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Ferkel gesund aufziehen

Lesezeit: 8 Minuten

Im Flatdeck wird der Grundstein für eine stabile Bestands-gesundheit gelegt. Wie Sie Ihre Ferkel vor Infektionen schützen, erläutert Dr. Josef Schulte-Wülwer vom Schweinegesundheitsdienst der LWK Niedersachsen.


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Das Absetzen von der Sau bedeutet für die jungen Ferkel Stress pur. Drei bis vier Wochen lang hatte jedes Tier einen eigenen Fressplatz, ganz für sich allein. Es konnte rund um die Uhr hoch verdauliche, körperwarme Milch abrufen – anfangs im Stunden-, später dann im Zwei-Stunden-Takt.


Und plötzlich ist das alles vorbei. Die Ferkel werden von ihrer Mutter getrennt und kommen in einen neuen Stall. Sie lernen andere Buchtengenossen kennen und müssen die Rangordnung neu auskämpfen. Hinzu kommt die Futterumstellung. Denn im Flatdeck erhalten viele Ferkel nur noch festes Futter. Das führt nicht nur dazu, dass sie anfangs zu wenig fressen und in ein Energiedefizit geraten. Sie nehmen auch zu wenig Wasser auf.


Stress schwächt die Immunität.

Zu allem Überfluss ist nach etwa vier Wochen auch noch die passive Immunität, die die Ferkel von ihrer Mutter mit auf den Weg bekommen haben, größtenteils abgebaut (siehe Übersicht 1). Die Tiere müssen sich von nun an mit vielen Krankheitserregern selbst aus-einandersetzen.


Doch auch hier wirkt sich der Absetzstress negativ aus. Denn er vermindert die Zellteilung der Lymphozyten und damit die Bildung schützender Antikörper. Deshalb funktioniert das eigene Immunsystem anfangs noch nicht zuverlässig. Am schlimmsten trifft es wieder einmal die rangniederen Ferkel. Nicht genug, dass sie immer wieder vom Futtertrog und von der Wasserschale verdrängt werden. Sie ziehen auch bei den Rangkämpfen meist den Kürzeren und stehen unter Dauerstress.


Um den Stress für die Ferkel zu reduzieren und den Erregeraustausch zu vermindern, wird deshalb von der Beratung empfohlen, die Ferkel wurfweise ins Flatdeck umzustallen. Das macht Sinn, gilt jedoch nicht für die kleinsten Ferkel. Denn immer mehr Sauenhalter gehen inzwischen dazu über, die leichteren Absatzferkel abzusortieren und in einem Extraabteil oder zumindest einer Extrabucht unterzubringen.


Das bietet mehrere Vorteile:


  • Schwache Ferkel bekommen weniger Biestmilch. Deshalb infizieren sie sich oftmals schon im Abferkelstall mit verschiedenen Erregern. Das Abschotten dieser „Ausscheider“ vermindert das Ansteckungsrisiko für andere Ferkel.
  • In einem separaten Abteil bzw. einer separaten Bucht können die Leichtgewichte gezielter gefüttert und intensiver betreut werden.
  • Medizinische Behandlungen können ganz gezielt auf die Bedürfnisse der kleinen Ferkel zugeschnitten werden – abgestimmt auf ihr Gewicht und ihre Futter- bzw. Wasseraufnahme. Es muss nicht gleich das ganze Abteil oder die Gruppe medikiert werden.
  • Unter ihresgleichen gedeihen die kleinen Ferkel besser als wenn sie sich immer wieder gegen ihre schwereren Wurfgeschwister behaupten müssen.


Rechtzeitig anfüttern:

Doch es sind nicht nur die Leichtgewichte, die im Flatdeck Probleme bereiten. Oftmals haben auch die gut entwickelten Saugferkel große Probleme mit der Futter- und Tränkeumstellung. In der zweiten und dritten Absetzwoche infizieren sich häufig gerade diese Tiere mit Coli-keimen oder Streptokokken.


