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Initiative Tierwohl: Anmeldung ab April!

Lesezeit: 10 Minuten

Bislang wurde viel diskutiert, nun aber nimmt die Initiative ­Tierwohl konkrete Formen an. top agrar sprach mit dem designierten Geschäftsführer Dr. Alexander Hinrichs über das Anmeldeverfahren, die Rolle der VVVO-Nr. und mögliche Sanktionen.


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Über die Initiative Tierwohl wird viel diskutiert. Wann geht es los?


Dr. Hinrichs: Die Initiative startet am 1. Januar 2015, ab dann wird der Lebensmittelhandel (LEH) den Tierwohlbeitrag abführen. Am 15. Februar 2015 werden die ersten Tierwohlbei-träge für die im Januar 2015 verkaufte Ware überwiesen. Schweinehalter können sich ab April 2015 anmelden.


Wo und wie müssen sich die Landwirte anmelden?


Dr. Hinrichs: Die Tierhalter können sich ausschließlich über einen landwirtschaftlichen Bündler bei der Initiative anmelden. Die Liste der zugelassenen Bündler findet man unter der Internetadresse www.initiative-tierwohl.de


Welche Daten müssen Landwirte bei der Anmeldung parat haben?


Dr. Hinrichs: Neben generellen Angaben zum Betrieb wie z. B. Name, Adresse, Betriebsart, VVVO-Nr. usw. müssen Landwirte angeben, welche Kriterien sie umsetzen möchten und ab welchem Zeitpunkt sie diese umsetzen werden. Zudem muss der Landwirt melden, mit wie vielen Tieren er sich voraussichtlich an der Initiative Tierwohl beteiligen wird. Darüber hinaus ist für die Auszahlung des Tierwohlbeitrags die Bankverbindung nötig und man muss angeben, wie der Betrieb steuerlich veranlagt ist.


Wie wird das Anmeldeverfahren laufen – Windhundverfahren oder hat jeder die gleiche Chance?


Dr. Hinrichs: Beim Start wird es einen vierwöchigen Anmeldezeitraum geben, in dieser Zeit können die Bündler die Tierhalter bei der Trägergesellschaft anmelden. Die zeitliche Reihenfolge der Anmeldung spielt keine Rolle! Am Ende der vier Wochen wird dann geprüft, ob die angemeldeten Betriebe teilnehmen können.


Sollte die Nachfrage der Tierhalter das Fondsvolumen übersteigen, werden die Betriebe entsprechend des von ihnen angegebenen Datums, ab wann sie die Tierwohlkriterien umsetzen können, zugelassen. Für die Anmeldung und Prüfung der Schweine-halter ist somit nicht die Schnellig-keit ihrer Registrierung ausschlaggebend, sondern ab wann sie die Kriterien umsetzen können!


Was passiert nach der Anmeldung?


Dr. Hinrichs: Zuerst wird geprüft, welche Auszahlungsansprüche der Betrieb bei einer Zulassung bekäme. Dann wird geschaut, ob die Mittel des Fonds ausreichen, um alle angemeldeten Betriebe zuzulassen. Falls die Mittel nicht ausreichen, werden als erstes die Betriebe zugelassen, die zuerst die Kriterien umsetzen können.


Der Landwirt meldet sich zum 1. April 2015 an, das Audit erfolgt aber erst sechs Wochen später. Welcher Termin gilt dann als Starttermin?


Dr. Hinrichs: Sobald der Tierhalter die Information erhält, dass er zugelassen ist, kann das Audit durchgeführt werden. Mit bestandenem Audit und Freigabe des Prüfberichts erhält der Tierhalter den Auszahlungsanspruch auf den Tierwohlzuschuss (Starttermin).


Wie lange gilt das Audit?


Dr. Hinrichs: Das Zertifikat hat eine Laufzeit von drei Jahren, der Auszahlungsanspruch gilt ebenfalls für drei Jahre. Die Umsetzung der zertifizierten Kriterien muss jährlich in einem unangekündigten Folgeaudit bestätigt werden.


