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Schweineställe mit Grundwasser beheizen?

Lesezeit: 9 Minuten

Bei den Energieträgern dreht sich die Preisspirale immer schneller. Schweinehalter Bernhard Heiming wollte das nicht weiter hinnehmen. Er beheizt seine Ställe deshalb mit drei Grundwasser-Wärmepumpen.


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Öl, Gas und auch andere Energieträger wie Holzpellets oder Holzhackschnitzel werden immer teurer. Und auf die Preisgestaltung haben Verbraucher so gut wie keinen Einfluss.


Auch Schweinehalter Bernhard Heiming (46 Jahre) aus dem westfälischen Dorsten-Lembeck im Kreis Recklinghausen ist diese Entwicklung schon lange ein Dorn im Auge. „Man ist total hilflos, und das ärgert mich“, erklärt der Unternehmer, der mit rund 1 400 Sauen Mastferkel und Jungsauen produziert.


Als 2008 ein neuer Stall für 750 Sauen gebaut wurde, überlegte Heiming lange, welche Alternativen es zu den gängigen Energieträgern Öl und Gas gibt. Eine Strohheizung schied aus, weil das Preisniveau aufgrund der Nähe des Betriebes zum Ruhrgebiet sehr hoch ist. „Stroh ist bei uns gefragt“, macht Bernhard Heiming klar. Eine Pelletheizung kam für ihn ebenfalls nicht in Frage, da der Wartungsaufwand bei diesem System relativ hoch ist.


Ein weiterer Gedanke war, den neuen Sauenstall samt Ferkel- und Jungsauenaufzuchtstall mit einer Wärmepumpe zu beheizen. Mit diesem Heizsystem hatte der Landwirt bereits Erfahrungen gesammelt. Im Altenteilerhaus des Betriebes läuft bereits seit knapp zehn Jahren eine Wärmepumpe, im Betriebsleiterhaus seit sechs Jahren. „Mit beiden Pumpen sind wir hundertprozentig zufrieden. Also lag der Gedanke nahe, die Technik auch im neuen Stall einzubauen“, erinnert sich Heiming.


Pumpe entzieht Wasser Wärme:

Heiming reizte an der Technik besonders, dass die Wärmepumpe nahezu wartungsfrei arbeitet. Der Besuch des Schornsteinfegers zum Beispiel fällt weg, weil die Technik keinen Schornstein benötigt. Zudem braucht der Landwirt nicht regelmäßig nachsehen, ob noch Brennstoff im Tank vorhanden ist.


Die Wärmepumpe des Betriebes funktioniert ganz einfach (siehe Übersicht 1). Aus einem knapp 100 m tiefen Brunnen fördert eine frequenzgesteuerte 7,5 kW Brunnenpumpe ca. 9 bis 10 °C kaltes Grundwasser zur Wärmepumpe. Hier wird dem Wasser mithilfe eines speziellen Arbeitsmittels Wärme entzogen. Das Arbeitsmittel wird verdichtet und gasförmig zu einem Wärmetauscher geführt. Im Wärmetauscher wird die Wärme dann an den Heizkreislauf abgegeben. „Die Wärmepumpe arbeitet im Grunde genommen wie ein Kühlschrank, nur andersherum“, erklärt Bernhard Heiming das Prinzip.


Nach der Wärmeabgabe fließt das um rund 3 °C abgekühlte Wasser in einen gut 40 m tiefen Schluckbrunnen, der etwa 20 m neben dem Förderbrunnen gebohrt wurde. Die obersten 15 m des Schluckbrunnens sind mit einem geschlossenen Kunststoffrohr versiegelt. In den unteren 25 m des Brunnens sitzt ein gelochtes Rohr, durch dass das Wasser langsam ins Erdreich zurückfließt.


Für die Bohrung der Brunnen musste sich Heiming beim Landkreis extra eine Genehmigung einholen. „Die Erlaubnis des Kreises ist nötig, weil wir Grundwasser entnehmen“, erklärt der Landwirt.


Bernhard Heiming hat in seinen Ställen drei Wärmepumpen mit je 40 kW-Nennleistung und je zwei Kompressoren bzw. Verdichtern für gut 44 000 € installiert. Eine Wärmepumpe steht im Serviceraum des Abferkelstalles und beheizt dort insgesamt 172 Ferkelnester. Als Pufferspeicher dient ein 500 l-Wasserbehälter. Das darin enthaltene Wasser wird über eine Wendel auf rund 44 °C aufgeheizt und von dort in die Ferkelnester gepumpt. Das reicht, um die Oberfläche der Nester auf 38 bis 40 °C aufzuheizen.