Mögliche Erklärung: Den propperen Ferkeln stand immer reichlich Sauenmilch zur Verfügung. Sie waren im Abferkelstall nicht gezwungen, rechtzeitig Beifutter aufzunehmen. Dementsprechend länger dauert es, sie im Flatdeck an festes Futter zu gewöhnen. Sie brauchen für die Umstellung einige Tage. In dieser Phase fressen und saufen sie wenig. Haben sie sich dann aber erst einmal an das feste Futter gewöhnt, überfressen sie sich ab der zweiten Woche häufig. Und damit bieten sie Colikeimen optimale Vermehrungsbedingungen.


Hier muss man rechtzeitig über die Fütterung und das Management gegensteuern. Wichtig ist, dass die Ferkel nur hochwertiges Starterfutter bekommen, und dass man mit dem Zufüttern bereits im Abferkelstall beginnt! Füttern Sie Ihre Ferkel rationiert, bieten Sie Ihnen mehrmals am Tag kleine Portionen an! Ideal ist ein Tier/Fressplatzverhältnis von 1 : 1. Alternativ kann man anfangs auch etwas Futter in ein Anfütterungsschälchen geben.


Wichtig ist zudem, dass die Ferkel genug Wasser bekommen. Da sie anfangs noch nicht so gut mit den Tränkenippeln klarkommen, sollten Sie zu Beginn zusätzliche Tränkeschalen mit in die Bucht stellen. Die Schalen müssen aber mehrmals täglich gereinigt und neu befüllt werden.


Achten Sie außerdem darauf, dass es unmittelbar nach dem Absetzen im Flatdeck warm genug ist, am besten 28 bis 30 °C. Und belegen Sie die Buchten nicht über! Denn das würde die Ferkel zusätzlich stressen. Die wichtigsten vorbeugenden Maßnahmen sind in der Checkliste links noch einmal zusammengefasst.


Gezielt behandeln:

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen besteht immer die Gefahr, dass sich Infektionen in den sensiblen Aufzuchtbereich einschleichen. Deshalb muss beim ersten Anzeichen schnell gehandelt werden. Bei allen Bemühungen, den Antibiotikaverbrauch in der Schweinehaltung zu reduzieren, muss jederzeit sichergestellt sein, dass kranke Tiere angemessen behandelt werden! Dabei kommt es jedoch darauf an, die Tiere gezielt zu behandeln. An die Stelle von antibiotischen Guppen- oder Bestandsbehandlungen rückt die gezielte Einzeltierbehandlung. Das gelingt natürlich um so besser, wenn man die schwächsten Ferkel wie bereits beschrieben absortiert und separat aufstallt. Die „Probemfälle“ können dann einzeln per Spritze oder buchtenweise über das Futter bzw. über die Tränke antibiotisch behandelt werden. Zuvor sollte jedoch ein Resistenztest durchgeführt werden


Beispiel Coli-Durchfälle: E. coli-bedingter Durchfall setzt bei Absetzferkeln meist in den ersten zwei Wochen nach dem Absetzen ein. Die Tiere leiden unter wässrigem, grau-grün bis bräunlich gefärbtem Durchfall. Sie schränken ihre Futteraufnahme ein und wirken oft apathisch.


Schwer erkrankte Tiere werden per Injektion antibiotisch behandelt. Ist die ganze Gruppe betroffen, kann auch über das Futter oder das Tränkewasser behandelt werden. Die Auswahl des Wirkstoffes erfolgt durch den Tierarzt. Sollte das Medikament nicht ausreichend wirken, sollte parallel dazu eine Probe gezogen werden, um einen Resistenztest durchführen zu lassen.


Betriebsspezifischer Impfplan:

Bei hohem Erregerdruck empfiehlt es sich, vorbeugend zu impfen. Dadurch lässt sich eine Infektion mit dem Erreger zwar nicht verhindern. Der Erregerdruck wird jedoch auf ein ungefährliches Maß reduziert, sodass es zu keinen oder nur geringen klinischen Erscheinungen kommt.


Welcher Impfstoff wann verabreicht wird, muss für jeden Betrieb individuell festgelegt werden – je nach Erregerlage und Infektionszeitpunkt. Bei Aufzuchtferkeln stehen meistens Impfungen gegen Atemwegserkrankungen im Vordergrund. In Gebieten mit hoher Schweinedichte sind Impfungen gegen Mykoplasmen und Circoviren meistens Standard. Je nach Erregerlage kann es zudem sinnvoll sein, gegen Actinobacillus pleuropneumoniae (APP) oder gegen die Glässersche Krankheit (Hämophilus parasuis) zu impfen.