Was kostet das Audit, wer zahlt das?


Dr. Hinrichs: Die Auditkosten werden wie bei QS nicht durch den Träger festgelegt, sie werden individuell mit den Zertifizierungsstellen vereinbart. Die Kosten trägt der Landwirt, er bekommt dafür aber auch den Grundbetrag von 500 € pro Jahr.


Kann der Landwirt das Audit für QS und ­Initiative Tierwohl zusammen­legen?


Dr. Hinrichs: Es sind unterschiedliche Kriterienkataloge bzw. Leitfäden, die Tierwohlkriterien müssen mindestens einmal jährlich bestätigt werden. Eine zeitliche Zusammenlegung der Audits ist jedoch möglich.


Was passiert, wenn bei einem Folgeaudit Mängel festgestellt werden?


Dr. Hinrichs: Tierhalter, die die im Erstaudit zertifizierten Anforderungen nicht umsetzen, verlieren ihren Anspruch auf den Tierwohlzuschuss. Darüber hinaus sind die Landwirte zur Rück-gabe des Zertifikats an die Zertifizierungsstelle verpflichtet, und sie müssen wegen des Verstoßes mit einem Sanktionsverfahren rechnen. In besonders schwerwiegenden Fällen droht dem Landwirt sogar eine Strafanzeige. Bereits empfangene Tierwohlzuschüsse sind gegebenenfalls zurückzuzahlen.


Kann der Landwirt die Auswahl der Kriterien nach dem Erstaudit noch verändern bzw. weitere draufsatteln? Wird dann ein Nachaudit fällig?


Dr. Hinrichs: Streichungen, Änderungen und Ergänzungen können nur in Ausnahmefällen, frühestens nach Ablauf eines Jahres und nur einmal pro Jahr vorgenommen werden. In diesem Fall muss die Zertifizierungsstelle ein neues Erstaudit durchführen und die vom Tierhalter beabsichtigten ­Veränderungen dokumentieren. Erst dann wird die Umsetzung der neuen Anforderungen für die Festsetzung des Tierwohlzuschusses relevant.


Bei der Änderung der zuvor ausgewählten Kriterien ist zu beachten, dass bei einer daraus möglicherweise resultierenden Erhöhung des Tierwohlzu-schusses zuerst eine Liquiditätsprüfung durch die Clearingstelle erfolgt.


Gibt es eine Obergrenze bei der Anzahl der Kriterien?


Dr. Hinrichs: Nein, allerdings ist der Tierwohlbonus auf das Dreifache des Mindestbetrages begrenzt, zum Beispiel maximal 9 € je Mastschwein.


Kann man mit einzelnen Ställen bzw. einzelnen Betriebszweigen an der Initiative Tierwohl teilnehmen oder nur mit dem ganzen Tierbestand?


Dr. Hinrichs: Entscheidend ist die VVVO-Nummer und Betriebsart. Das heißt, z. B. alle Mastplätze unter einer VVVO-Nr. müssen teilnehmen.


Erhält der Landwirt zusätz-liches Geld, wenn er den Bestand mit der entsprechenden VVVO-Nummer zwischenzeitlich aufstockt?


Dr. Hinrichs: Grundlage für den Tierwohlzuschuss ist die bei der Anmeldung angegebene Tierzahl. Bei einer Aufstockung des Bestandes wird zunächst geprüft, ob der Tierwohl- Fonds über ausreichend Mittel verfügt.


Kann man innerhalb einer VVVO-Nummer verschiedene Kriterien auswählen. Zum Beispiel, wenn mehrere Ställe unter einer Nummer laufen?


Dr. Hinrichs: Unter einer VVVO-Nummer müssen die Kriterien innerhalb der jeweiligen Produktionsart – Sauenhaltung, Ferkelaufzucht oder Mast – einheitlich umgesetzt werden.


Wie werden die bonus-berechtigten Tiere im Geschlossenen System erfasst bzw. abgerechnet?