Parallel erhitzt die Wärmepumpe das Duschwasser für das Stallpersonal und Besucher wie den Hoftierarzt. Hierfür wurde ein zweiter Pufferspeicher mit 300 l Fassungsvermögen installiert. Die Vorlauftemperatur des Brauchwassers beträgt 50 °C.


Zwei baugleiche Wärmepumpen versorgen den 4 000er-Ferkelaufzuchtstall mit Wärme. In den acht Abteilen hat Heiming im Liegereich der Ferkel 2-Zoll große Eisenrohre verlegt, durch die auf rund 50 °C erwärmtes Wasser fließt. So kann er das Flatdeck auf 24 bis 32 °C aufheizen. Als Pufferspeicher dient ein 1 500 l großer Behälter.


Damit die geforderten Stalltemperaturen im Aufzuchtstall auch bei tiefen Außentemperaturen im Winter sicher erreicht werden, hat der westfälische Unternehmer zusätzlich in eine 10 kW Flüssiggas-Kanone investiert, die er bei Bedarf in das entsprechende Stallabteil hängt. Die Gaskanone nutzt er zudem zum Aufheizen der Abteile. Kostenpunkt rund 700 €.


Ein Luft-Luft-Wärmetauscher rundet das Wärmekonzept ab. Mit dessen Hilfe wird ein Teil der in der Abluft vorhandenen Wärme auf die in das Stallgebäude einströmende Zuluft übertragen. „Den Wärmetauscher habe ich installieren lassen, weil ich so die warme Abluft energetisch verwerten kann. Für den Betrieb der Wärmepumpen spielt dieser aber keine Rolle“, erklärt Heiming seine Investition.


Noch zu geringer Wärmeertrag:

Mittlerweile laufen die drei Wärmepumpen seit rund vier Jahren nahezu störungsfrei. Nur bei einer Pumpe musste bereits zwei Mal der Kompressor ausgetauscht werden. „Bislang ging das alles auf Kulanzbasis. Es ist aber trotzdem ärgerlich, weil die Pumpe während des Austausches nicht läuft und dann Wärme im Stall fehlt“, erklärt Heiming. Warum immer ein und dieselbe Pumpe betroffen ist, darauf weiß Heiming derzeit auch noch keine Antwort. „Wir suchen noch nach der Ursache“, so der Landwirt.


Trotz der kleineren „Macken“ ist der Landwirt von der Technik weiterhin vollends überzeugt. „Durch den Kauf bin ich heute unabhängiger vom Energiemarkt. Preissprünge bei Öl oder Gas sehe ich mittlerweile gelassener“, freut sich der Unternehmer.


Die wachsende Unabhängigkeit vom Energiemarkt ist das eine. Das andere sind die Kosten. Rechnet sich die Investition für Heiming? Auf Anraten von Bernhard Feller, Stallbauberater der LWK Nordrhein-Westfalen wurde die komplette Anlage im Rahmen einer Doktorarbeit hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit durchgerechnet. Gemeinsam mit der Uni Bonn startete das Projekt Anfang Dezember letzten Jahres. 70 Tage lang wurden alle relevanten Leistungsdaten der Wärmepumpe aufgezeichnet.


Die Ergebnisse sehen wie folgt aus: Im Abferkelstall waren die beiden Kompressoren der Wärmepumpe 61,5 bzw. 51,7 % der theoretisch möglichen 1 680 Stunden (70 Tage mal 24 Stunden) in Betrieb. Dabei verbrauchte die Anlage 14 200 kWh Strom. Zeitgleich produzierte sie 36 500 kWh Wärmeenergie, die zur Beheizung der Ferkelnester genutzt wurden.


Aus beiden Werten errechnet sich eine Arbeits- bzw. Leistungszahl von 2,6. Bei einem Aufwand von 1 kWh elektrischer Leistung erzielte die Wärmepumpe also eine thermische Heizleistung von 2,6 kWh. „Da war ich enttäuscht, schließlich hatte man mir erklärt, dass Wärmepumpen eine Leistungszahl von 3,5 bis 4 erzielen. Außerdem hatte ich im Internet gelesen, dass Wärmepumpen nur dann wirtschaftlich betrieben werden können, wenn die Leistungszahl bei über 3,5 liegt“, berichtet Heiming.


Heimings Laune trübte sich zusätzlich ein, als er das Ergebnis aus dem Ferkelaufzuchtstall präsentiert bekam. Auch hier lag die Leistungszahl nur bei 2,7.


