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„Schaumparty“ im Flatdeck

Lesezeit: 4 Minuten

Thomas Guter wäscht routinemäßig die Babyferkel nach dem Einstallen ins Flatdeck. In mehr als 15 Durchgängen konnte der Landwirt dadurch seinen Antibiotikaverbrauch halbieren.


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Hoch tragende Sauen vor dem Einstallen in den Abferkelstall zu waschen, hat sich auf sehr vielen Ferkelerzeugerbetrieben bewährt. Die Sauen kommen sauber in das gereinigte und desinfizierte Abferkelabteil, wo­durch der Keimdruck für die neugeborenen Ferkel sinkt.


Doch warum in aller Welt sollte man auch die Ferkel nach dem Absetzen waschen? Genau diese Frage stellten sich Thomas Guter und sein Vater Josef, als ihnen ihre Tierärztin Renate Baur den Vorschlag unterbreitete.


Das ist nun zweieinhalb Jahre her. Seitdem sind Guters begeisterte „Ferkelwäscher“ und wollen diese Maßnahme auch nicht mehr missen.


Thomas Guter bewirtschaftet in Erolzheim im oberschwäbischen Kreis Biberach einen Ferkelaufzucht- und Mastbetrieb mit Ackerbau, Rindermast und Lohnunternehmen. Im Sommer 2014 bezog er seinen neuen Ferkelaufzuchtstall mit 2 000 Plätzen in vier Ab-teilen à acht Buchten. Den Stall belegt er im Rein-Raus-Verfahren mit Baby­ferkelpartien von vier Ferkelerzeugern. Einen Teil der Ferkel mästet Thomas Guter dann auf 1 250 Mastplätzen aus.


Ferkelruß gab den Anstoß.

Vor mehr als zweieinhalb Jahren hatten Guters in ihrem damaligen Aufzuchtstall bei rund 5 % der Ferkel wiederkehrende Probleme mit Ferkelruß. Die Erkrankung wird durch das Bakterium Staphylococcus hyicus ausgelöst und führt bei den betroffenen Ferkeln zu einer dunkel verfärbten, schmierigen Haut mit verklebtem Haarkleid.


„Meist verletzen sich die Ferkel nach dem Einstallen bei Rangkämpfen. Durch die Wunden dringen dann Staphylokokken ein und lösen die Erkrankung aus“, erklärt Renate Baur, Praktische Tierärztin aus Ulm. Auch wenn nur ein Bruchteil der erkrankten Ferkel daran stirbt, können die Tiere doch zeitlebens deutlich im Wachstum zu­rückbleiben.


Wäsche direkt in der Bucht:

Mithilfe einer einmaligen Antibiotikagabe konnte die Tierärztin den Infektionsdruck zwar senken, dennoch suchte sie – auch im Hinblick auf das viel diskutierte Thema Antibiotikareduktion – nach einer vorbeugenden Lösung. Gemeinsam mit der Viehzentrale Südwest kam sie auf die Idee, die Ferkel beim bzw. nach dem Einstallen mit einem Tierwaschmittel zu waschen. So sollten krank machende Keime auf der Haut reduziert werden.


Thomas Guter war einer der ersten, den Renate Baur von ihrer Idee überzeugte. Im Zeitraum vom 4. bis 8. Tag nach dem Einstallen der Babyferkel ins Flatdeck wäscht der Landwirt nun einmalig alle Ferkel. „Wir waschen die Tiere dann, wenn die Rangkämpfe abgeschlossen sind und somit die Gefahr besteht, dass sich die Wunden mit Staphylokokken infizieren“, begründet Thomas Guter den Zeitpunkt fürs Ferkelwaschen.


Für den „Waschgang“ treiben sein Vater und er die rund 60 bis 65 Ferkel jeder Bucht eng zusammen. Renate Baur oder ihre Kollegin Dr. Melanie Göckelmann schäumen die Tiere dann mit der Schaumlanze ein, die an den Hochdruckreiniger angeschlossen wird. „Wichtig ist, dass wir die Ferkel eng zusammenstallen, damit sie sich gegenseitig das Tierwaschmittel einreiben können“, schildert Josef Guter seine Erfahrungen. Zu dritt hat das Team die „Ferkelwäsche“ zügig erledigt – für 2 000 Ferkel brauchen sie 60 bis 90 Minuten.


Und wie reagieren die Ferkel auf die „Schaumparty“? „Klar erschrecken sie kurz durch das Geräusch des anspringenden Hochdruckreinigers, doch dann scheinen sie die Wäsche zu mögen“, berichtet Renate Baur von ihren Eindrücken. Haut- und Augenirritationen hat sie bislang keine festgestellt: „Das Tierwaschmittel Neopredinol scheint sehr hautschonend zu sein.“ Nach dem Waschen schütteln sich die Tiere wie ein nasser Hund.


Vor dem Waschen erhöht Thomas Guter die Abteiltemperatur um 1 °C, meist von 25 auf 26 °C. Im Sommer trocknen die Ferkel und die Buchten innerhalb von einer Stunde ab, im Winter sind sie spätestens nach zwei Stunden trocken. Dann dreht der Landwirt die Temperatur wieder um 1 °C zurück.


Viele positive Effekte:

Mehr als 15 Auf­zucht-Durchgänge haben Guters nun schon gewaschen und dabei folgende Erfahrungen gesammelt:


  • Ferkelruß tritt nicht mehr auf.
  • Streptokokkeninfektionen, z. B. Me-­nin­gitis (Hirnhautentzündung) sind stark zurückgegangen.
  • Offene Wunden durch Beißereien heilen besser ab.
  • Die Klauengesundheit hat sich verbessert, weil der Schaum auf dem Boden wie ein Klauenbad wirkt.
  • Der Antibiotika-Verbrauch wurde mindestens halbiert. Gegen Durchfälle, z. B. Coli-Durchfälle, hilft die Wäsche natürlich nicht. Hier müssen Guters weiterhin behandeln.
  • Die Aufzuchtverluste konnten sie um ca. 0,5 % reduzieren.
  • Demgegenüber stehen der Verbrauch von etwa 10 l Tierwaschmittel für ca. 100 € und kalkulatorische Arbeitskosten zwischen 60 € und 90 € bei einem Stundenlohn von 20 €/Person.


Was die „Ferkelwäsche“ bringt, konnten Guters beim vorletzten Durchgang beobachten, als sie im Trubel des Stallneubaus ausnahmsweise einmal darauf verzichtet haben. Sofort flammte der Ferkelruß bei rund 5 % der Tiere wieder auf.


„Das hat uns gezeigt, wie wertvoll das Ferkelwaschen ist“, unterstreicht Thomas Guter. Die „Schaumparty“ im Aufzuchtstall geht also weiter.

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