Dr. Hinrichs: Durch Dokumentation und Belege des Betriebsleiters. Die Zahl der abgesetzten Ferkel bzw. die Zahl der Ferkel nach der Aufzucht müssen quartalsweise an den Bündler gemeldet werden. Dieser meldet sie dann an die Clearingstelle. Bei einem Folgeaudit werden diese Angaben auf Plausibilität geprüft (Sauenplanerdaten, Plätze, Verluste usw.). Die Anzahl der Mastschweine wird über den Schlachthof an die Clearingstelle gemeldet.


Teilnehmen kann man nur, wenn mindestens 1,5 % Fensterfläche vorhanden ist – immer in Abhängigkeit von der Abteilgrundfläche. Was gilt als Fensterfläche, die Scheibe oder die Öffnung im Mauerwerk?


Dr. Hinrichs: Entscheidend ist die lichtdurchlässige Fläche, also Glasscheiben, Plexiglas usw. Der Fensterrahmen zählt nicht dazu. Im Mittel des Betriebes müssen mindestens 1,5 % dieser lichtdurch-lässigen Fläche bezogen auf die Abteilgrund-flächen vorhanden sein. Bei Einhaltung des Mittelwertes von 1,5 % ist für Einzelabteile eine 20 %-Abweichung nach unten möglich.


Wie breit darf der Versorgungsgang maximal sein, wenn das Licht von außen indirekt ins Abteil fällt?


Dr. Hinrichs: Feste Maße sind nicht vorgegeben. Für indirektes Licht gilt: Es darf über eine Ebene weitergegeben werden, z. B. über den Versorgungsgang oder über ein Nachbarabteil. Kaskaden über weitere Abteile werden nicht anerkannt. Entscheidend ist auch, dass entsprechend lichtdurchlässige Flächen in den Zwischen- und Außenwänden vorhanden sind.


Ein Stallklima-Check ist Pflicht. Wird ein Wartungsvertrag mit einem Hersteller von Lüftungstechnik anerkannt? Was wird kontrolliert?


Dr. Hinrichs: Eine vertragliche Bindung mit einem Hersteller ist für die Initiative nicht relevant. Entscheidend ist, dass ein Stallklima-Check einmal pro Kalenderjahr durchgeführt wird. Wer den Check bereits ab Januar in Auftrag gibt, hätte diesen dann beim Start am 1. April bereits vorliegen. Dabei steht die sensorische Prüfung an erster Stelle. An zweiter Stelle steht die Funktionsprüfung der Anlage, also der Stellmotoren, Temperaturfühler, Alarmsysteme usw. Werden Mängel festgestellt, müssen Messungen durchgeführt und die Dimensionierung der Lüftungsanlage überprüft werden. Etwaige Mängel müssen umgehend abgestellt werden.


Wer ist berechtigt, den Stallklima- und Tränkewasser-Check durchzuführen?


Dr. Hinrichs: Fachleute mit entsprechenden Vorkenntnissen. Dies können z. B. Berater der Landwirtschaftskammern, der Erzeugerringe und anderer Organisationen sein, aber auch Tierärzte oder Mitarbeiter von Lüftungsfirmen. Entscheidend ist, dass sich diese Personen vorher bei der Trägergesellschaft registriert haben. Für den Lüftungscheck wird zudem die Teilnahme an einer Einweisung vorausgesetzt. Das soll in verschiedenen Lehr- und Versuchseinrichtungen angeboten werden.


Die Initiative Tierwohl schreibt eine vierwöchige Säugezeit vor. Bei vielen Ferkelerzeugern passt das nicht in den Produktionsrhythmus. Sind die Sauenhalter damit raus?


Dr. Hinrichs: Nein, denn zum einen handelt es sich bei diesem Kriterium um ein Wahlkriterium und ist somit nicht verpflichtend. Zum anderen ist damit eine vierwöchige Säugezeit gemeint, wie sie auch in der Landwirtschaft landläufig definiert ist. Bei einem 21-wöchigen Produktionsrhythmus liegt die Säugezeit bei durchschnittlich 26 bis 27 Tagen.


