B. mit einem Brett fixieren. Des Weiteren sollte man die Bedienungsanleitungen sowie Sicher­heitshinweise der eingesetzten Betäubungs- und Tötungsverfahren be­achten.


Warum betäuben?

Der Gesetzgeber schreibt in § 4 des Tierschutzgesetzes vor, dass ein Wirbeltier nur unter Betäubung getötet werden darf. Das Betäuben dient dazu, Bewusstsein und Schmerz wirksam auszuschalten.


Je nach Alter der Schweine kann ein Landwirt unterschiedliche Betäubungs- und Tötungsverfahren anwenden. Für Ferkel bis 5 kg gibt es zwei Möglichkeiten (Übersicht 1):


  • Kopfschlag und Entbluten: Der Kopfschlag ist lediglich für Ferkel bis 5 kg erlaubt. Zunächst fixiert man mit einer Hand die Vorderbeine des Ferkels bzw. bei kleinen Ferkeln Vorder- und Hinterbeine. Mit einem Hammer oder Rundholz in der anderen Hand schlägt man dann fest und präzise auf den Kopf (Übersicht 2). Der Schlag schädigt das Gehirn, das Ferkel wird bewusstlos.


Verboten ist, das Ferkel über eine Kante zu schlagen, wie z. B. die Buchtentrennwand. Das wird damit begründet, dass es dadurch zu einem Genickbruch kommen kann. Dieser würde zwar zur Lähmung des Körpers führen, aber ohne dass das Bewusstsein ausgeschaltet ist. Es würde also eine Tötung ohne Betäubung erfolgen, und das ist nicht zulässig! Ebenfalls verboten ist, das Ferkel gegen eine Wand zu schlagen.


War die Betäubung erfolgreich (siehe Kasten), wird das Ferkel mittels Kehlschnitt entblutet. Dabei durchtrennt man von Ohr zu Ohr die arteriellen Hauptblutgefäße am Hals. Ein Bruststich ist bei Ferkeln nicht empfehlenswert.


Um das Blut aufzufangen, legt man das Ferkel beim Kehlschnitt am besten in eine Wanne. Das Blut und das tote Ferkel entsorgt man dann über die Tierkörperbeseitigungsanstalt (TBA).


  • CO2: Seit einiger Zeit sind auch CO2-­Behälter in der Erprobung, in denen die Ferkel betäubt und getötet werden können, d. h. ein Kehlschnitt ist nicht erforderlich. Diese Behältnisse müssen u. a. flüssigkeits- und gasdicht sowie mit einem Sichtfenster zur Kontrolle ausgestattet sein. Die Luft im Behälter muss mindestens zu 80 % mit CO2 gesättigt sein. Die Sättigung wird von einem Messgerät aufgezeichnet.


In dieser kohlendioxidreichen Atmo­s­phäre werden die Ferkel zunächst bewusstlos (Betäubung). Bis sie betäubt sind, unterliegen sie einer Sichtkon­trolle. Anschließend müssen sie in der 80 %igen CO2-Atmosphäre verbleiben, bis der Tod eingetreten ist – mindestens für 10 Minuten! Ist der Tod sicher festgestellt, entsorgt man sie über die TBA.


Wie große Schweine töten?

Um Ferkel über 5 kg, Läufer, Mastschweine und Sauen notzutöten, kommen zwei verschiedene Betäubungs- und drei verschiedene Tötungsverfahren infrage:


  • Bolzenschuss mit Entbluten oder Rü­-cken­markszerstörung: Je nach Größe des Schweins wird der Bolzenschussapparat mit unterschiedlich starken Kartuschen geladen. Wichtig ist, ihn immer strikt nach Gebrauchsanweisung anzuwenden. Dazu gehört u. a., ihn erst unmittelbar vor dem Aufsetzen auf den Kopf des Tieres zu laden, zu spannen und zu entsichern. Er muss nach jedem Einsatz gereinigt und nach zwei Jahren dem Hersteller zur Prüfung vorgelegt werden.


