Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

Aus dem Heft

In Spanien geben die Ferkelerzeuger den Ton an

Lesezeit: 11 Minuten

Integration lautet das Schlagwort, das die spanische Schweineproduktion seit den 70er Jahren maßgeblich geprägt hat. Gemeint ist die vertragliche Bindung der Schweinehalter an bestimmte Kapitalgeber, insbesondere aus der Futtermittel- und Schlachtindustrie. Große Integratoren wie die Valls Company oder Proinserga, die zusammen pro Jahr rund 5,2 Mio. Schweine produzieren, haben gezeigt, wie es funktioniert: Das Unternehmen liefert das Futter und die Tiere. Und der Landwirt stellt gegen Pacht bzw. Lohn den Stall und seine Arbeitskraft zur Verfügung. Ferkelerzeuger treten als Integratoren auf Inzwischen ist die Bedeutung der großen Integratoren, die etwa 25 bis 30 % der spanischen Schweineproduktion unter Vertrag haben, jedoch eher rückläufig, schätzt José Antonio del Barrio, Vorsitzender des Dachverbandes spanischer Schweineproduzenten Anprogapor. Zunehmende Bedeutung gewinnen hingegen kleinere Integrationen, die als landwirtschaftliche Kapitalgesellschaften oder GmbHs firmieren. Der Dachverband Anprogapor und das Landwirtschaftsministerium schätzen ihren Anteil inzwischen auf knapp 30 %, Tendenz weiter steigend. Häufig sind es Ferkelerzeuger, die ihre Bestände in den letzten Jahren rasant aufgestockt haben und nun ihre Ferkel von Berufskollegen im Lohn mästen lassen. Zu diesen aufstrebenden Ferkelerzeugern gehört auch Cinta Mascó. Sie ist Inhaberin der Finca Boix, einer 1000er Sauenanlage in der Nähe der Stadt Lerida in Katalonien, der Schweine-Hochburg Spaniens. Die 33-jährige Unternehmerin mästet alle Ferkel selbst aus. Dazu hat sie insgesamt 10 000 Mastplätze unter Vertrag, den Großteil davon in den für Spanien typischen 1000er Einheiten. Die Mäster erhalten von Cinta Mascó derzeit pauschal 9,62 E pro schlachtreifem Mastschwein, die Hälfte davon als Stallpacht und die andere Hälfte als Lohn. Die Finca Boix, die Cinta Mascó mit finanzieller Unterstützung ihres Vaters aufgebaut hat, ist ein reines Familienunternehmen. Die Ställe, das Güllelager und das Sozialgebäude mit Duschen, Büro und Aufenthaltsraum wurden vor zweieinhalb Jahren komplett neu erstellt. Von der Antragstellung bis zum Erteilen der Baugenehmigung hat es jedoch über zwei Jahre gedauert, beklagt Cinta Mascó die zunehmenden Auflagen beim Stallbau. Denn seitdem sich das Landwirtschaftsministerium, die drei Bauernverbände und der Dachverband der Schweinehalter Anprogapor vor drei Jahren auf das so genannte Real Decreto geeinigt haben, gelten verschärfte Bau- und Umweltauflagen (siehe Kasten im Basisteil, Seite 32). Im neuen Gesetz sind für alle Neubauten die maximale Bestandsgröße, die Mindestabstände zu anderen Schweinehaltungen und Umweltauflagen wie die Flächenbindung definiert. Zunehmende Umweltprobleme in den Konzentrationsgebieten hatten dies erforderlich gemacht. Bei Betrieben, die im geschlossenen System arbeiten, darf die Bestandsgröße 1000 Sauen nicht überschreiten. Und der Mindestabstand vom geplanten Neubau zu vorhandenen Stallungen muss mindestens 1 km betragen. Dieser Sicherheitsabstand lässt sich in unserer schweinedichten Region jedoch nicht immer realisieren. Deshalb sind einige Investoren bereits in die Nachbarregion Aragón abgewandert, schildert die junge Unternehmerin die angespannte Situation in Katalonien. Cinta Mascó betreut die 1000 Sauen inklusive der in Spanien gängigen Ferkelaufzucht bis 18 kg, gemeinsam mit fünf Mitarbeitern. Wobei es auch in Spanien immer schwieriger wird, motivierte und qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Die