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„Seeluft ist gut für die Ferkelnasen“

Lesezeit: 9 Minuten

Liegt es an den großen Würfen und einer unzureichenden Immunisierung einiger Ferkel, dass die Salmonellenprobleme wieder zunehmen? Dr. Josef Schulte-Wülwer vom Schweine­gesundheitsdienst Niedersachsen erläutert die Hintergründe.


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Ferkelerzeuger Peter Giesbrecht (Name geändert) aus Niedersachsen traute seinen Augen nicht, als er das aktuelle Screening-Ergebnis seiner Verkaufsferkel in den Händen hielt. Nachdem die Befunde der regelmäßigen Ferkeluntersuchungen jahrelang absolut unauffällig waren, sind plötzlich drei von zehn Ferkeln salmonellenpositiv. Dabei hat sich die Gesundheitslage in seinem Betrieb doch gar nicht verändert. Die Herde wirkt stabil. In den letzten zwölf Monaten haben seine Sauen im Schnitt erstmals sogar 30 Ferkel abgesetzt.


Salmonellen-Druck steigt.

Ein Einzelschicksal? Keineswegs! Ähnliche Erfahrungen wie Peter Giesbrecht mussten in den vergangenen zwei Jahren viele Ferkelerzeuger, Aufzüchter und Mäster machen. Nachdem beim QS-Salmonellenmonitoring der Anteil Mastbetriebe mit hohem Risiko für einen Salmonelleneintrag (Kategorie 3) von 2006 bis 2011 stetig zurückging, deutet sich seit 2012 eine deutliche Trendwende an.


Mittlerweile liegt der Anteil der Kategorie 3-Betriebe, der im Oktober 2013 die vorläufige Höchstmarke von 6,6 % erreichte, zwar wieder bei 5,6 %, wie Übersicht 1 zeigt. Für eine Entwarnung ist es jedoch noch zu früh. Auffällig ist in jedem Fall, dass es häufig hygienisch gut geführte und vor allem sehr leistungsfähige Betriebe trifft.


Doch wie lassen sich diese Befunde erklären? Liegt es womöglich an einer unzureichenden Immunisierung der Tiere im Jugendstadium? Fakt ist, dass die Sauen in den letzten Jahren immer fruchtbarer geworden sind. Die Würfe werden immer größer. Damit steigt die Gefahr, dass nicht alle Ferkel ausreichend mit Kolostrum versorgt werden.Und das ist gefährlich, denn die Ferkel kommen weitgehend schutzlos zur Welt.


Nach der Geburt müssen sie zunächst passiv immunisiert werden. Das geschieht über mütterliche Antikörper, die sie mit der Biestmilch aufnehmen. Deshalb ist eine frühzeitige und ausreichende Versorgung mit Kolostrum so wichtig.


Das Ganze muss zudem schnell gehen, denn der Gehalt an Immunglobulinen (IgG) in der Sauenmilch ist in den ersten Stunden nach der Geburt am höchsten. Die Natur hat es darüber hinaus so eingerichtet, dass die Saugferkel die mütterlichen Antikörper in den ersten Lebensstunden nahezu vollständig über ihren Darm aufnehmen können. Die Antikörper werden nicht verdaut und können die Ferkel daher unmittelbar vor Infektionen schützen. Die Durchlässigkeit des Ferkeldarmes für diese Immunglobuline lässt jedoch schnell nach. Diese passive Immunisierung über die Sauenmilch wirkt je nach Erreger drei bis sechs Wochen. Sie schützt die Ferkel also mehr oder weniger während der gesamten Säugephase, wie Übersicht 2 auf Seite S 12 verdeutlicht. Wenn die maternale Immunität nachlässt, befinden sich die Ferkel im Idealfall bereits in einem sauberen und abseits gelegenen Aufzuchtstall, durch den sie räumlich von den Infektionserregern im Abferkelstall weit getrennt sind.


In der vierten bis sechsten Lebenswoche beginnen die Schweine dann mit dem Aufbau einer eigenen, aktiven Immunität. Der Infektionsschutz kann zusätzlich durch rechtzeitig gesetzte Impfungen unterstützt werden.


Mangelnde Immunisierung:

Nicht immer erfolgt die Immunisierung jedoch so optimal wie beschrieben. Denn die von den Sauen produzierte Kolostrummenge ist begrenzt. Deshalb bekommen in großen Würfen die zuletzt geborenen Ferkel mitunter nicht genug Biestmilch ab. Die „Nachzügler“ haben dabei gleich in mehrfacher Hinsicht das Nachsehen. Erstens haben die zuerst geborenen Wurfgeschister ihnen bereits die hochwertigste Biestmilch vor der Nase weggeschnappt. Und zweitens haben die älteren Wurfgeschwister auch noch die besten Striche besetzt.