Im Rahmen der Initiative Tierwohl sollen die Schweine Raufutter erhalten. Welches Tier-Fressplatzverhältnis muss hier eingehalten werden?


Dr. Hinrichs: Hierzu gibt es klare Vorgaben. Es wird zwischen den Verabreichungsformen (Raufen, Tröge, Rundbehälter usw.) und deren Größe unterschieden. Die Vorgaben werden in den Kriterienkatalogen veröffentlicht. Bei Raufen mit geschlossenen Seitenwänden und einem Durchmesser bis 20 cm sind z. B. maximal 20 Mastschweine bis 60 kg Lebendgewicht zugelassen.


Inwieweit wird z. B. Mais-silage in der Flüssigfütterung als Rau-futter anerkannt?


Dr. Hinrichs: Grundsätzlich sind unter Raufutter Stroh, Heu, Maissilage aber auch Raufutterpellets, Sojaschalen, Trockenschnitzel und andere Rohfaserträger gemeint. Das Raufutter muss jederzeit für die Tiere verfügbar und die Aufnahme frei wählbar sein. Das heißt, es muss eine klare Trennung zur eigentlichen Fütterung erfolgen. Maissilage ist anerkannt, aber nicht in der gemeinsamen Verabreichung mit dem Futter in der Flüssigfütterung.


Ab wann startet das Sonder-kriterium unversehrter „Ringelschwanz“?


Dr. Hinrichs: Ausgleichszahlungen für den unversehrten Ringelschwanz wird es zunächst nicht geben, da hierzu noch zu wenig Praxiserfahrungen vorliegen. In Zukunft sollen aber entsprechende Rahmenbedingungen ausgearbeitet werden.


Wie wird die Initiative Tierwohl nach außen kommuniziert?


Dr. Hinrichs: Derzeit erarbeiten wir ein Kommunikationskonzept, wie die Initiative Tierwohl richtig dargestellt werden kann. Zielgruppen sind Verbraucher, Medien, Wirtschaft, Politik und weitere Interessengruppen.


Wer bezahlt die Kommuni-kationsstrategie, wie viel Geld ist dafür vorgesehen?


Dr. Hinrichs: Die Kommunikation zur Initiative wird aus einem Teil der Beiträge der Lebensmittelhändler finanziert. Die genaue Summe steht noch nicht fest.


Welche finanziellen Beträge sind vom LEH für wie lange zugesichert?


Dr. Hinrichs: Die Teilnahme der Handelsunternehmen an der Initiative ist unbefristet. Sie haben sich verpflichtet, in den nächsten drei Jahren je kg vermarkteter Ware einen Tierwohlbeitrag von 0,04 € an die Clearingstelle abzuführen. Dies bezieht sich sowohl auf Frischfleischartikel als auch auf verarbeitete Ware. Die Gesamtsumme wird bei rund 64 Mio. € pro Jahr liegen.


Wie viel Geld ist für die Verwaltung des Systems jährlich vorgesehen?


Dr. Hinrichs: Unser Ziel ist, die Organisation schlank und effizient aufzustellen. Wo Synergiemöglichkeiten z. B. zu QS bestehen, werden sie ge-nutzt. Wie hoch die Kosten für den Betrieb (u. a. für den Betrieb der Clearingstelle, die Errichtung der Datenbank und für die Kommunikation) sein werden, ist derzeit noch nicht abschließend vorherzu-sagen.


Was passiert, wenn das Geld nicht reicht?


Dr. Hinrichs: Das Liquiditätsmanagement der Trägergesellschaft ist von zentraler Bedeutung. Es wird nicht mehr Geld ausgegeben als eingenommen wird. Dies soll durch das beschriebene Anmeldeverfahren mit Liquiditätsprüfung sichergestellt werden.


Können auch Betriebe aus Holland und Dänemark teilnehmen? Wenn ja, ab wann?


Dr. Hinrichs: Prinzipiell steht die Initiative Tierwohl jedem offen. Für den Start werden wir uns aber zu-nächst auf die deutschen Betriebe konzentrieren.

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