einheimischen Arbeitskräfte lehnen die Wochenendarbeit ab. Deshalb setzen die meisten Betriebe marokkanische oder rumänische Hilfskräfte ein, berichtet Cinta Mascó. In der Regel erhalten die Mitarbeiter einen Festlohn ohne Erfolgsbeteiligung. Ein Facharbeiter verdient jährlich brutto etwa 30 000 E und eine Hilfskraft rund 15 000 E. Auf Wunsch des Schlachthofes wird auf der Finca Boix mit spanischen Hybridsauen (Landrasse x Duroc) gearbeitet, die mit dem Sperma von belgischen Landrasse-Ebern belegt werden. Der höhere intramuskuläre Fettanteil der Durocs ist optimal für die Schinkenproduktion, begründet die junge Unternehmerin die Wahl des Tiermaterials. Monatlich werden 40 bis 45 Jungsauen zur Finca geliefert. Das entspricht einer Remontierungsquote von etwa 48%. Nach ihrer Ankunft durchlaufen die Jungsauen zunächst eine sechswöchige Quarantäne in einem Gebäude, das 200 Meter vom Sauenstall entfernt an der äußersten Grenze des Betriebes liegt. Hier werden sie vom Tierarzt gegen Aujeszky, Mykoplasmen und PRRS geimpft. Luftkühlung für heiße Sommertage Nach 40 bis 50 Tagen kommen sie dann in das Deckzentrum, einem Einraum- Vollspaltenstall mit 350 Kastenständen und einer für Spanien typischen frei tragenden Konstruktion aus Betonbindern. Die Bauweise und Inneneinrichtung sind einfach und funktionell. Die Wände bestehen aus einem einschaligen, 18 cm dicken Mauerwerk aus Gasbetonsteinen. Der 60 cm tiefe Güllekeller ist aus Ortbeton gegossen, der in Spanien sehr preiswert ist. Das im 30 °-Winkel geneigte Dach ist mit Eternitplatten eingedeckt, die von unten mit Dämmplatten isoliert sind. Und die Kastenstände sind aus unbehandeltem, 14 bzw. 20 mm dickem Rundeisen gefertigt. Vergleichsweise aufwändig ist nur das Lüftungssystem. Und das aus gutem Grund. Denn die Spannbreite der Temperaturen ist wesentlich größer als in Deutschland. Im Sommer klettert das Außenthermometer teilweise bis über 40 °C. Und im Winter erreichen wir an kalten Tagen bis zu -10 °C, schildert Cinta Mascó die klimatischen Bedingungen. Deshalb ist der Deckstall mit einer Luftkühlung ausgestattet, die die Temperatur an heißen Tagen um bis zu 15 °C herunterkühlt. Gelüftet wird über eine Trauf-First- Lüftung. Vom Lüftungscomputer gesteuerte Vorhänge regeln den Lufteinlass an der Traufe. An heißen Tagen bleiben die Vorhänge jedoch fast geschlossen und die Frischluft wird mit Hilfe von Ventilatoren durch außen am Stall montierte Cooling-Pads in den Stall gesogen. Die Kühlflächen bestehen aus einem wabenförmigen Gewebe, über das kontinuierlich Wasser verrieselt wird. Aufgrund der großen Oberfläche ergibt sich eine starke Verdunstung und damit ein intensiver Kühleffekt. Auf der Finca Boix wird ausschließlich künstlich besamt. Die vier Eber dienen nur zur Stimulation und zum Aufspüren der Umrauscher. Die wöchentlich in 50er Gruppen abgesetzten Altsauen und die neu einzugliedernden Jungsauen werden zweimal im Abstand von 12 Stunden besamt. Das Sperma liefert eine nahe gelegene Besamungsstation. Am 23. bis 24. Tag nach dem Belegen erfolgt die Trächtigkeitsuntersuchung mit einem Scanner. Die tragenden Sauen kommen dann in den angrenzenden Wartestall mit 450 Kastenständen. Bauweise und Aufstallung sind mit dem Deckstall identisch. Nur auf die Cooling- Pads wurde verzichtet. Bei Bedarf sorgen computergesteuerte Sprühdüsen für Abkühlung. Warmwasser-beheizte Abferkelnester Knapp eine Woche vor dem Abferkeltermin werden die Sauen gewaschen, gegen Endo- und Ektoparasiten behandelt und in eines der zehn Abferkelabteile mit jeweils 20 Plätzen umgestallt. Die Sauen stehen hier auf verzinkten Dreikantrosten. Der Ferkelbereich ist mit Kunststoff