Erschwerend kommt hinzu, dass die spät geborenen Ferkel häufig untergewichtig sind und schnell auskühlen. Deshalb sind viele zu schwach, um das Gesäuge aufzusuchen. Ein Teufelskreis!


Gerade diese späten Ferkel sind es, die zu wenig mütterliche Immunglobuline abbekommen. Dadurch laufen sie Gefahr, sich in den ersten Wochen im Abferkelstall mit den betriebseigenen Keimen zu infizieren – unter anderem mit Salmonellen.


Bleibt die Frage, wie man diese Ferkel gezielt unterstützen kann? Da die Ko-lostrummenge und deren Qualität die begrenzenden Faktoren sind, muss die vorhandene Biestmilch bei großen Würfen auf mehr Ferkel verteilt werden. MMA- und chronische Gesäugeprobleme bei einigen Sauen verschlimmern die Situation zusätzlich.


Deshalb sollten Ferkelerzeuger grundsätzlich zwei Ziele verfolgen:


  • Sie müssen darauf achten, dass nur gesunde Sauen mit gutem Gesäuge zum Abferkeln kommen;
  • Und das vorhandene Kolostrum muss möglichst gleichmäßig auf alle Ferkel verteilt werden.


Beides zusammen erfordert eine bestmögliche Geburtsüberwachung und ein optimales Saugferkelmanagement.


Bei der Geburtsüberwachung muss das Hauptaugenmerk darauf liegen, die zuletzt geborenen Ferkel schnell trockenzureiben und an das Gesäuge zu setzen. Zudem hat es sich bewährt, die erstgeborenen Ferkel für kurze Zeit wegzusperren, damit die jüngeren Ferkel freien Zugang zum Gesäuge haben. Nach erfolgreicher „Erstversorgung“ kann die weitere Ernährung der Ferkel durch einen Wurfausgleich oder das Versetzen an eine Ammensau sichergestellt werden.


Problemtiere separieren:

Doch selbst bei einem noch so ausgeklügelten Management wird es immer wieder Saugferkel geben, deren Immunschutz Lücken aufweist. Das eigentliche Problem ist dabei nicht, dass diese Tiere dann im Verlauf der Aufzucht selbst gesundheitliche Probleme bekommen.


Viel schwerer wiegt, dass sich die schlecht immunisierten Tiere im Abferkelstall infizieren, die Keime in den Flatdeckstall tragen und hier dann ihre bis dahin gesunden Buchtengenossen anstecken. Auf diese Weise können wenige infizierte Tiere den Effekt einer noch so ausgeklügelten Reinigung und Desinfektion der Aufzuchtabteile komplett zunichte machen.


Ferkel, die in Verdacht stehen, sich im Abferkelstall infiziert zu haben, sollte man daher am besten separat aufstallen. In der Regel sind das die beim Absetzen leichtesten Ferkel (unter 5 kg LG). Ideal ist für diese Tiere ein Extra-Aufzucht-abteil. Ist das nicht möglich, sollten die Problemtiere zumindest in einer separaten Bucht untergebracht werden. Durch die Buchtenabtrennung lassen sich dann zumindest die bakteriellen Erreger wie z. B. Salmonellen halbwegs von den gesunden Ferkeln fernhalten.


Entscheidend ist, dass die Problemtiere während der gesamten Aufzucht allein bleiben. Sie dürfen auf keinen Fall später zu den anderen Tieren zurückgestallt werden! Zudem sollte der Ferkel-erzeuger bzw. Aufzüchter dafür Sorge tragen, dass auch über Schadnager, Katzen, Hunde und schmutzige Kleidung bzw. Stiefel keine Keime in andere Buchten getragen werden. Die Bucht mit den infizierten Läufern sollte am besten nur mit extra Stiefeln und Einweghandschuhen betreten werden.


Salmonellen auch bei Sauen?

Um die Salmonellenproblematik mittel- und langfristig in den Griff zu bekommen, müssen die Ursachen der Salmonellenverbreitung ermittelt werden. Dafür ist es wichtig zu wissen, ob neben den Ferkeln auch Sauen betroffen sind. Zu diesem Zweck hat es sich bewährt, die (hoffentlich) unverdächtig ankommenden Jungsauen als Indikatortiere zu nutzen (siehe Übersicht 3).