Sofort machten sich der Ferkelerzeuger, sein Mitarbeiter Stephan Grösbrink und der Lieferant der Pumpen an die Ursachenforschung. Dabei kam folgendes heraus:


  • Die 7,5 kW große Brunnenpumpe verbraucht relativ viel Strom. Das liegt daran, weil die Pumpe das Wasser aus 100 m Tiefe hochpumpen muss. Auch die täglich zu fördernde Wassermenge ist beachtlich. Für das Beheizen des Abferkel- und Ferkelaufzuchtbereiches müssen an kalten Tagen im Winter täglich 270 m3 Grundwasser hochgepumpt werden.
  • Negativ wirkte sich auch aus, dass die Wärmepumpe während der Messungen nur 750 statt der ursprünglich vorgesehenen rund 1 400 Sauen inklusive Ferkelaufzucht mit Wärme versorgen musste. Die Wärmepumpe war zu diesem Zeitpunkt also überdimensioniert. Das ändert sich aber, da in Kürze der zweite Bauabschnitt beendet sein wird.
  • Die hohe Vorlauftemperatur für das Brauchwasser und den Ferkelaufzuchtstall (50 °C) hat ebenfalls negative Einflüsse. Denn je stärker das Wasser erhitzt wird, desto unwirtschaftlicher läuft eine Wärmepumpe.
  • Auch der relativ kurze Messzeitraum verfälscht das Ergebnis. Hier wäre es im Nachhinein besser gewesen, die Messungen über ein Jahr hinweg durchzuführen, um unterschiedliche Jahreszeiten berücksichtigen zu können.


Rechnet sich der Aufwand?

War die Investition also rausgeschmissenes Geld? Wäre es nicht besser gewesen, auf bewährte Energieträger zu setzen?


„Nein“, sagt Stallbauberater Feller. „Denn ein entscheidender Faktor dafür, ob sich eine Wärmepumpe rechnet, ist der Preis für die alternativen Energie-träger. Bei steigenden Energiekosten für Öl oder Gas kann sich eine Wärmepumpe selbst bei Leistungszahlen von unter 4 rechnen.“


Zu welchen Kosten die Anlage im Betrieb von Bernhard Heiming Wärme zur Verfügung stellt, ist in Übersicht 2 dargestellt. Die Gesamtkosten der Grundwasser-Wärmepumpe liegen im Abferkelstall zwischen 7,9 und 8,5 Cent je kWh. Im Ferkelaufzuchtstall kostet das System den Landwirt 7,7 bzw. 8,2 Cent je kWh. In allen Fällen wurde ein Strompreis von 18 Cent je kWh unterstellt. Hier ließen sich auch günstigere Kosten ansetzen, da viele Stromversorger zum Beispiel vergünstigte Tarife für „Wärmepumpenstrom“ anbieten.


Dass Heiming seine Schweineställe mit der Grundwasser-Wärmepumpe vergleichsweise kostengünstig beheizt, wird deutlich, wenn man der Technik die Kosten einer Flüssiggastherme gegenüberstellt.


Flüssiggas kostet momentan knapp 60 Cent je l und enthält ca. 6,7 kWh Energie pro Liter. Daraus errechnen sich allein Brennstoffkosten in Höhe von 8,96 Cent je kWh netto. Und die Kosten der Flüssiggas-Lösung steigen noch weiter, weil man auch noch die fixen (AfA, Schornsteinfeger usw.) und die variablen Kosten (Strom usw.) hinzurechnen muss. „Die Rechnung geht in meinem Betrieb also in jedem Fall auf. Keine Frage, mit der Wärmepumpe fahre ich kostenmäßig derzeit deutlich besser als mit Flüssiggas“, zeigt sich Bernhard Heiming mit seiner Entscheidung rundherum zufrieden.


Die wirtschaftlichen Vorteile könnten in Zukunft aber wieder schrumpfen. Vor allem steigende Strompreise können das System Wärmepumpe stark belasten. Bei einer Strompreiserhöhung um 50 % auf 27 Cent je kWh würden sich die Gesamtkosten des Systems im Abferkel- bzw. Ferkelaufzuchtstall auf 11 bis 12 Cent je kWh erhöhen. Das wäre ein sattes Plus von 40 %!


Doch auch hierfür hat Ferkelerzuger Heiming bereits eine Lösung gefunden. Er baut derzeit eine Photovoltaik-Anlage auf seinen Schweinestall. „Über diese versorge ich künftig alle drei Wärmepumpen mit selbst produziertem Strom. Der PV-Strom kostet mich 14,7 Cent je kWh. Und damit kann ich meine Wärmepumpen dauerhaft wirtschaftlich betreiben“, ist der Landwirt zufrieden.


Marcus Arden

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