Damit die Befruchtungsergebnisse stimmen, muss die Besamung nahe am Eisprung erfolgen. Worauf Sie achten sollten, erklären Dr. Claus Leiding und Bernhard Rupp, Besamungsverein Neustadt/Aisch.
Beim Schwein entscheidet der Besamungszeitpunkt maßgeblich über das Befruchtungsergebnis. Nur wenn das Ebersperma genau zum richtigen Zeitpunkt im Eileiter der Sau ankommt, ist mit guten Fruchtbarkeitsleistungen zu rechnen. Ausgedrückt wird die Fruchtbarkeit mit dem Ferkelindex (FI). Dieser errechnet sich aus der Abferkelquote multipliziert mit der Anzahl lebend geborener Ferkel pro Wurf.
Wann der optimale Besamungszeitpunkt gekommen ist, und welche Rolle in diesem Zusammenhang die Vor-, Haupt- und Nachbrunst spielen, lesen Sie im folgenden Beitrag.
Die Brunst wird bei Sauen in drei Abschnitte unterteilt (s. Übers. 1): Vorbrunst, Hauptbrunst und Nachbrunst.
Die Vorbrunst:
Sie dauert im Mittel etwa zwei Tage, kann bei einzelnen Tieren aber auch deutlich länger anhalten. In der Vorbrunst sinkt die Fresslust der Sauen, gleichzeitig steigt die Unruhe in der zu besamenden Sauengruppe deutlich an, und die Sauen bespringen sich gegenseitig. Duldungsreflexe zeigen die Tiere noch nicht, der Reittest fällt negativ aus.In der Vorbrunst werden durch das Freisetzen des Follikel-stimulierenden Hormons FSH Follikelwachstum und -reifung angeregt. Zellen in den Follikeln produzieren dabei das Hormon Östrogen. Östrogene führen zu einer stärkeren Durchblutung und Durchsaftung der Scheidenschleimhaut und der Schamlippen. Äußerlich sichtbar kommt es zur Rötung und Schwellung der Scham, die am Ende der Vorbrunst ihren Höhepunkt erreicht.
Auch im Körper der Sau kommt es zu Veränderungen. An der Gebärmutter treten Rötungen aufgrund der zunehmenden Durchblutung auf. Zudem steigern die Schleimdrüsen ihre Aktivität, um die Embryonen bereits zu Beginn der Einnistung mit Uterinmilch versorgen zu können.
Die Hauptbrunst:
Sie dauert bei fast allen Sauen gleich lang, in der Regel zwei Tage. Der Beginn der Hauptbrunst ist daran zu erkennen, dass die Sauen den Duldungsreflex zeigen. Ausgelöst wird dieser durch Schlüsselreize des Ebers. Wenn der Eber auf die Sau aufspringt oder der Landwirt den Reittest durchführt, verharrt die Sau mit leicht gekrümmtem Rücken in einer „Sägebockstellung“. Jetzt ist der passende Besamungszeitpunkt gekommen!Während der Hauptbrunst reifen die Follikel auf ihre maximale Größe heran, und es kommt zur Ovulation. Ausgelöst wird dieser Vorgang durch die schubweise Ausschüttung von LH (Luteinisierendes Hormon), auch als LH-Peak bezeichnet. Die Eizellen werden freigesetzt und im Eileitertrichter aufgefangen. Äußerlich zu erkennen ist die Hauptbrunst an der nachlassenden Schwellung und Rötung der Schamlippen. Die Scham ist jetzt blassrot bis violett und zeigt wieder Falten. Aus der Scham tritt elfenbeinfarbiger, trüber und klebriger Brunstschleim aus.
Die Nachbrunst:
In ihr klingen die Brunstsymptome langsam wieder ab, das dauert etwa zwei Tage. Rötung und Schwellung der Scham verschwinden ebenso wie die Schleimsekretion. Duldungsreflex zeigen die Sauen jetzt nicht mehr, einzelne Sauen bleiben jedoch mehrere Tage unruhig.Auf den Eierstöcken bilden sich Gelbkörper, die zur Aufrechterhaltung der Trächtigkeit das Schutzhormon Progesteron ausschütten. Wenn sich bis zum 15. Zyklustag keine Embryonen im Uterus eingenistet haben, erfolgt die Rückbildung der Gelbkörper. Dann reifen erneut Follikel bis zur Ovulation heran.