Bei Durchfallproblemen oder chronischen Minderleistungen kann bei entsprechendem Erregernachweis zudem gegen Durchfallerreger oder Darmbakterien vakziniert werden. Hier spielen vor allem Impfungen gegen die Ileitis und gegen die Ödemkrankheit eine Rolle, die nach bisherigen Erfahrungen in den betroffenen Aufzucht- und Mastställen sehr gut wirken.


Mitunter sind die Erreger im Betrieb jedoch so speziell, dass Impfstoffe „von der Stange“ keine optimale Wirkung zeigen. Das kann zum Beispiel bei APP, der Glässerschen Krankheit oder Streptokokkeninfektionen der Fall sein. Hier gibt es die Möglichkeit, stallspezifische Imfpstoffe herzustellen.


Ein bestandsspezifischer Impfstoff wirkt jedoch nur dann optimal, wenn er exakt die Erreger enthält, die im Bestand Probleme bereiten und keine zufällig gefundenen Isolate. Deshalb muss vor der Impfstoffentwicklung unbedingt eine saubere Probennahme und gründliche Diagnose erfolgen.


In jedem Fall müssen die Impfungen rechtzeitig erfolgen, damit die Ferkel zum Zeitpunkt der größten Ansteckungsgefahr zuverlässig geschützt sind. Denn zwischen Impfung und dem Erreichen einer belastbaren Immunität vergehen rund drei Wochen.


Es darf aber auch nicht zu früh geimpft werden, weil dann die vorhandenen maternalen Antikörper die Impfwirkung beeinträchtigen können. Das gilt z. B. für die PCV 2-Impfung.


In Übersicht 2 sind für die wichtigsten Atemwegserreger der Infektionszeitraum und die entsprechenden Impftermine dargestellt. Doch Achtung: Die Grafik bildet nur die Haupt-Risiken ab, d. h. den Lebensabschnitt der Schweine, in dem das Infektionsrisiko mit dem jeweiligen Erreger am größten ist. Je nach betrieblicher Situation können sich die Tiere aber auch zu einem anderen Zeitpunkt mit dem Erreger infizieren.


Gesundheitslage überwachen:

In vielen Beständen hat sich eine Bestandsimmunität ausgebildet. Die Betriebe sind zwar nicht erregerfrei, aber stabil. Zumindest die älteren Tiere halten dem Druck der Keime stand. Gefährdet sind hier jedoch Jungtiere, die noch keine ausreichende Immunität besitzen.


Erkranken diese Jungtiere, steigt zwangsläufig der Erregerdruck im gesamten Schweinebestand. Im Ex-tremfall können dann auch die bis dahin stabilen Alttiere dem Druck nicht mehr standhalten. Deshalb kommt der Ferkelgesundheit eine ganz besondere Bedeutung zu.


Um die Gesundheitslage des Bestandes einschätzen zu können, reicht es nicht, die Tiere zu beobachten und die Sauenplaner- bzw. Mastplanerdaten auszuwerten. Sinnvoll ist hier ein regelmäßiges Screening. Auf diese Weise bekommen Landwirt und Tierarzt wertvolle Hinweise auf das Infektionsgeschehen und sehen, ob die Impf- und Hygienemaßnahmen noch funktionieren oder angepasst werden müssen.


Einzeluntersuchungen bringen allerdings wenig, denn sie liefern nur eine Momentaufnahme. Führen Sie das Screening mindestens halbjährlich durch, besser noch alle drei Monate.


Aus statistischer Sicht wären 15 Proben je Stallbereich bzw. Altersgruppe sinnvoll. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass sich die Gesundheitslage auch mit zehn Proben gut checken lässt. Wichtig ist, dass zumindest die Leit-Infektionserreger, wie z. B. das PRRS-Virus, erfasst werden. Denn ihre Titer schlagen erfahrungsgemäß auch bei anderen Infektionen schnell aus. Ergeben sich Auffälligkeiten, müssen weitergehende Untersuchungen eingeleitet werden.

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