ummantelten Gussrosten ausgelegt. Die Ferkelnester werden mit Warmwasser beheizt, das von einer Gastherme erzeugt wird. Auch im Abferkelbereich wird besonderer Wert auf das Stallklima gelegt. Im Gegensatz zu den übrigen Stallungen sind die Wände hier aus 20 cm dicken Gasbetonsteinen gemauert. Die Frischluft gelangt auf der Schattenseite des Stalles in den Zentralgang, wird hier durch wassergekühlte Cool-Pads heruntergekühlt und dann über Zuluftklappen in Deckenhöhe in die Abteile geleitet. Je ein Ventilator auf der gegenüberliegenden Abteilseite transportiert die Abluft aus dem Stall. Die Sauen ferkeln in der Regel mittwochs und donnerstags ab. Es erfolgt keine Geburtseinleitung. Die Geburten werden tagsüber jedoch intensiv überwacht. An den Abferkeltagen bleibt außerdem Tag und Nacht das Licht angeschaltet. Am ersten bzw. zweiten Lebenstag werden Schwänze und Zähne gekniffen und Eisen injiziert. Am zweiten Tag erfolgt ein Wurfausgleich. Im Gegensatz zu Deutschland wird in Spanien jedoch kaum kastriert, statistisch gesehen nur jedes fünfte männliche Ferkel. Die Ferkelerzeuger haben sich in der Vergangenheit immer wieder erfolgreich gegen diese Mehrarbeit gewehrt. Der ein oder andere Abnehmer besteht jedoch auf einer Kastration, z. B. dann, wenn das Fleisch zur Wurstherstellung verwendet werden soll. Denn dafür ist ein höherer Fettanteil willkommen. Für die Frischfleischproduktion ist hingegen die Ebermast gang und gäbe, erläutert Cinta Mascó. Nach dreiwöchiger Säugezeit werden die Ferkel abgesetzt und in eines der 15 Aufzuchtabteile mit je 200 Plätzen umgestallt, wo sie bis zum Erreichen des Endgewichtes von 18 kg bleiben. Die Ferkel werden in 40 Gruppen an Trockenfutterautomaten gefüttert. Die Aufzuchtabteile sind mit Kunststoffrosten ausgelegt. In der hinteren Buchtenhälfte befindet sich ein mit Warmwasser-Heizplatten ausgelegter Liegestreifen. Eine generelle Einstallprophylaxe wird nicht vorgenommen. Bei Bedarf werden die betreffenden Gruppen über das Trinkwasser medikiert. Jedes Abteil ist dazu mit zwei unterschiedlichen Wasserkreisläufen ausgestattet: Einer blau gekennzeichneten Leitung für das normale Tränkewasser und einer rot markierten Leitung für das mit einem Antibiotikum versetzte Wasser. Ausschließlich Trockenfutter Gefüttert wird im gesamten Betrieb, wie übrigens in fast ganz Spanien, ausschließlich mit Trocken- bzw. krümeligem Futter. Die Finca bezieht das Fertigfutter von der Kooperative Artesa, bei der Cinta Mascó Mitglied ist. Neben dem Futter bietet die Kooperative auch eine tierärztliche, produktionstechnische und betriebswirtschaftliche Beratung. Die Genossenschaft zählt insgesamt 1327 Mitglieder, davon 100 Schweinehalter. Der Schwerpunkt der Kooperative liegt jedoch im Bereich Futterproduktion. Die Genossenschaft besitzt dazu drei eigene Futtermittelwerke. Die Mischungen weisen traditionell einen hohen Getreideanteil auf. Im Zentrum Spaniens kann er bis zu 60 % betragen. Je weiter man sich den Hafenstädten Barcelona und Tarragona nähert, desto stärker wird auch Tapioka in die Rationen eingemischt. Wichtigstes Futtergetreide ist die Gerste, die in Spanien auch auf den trockeneren Standorten noch akzeptable Erträge liefert. Weizen und Mais hingegen müssen bewässert werden. Das nötige Nass dazu wird über große, betonierte Bewässerungskanäle aus den Pyrenäen bis in die Ackerbauregionen geleitet. Mit 23 abgesetzten Ferkeln pro Sau und Jahr und 8% Saugferkelverlusten gehört Cinta Mascó eindeutig zu den 25 % erfolgreichsten Ferkelerzeugern in Spanien. Zwar gibt es bis heute keine landesweiten Leistungserhebungen, denn kein Unternehmen möchte den Fiskus zu tief