Wie man den Schussapparat aufsetzt, hängt von der Kopfform des Schweins ab. Bei einem keilförmigen Kopf zieht man in Gedanken eine Linie zwischen beiden Augenmittelpunkten (Über­s. 3). Mittig, 1 cm oberhalb dieser Linie setzt man das Gerät an und kippt es leicht nach unten ab, sodass ein 25°-Winkel zwischen Stirnsenkrechter und Schuss­apparat entsteht.


Für Schweine, die einen Kopf mit steiler Stirn haben, platziert man das Gerät mittig 2 bis 3 cm oberhalb der Linie im 90°-Winkel zur Stirn (Übersicht 4).


Der Bolzenschuss dringt in der Regel in das Großhirn ein. Das Klein- und Mittelhirn, die die Lebenszentren erhalten, werden nicht getroffen. Das ist der Grund, warum der Bolzenschuss lediglich eine Betäubung ermöglicht und keine Tötung. War die Betäubung erfolgreich, bricht das Schwein nach dem Schuss sofort zusammen und zeigt die in Übersicht 5 aufgeführten Anzeichen einer guten Betäubung.


Es wird nun per Bruststich oder Rückenmarkszerstörung getötet. Der Bruststich empfiehlt sich bei größeren Schweinen, er erfordert jedoch Übung. Wichtig ist ein scharfes, ausreichend langes und stabiles Messer. An der Drosselgrube, eine kleine Kuhle zwei bis drei Fingerbreit vor der Brustspitze, sticht man das Messer in Richtung des Schwanzes ein. Dann dreht man es leicht, wodurch die Hauptblutgefäße am Herzen durchtrennt werden, bis schwallweise Blut austritt (Übersicht 6).


Das Blut muss aufgefangen und über die TBA entsorgt werden. Landwirte und Experten kritisieren das jedoch. Denn ein Auffangen des Blutes ist sehr schwierig und zudem gefährlich für den Tierhalter, wenn das Schwein reflexartig mit den Beinen ausschlägt. Hier muss der Gesetzgeber dringend nachbessern.


Neben dem Bruststich gibt es noch den Herzstich, der bei Schweinen aber nicht empfohlen wird.


Als Alternative zum Bruststich kommt die Rückenmarkszerstörung infrage. Sie bietet sich besonders für Aufzuchtferkel und jüngere Mastschweine an. Dabei führt man einen Kunststoffstab in das Loch ein, das durch den Bolzenschuss entstanden ist, und schiebt ihn soweit wie möglich vor. Der Stab zerstört das Klein- und Mittelhirn sowie den Anfang des Rückenmarks – und damit die Lebenszentren.


  • Elektrischer Strom: Für eine Elektrobetäubung und -tötung dürfen nur zu­gelassene Geräte mit einem ausreichend starken Transformator (1,3 Ampere) zum Einsatz kommen. Wichtig sind zudem saubere und blanke Elektroden ohne Rost.


Um ein Schwein zunächst elektrisch zu betäuben, muss der Kopf durchströmt werden. Zum Anlegen der Elektroden kommen zwei Varianten infrage (Übersicht 7): Am einfachsten ist, die Elektrozange von hinten beidseitig direkt unterhalb der Ohren anzusetzen – nicht im Nacken! Wenn man die Haut zuvor etwas befeuchtet, verbessert sich die Leitfähigkeit.


Der Strom muss mindestens 8 Sekunden fließen, das heißt, dass man dem Schwein mit der Zange folgt, wenn es zusammenbricht. Die anschließende kurze Starre nutzt man zum Töten. Es kann entweder per Bruststich oder Elektrotötung erfolgen.


Um das Schwein mit elektrischem Strom zu töten, muss das Herz durchströmt werden. Zum Anlegen der Elektroden gibt es drei verschiedene Möglichkeiten (Übersicht 8), entweder beidseitig am Brustkorb in Höhe des Herzens oder auf dem Auge und der seitlichen Brustwand oder auf dem Rücken und der seitlichen Brustwand. Der Strom muss mindestens 8 bis 10 Se­kunden fließen, bis sich die Hinterbeine und der Schwanz langsam strecken.


Regina Kremling

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