Zunächst werden die Flatdeckferkel beprobt – einmal in der Mitte und einmal am Ende der Aufzuchtphase. Von je zehn Tieren werden Blutproben gezogen. Zudem werden die Flatdeckabteile und die Umgebung mithilfe sogenannter Sockentupfer untersucht. Dazu zieht der Probennehmer über die Stall-stiefel zunächst einen Plastik-Einmal-stiefel und darüber eine saubere Socke oder ein Haarnetz. Mit dem Socken bzw. mit dem Haarnetz läuft er dann durch die Aufzuchtbucht. Anschließend werden die Socken/Haarnetze in Plastiktüten verpackt und zur Untersuchung ins Labor geschickt.


Ist das Ergebnis positiv, müssen ge-eignete Maßnahmen im Ferkelbereich ergriffen werden, z. B. eine optimierte Reinigung und Desinfektion. Parallel dazu werden die Jungsauen beprobt – einmal bei der Anlieferung und ein zweites Mal zwei Monate nach ihrer Eingliederung in die Altherde. Bei Ankunft der Sauen werden Blutproben bei zehn Tieren gezogen und drei frische Kotproben genommen.


Sind die Ergebnisse positiv, sollte man Kontakt mit dem Vermehrer aufnehmen. Sind die Befunde dagegen negativ, werden die Jungsauen ca. zwei Monate nach der Eingliederung in die Sauenherde noch einmal beprobt. Die Blutproben werden diesmal durch einige Sockentupfer ergänzt, die im Deckzen-trum und Wartestall gewonnen werden.


Sind die bei ihrer Ankunft salmonellenunverdächtigen Jungsauen plötzlich salmonellenpositiv, müssen dringend Maßnahmen im Sauenbestand ergriffen werden. Sind die Jungsauen dagegen auch zwei Monate nach ihrer Eingliederung immer noch salmonellennegativ (kein Anstieg der Antikörpertiter), kann man davon ausgehen, dass im Sauenbestand kein großer Infektionsdruck herrscht.


Gegen Salmonellen impfen?

Häufig stellt man bei der Bestandsuntersuchung fest, dass zumindest einzelne Jungsauen im Wartestall mit einem Anstieg der Salmonellen-Antikörper reagieren. Das ist ein klarer Hinweis darauf, dass es in der Sauenherde ein Infektionsgeschehen gibt, dass man möglichst durchbrechen sollte.


Wichtig ist, dass alle bekannten Hygienemaßnahmen strikt eingehalten werden. Soweit möglich, müssen auch hier alle Stallungen und Nebenräume gründlichst gereinigt und desinfiziert werden. Darüber hinaus sollte die Sauenherde gesundheitlich so stabilisiert werden, dass die Salmonellenausscheidung im Abferkelbereich verhindert, zumindest aber verringert wird.


Bewährt hat sich zudem der zeitweise Einsatz von Futtersäuren. Denn eine Senkung des pH-Wertes im Futter verringert die Pufferkapazität und fördert damit die Magen-Darm-Funktionen. Gegen Salmonellen lassen sich sowohl organische Säuren als auch deren Salze einsetzen.


Gute Erfahrungen liegen mit Ameisen- und Benzoesäure bzw. Mischungen dieser Säuren vor. Im Sauenbereich wurden zudem gute Erfahrungen mit geschmacksneutralen, gekapselten Säuren gemacht.


Großen Einfluss hat auch der Vermahlungsgrad des Futters. Grob gemahlenes oder gewalztes Getreide führt zu einer Reduzierung der Salmonellenbelastung. Erklären lässt sich dies damit, dass bei grober Vermahlung mehr unverdaute (Getreide-) Stärke in den Dickdarm gelangt, die dort von den Mikroben unter vermehrter Bildung von Propion- und Buttersäure abgebaut wird. Und dieses saure Milieu beschleunigt die Darmpassage, hemmt die Ausbreitung der Salmonellen und reduziert zudem das Eindringen der Erreger in die Körperzellen.


Bei anhaltenden Problemen im Bestand kann auch eine Impfung gegen Salmonellen ratsam sein. Zugelassen für Schweine ist in Deutschland nur die Vakzine „Salmoporc“ von IDT. Neben dem allgemeinen Senken des Salmonellendrucks im Bestand kann die Impfung der tragenden Sauen eine bessere Immunisierung der Ferkel und eine verminderte Salmonellenausscheidung im Abferkelstall bewirken.

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