Zwei Rauschekontrollen am Tag:
Insbesondere bei der künstlichen Besamung, die in Deutschland mittlerweile mehr als 90 % der Belegungen ausmacht, müssen Vor- und Hauptbrunst vom Tierhalter intensiv beobachtet werden. Eine engmaschige Überwachung der rauschenden Sauen im Deckzentrum ist daher unerlässlich.Bei künstlicher Besamung hat es sich bewährt, die Rauschekontrolle mindestens zweimal pro Tag durchzuführen, am besten immer zu festen Tageszeiten. Ideal ist die Zeit nach dem Füttern. Bei Sauen, die mittwochs abgesetzt werden, startet die Kontrolle idealerweise bereits Sonntagmorgen. So ist sichergestellt, dass auch früh rauschende Sauen rechtzeitig erkannt werden. Während der Kontrolle sollte immer ein Sucheber zur Unterstützung vor den Sauen auf und ab laufen.
Bei der Rauschekontrolle muss die Sau durch den Landwirt gezielt stimuliert werden. Hierbei ist eine feste Arbeitsreihenfolge einzuhalten:
- Kontaktaufnahme: Der Rücken der Sau wird betastet und gekrault.
- Flankendruck: Eine Hand drückt auf den Rücken der Sau, das Knie drückt sanft gegen die Flanke.
- Flankengriff: Die Kniefalte der Sau wird mit der Hand mehrmals kräftig nach oben gezogen.
- Rückendruck: Mit beiden Hand-flächen wird Druck auf den Rücken der Sau ausgeübt.
- Reittest: Der Betreuer setzt sich auf die Sau und drückt die Stiefelabsätze sanft in die Flanke der Sau.
Früh-, Normal-, Spätrauscher:
Duldet die Sau (positiver Reittest), erfolgt einige Stunden später die Besamung. Mit den besten Befruchtungsergebnissen ist zu rechnen, wenn die Belegung 16 Stunden vor der Ovulation bis maximal 4 Stunden danach erfolgt. Im Idealfall besamt man die Sau zweimal im Abstand von 18 Stunden.Bei einer früheren bzw. späteren Besamung wird das Befruchtungsergebnis schlechter. Eine zu späte Besamung kann sogar weitere Probleme hervorrufen: Aufgrund der geringeren Abwehrbereitschaft der Ge-bärmutterschleimhaut können z. B. Erkrankungen im Geschlechtsapparat auftreten.
In Praxisbetrieben ist immer wieder zu beobachten, dass die Sauen einer Absetzgruppe selten zur gleichen Zeit Rauschesymptome zeigen. Die Ausprägung und Dauer der Brunst schwankt teilweise um mehrere Tage. Und dieses individuelle Brunstverhalten der Tiere muss beim Besamungsmanagement berücksichtigt werden:
- Frührauscher zeigen be-reits drei Tage nach dem Absetzen erste Rauschesymptome (Eberduldung). Die Brunst ist in der Regel stark ausgeprägt und hält bis zu vier Tage an. Der Zeitabstand zwischen Brunst-beginn und Ovulation/Eisprung ist meistens größer als bei normal bzw. spät rauschenden Tieren. Früh rauschende Sauen sollten erstmals 16 Stunden nach dem positiven Reittest besamt werden, die zweite Besamung erfolgt etwa 12 bis 18 Stunden später. Bei diesen Tieren hat sich zudem eine dritte Besamung innerhalb von 18 Stunden bewährt, falls der Reittest noch positiv ist (siehe Übersicht 2).
- Normalrauschige Sauen dulden den Eber frühestens fünf Tage nach dem Absetzen, die Zeitspanne zwischen Brunstbeginn und Ovulation beträgt etwa zwei Tage. Die Erstbesamung sollte etwa 12 bis 16 Stunden nach dem positiven Reittest erfolgen, die zweite Besamung 18 Stunden später.
- Spätrauschige Sauen „stehen“ erst etwa sechs Tage nach dem Absetzen. Die Duldungsphase ist meist kurz, die Ovulation erfolgt verhältnismäßig früh. Die Erstbesamung sollte bereits 12 bis 16 Stunden nach dem positiven Reittest erfolgen. Eine zweite Besamung ist in den meisten Fällen nicht erforderlich, wenn der Reittest allerdings positiv ist, sollte 12 Stunden später nachbesamt werden.