in die eigenen Karten schauen lassen. Und keine der 17 autonomen Regionen meldet mehr als unbedingt nötig an die spanische Regierung in Madrid.Vor zehn Jahren wurde jedoch vom Landwirtschaftsministerium, dem Dachverband Anprogapor und der Uni Lerida die Schweinedatenbank BDporc ins Leben gerufen. Diese Datenbank erfasst zumindest von 572 überwiegend in Katalonien, Navarra und Aragon gelegenen Ferkelerzeugerbetrieben regelmäßig die biologischen Leistungsdaten. Die ausgewerteten Betriebe weisen eine durchschnittliche Bestandsgröße von 461 Sauen auf und setzten im Auswertungsjahr 2002 im Schnitt 19,5 Ferkel pro Sau und Jahr ab. Im Mittel ließen sich 2,4 Würfe pro Sau und Jahr realisieren. Die Umrauschquote lag bei 7,4 %, und die Saugferkelverluste betrugen in 2002 im Mittel 17,4%. Jeder Sauenplatz kostet im Schnitt nur 10 8! Bislang existiert diese Art der Datenerhebung jedoch nur für die Ferkelerzeugung und beschränkt sich hier auch nur auf die Erfassung biologischer Leistungsdaten. Für die Mast soll eine vergleichbare Datenbank erst noch aufgebaut werden allerdings auch hier ohne ökonomische Kennzahlen. Unter dem Strich interessieren die Mäster jedoch ohnehin nur die Vollkosten und die liegen zurzeit zwischen 0,95 bis 1 E je Kilogramm Lebendgewicht. Die Spanier produzieren somit gut 10 % günstiger als die deutschen Schweinehalter. An den Futterkosten, die immerhin 70 % der Produktionskosten ausmachen, kann das nicht liegen. Denn die sind in Deutschland und Spanien annähernd gleich. Unterschiede gibt es hingegen bei den Lohnkosten. Und ganz auffällig sind die geringeren Baukosten in Spanien. Denn jeder Sauenplatz kostet in Spanien je nach Bauausführung nur ganze 900 bis 10 E! Und ein Mastplatz (18 bis 105 kg) schlägt nur mit 100 bis 130 E zu Buche! Die im Vergleich zu Mitteleuropa deutlich geringeren Baukosten sind zum einen sicherlich durch die trotz Verschärfung geringeren Bau- und Umweltauflagen in Spanien begründet. Auf der anderen Seite bauen die spanischen Schweinehalter aber auch schlichter und damit kostengünstiger. Das ist durch das hohe Zinsniveau begründet, das früher in Spanien herrschte. Denn für Fremdkapital musste man bis vor wenigen Jahren in Spanien bis zu 17 % Zinsen zahlen. Das hat die Spanier von jeher dazu veranlasst, sparsam zu bauen, vermutet der gebürtige Belgier Johan Paelinck, der in Agramunt eine Stalleinrichtungsfirma betreibt. Unsere Kastenstände aus Roheisen mögen zwar nicht so schön aussehen, wie ein in Deutschland oder Holland gefertigter Kastenstand aus verzinktem Rohr oder gar aus Edelstahl. Ich bin jedoch überzeugt, dass sie genauso lange halten. Jedenfalls sind sie rund ein Drittel kostengünstiger, und das allein zählt, bringt es Cinta Mascó auf den Punkt. Fazit Auch in Spanien gibt es eine klare Tendenz hin zu geschlossenen und integrierten Ketten. In den letzten Jahren gewinnen dabei kleine Integrationen immer mehr an Bedeutung. Häufig geht die Initiative von Ferkelerzeugern aus, die ihre Bestände erweitert haben und ihre Ferkel im Lohn mästen lassen. Die Produktionstechnik dieser zukunftsorientierten Betriebe unterscheidet sich kaum von mitteleuropäischem Standard. Die dennoch deutlich geringeren Produktionskosten resultieren in erster Linie aus niedrigeren Lohnkosten und deutlich geringeren Baukosten. Sie betragen nicht einmal die Hälfte dessen, was bei uns üblich ist. Henning Lehnert

Die Redaktion empfiehlt

top + In wenigen Minuten wissen, was wirklich zählt

Zugang zu allen digitalen Inhalten, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten | 1 Jahr für 1̶2̶9̶,̶6̶0̶ ̶€̶ 99 €

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.