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Teilschäden sauber abrechnen!

Lesezeit: 7 Minuten

Lassen Sie sich bei Teilschäden von Ihrem Vermarkter nicht über den Tisch ziehen! Worauf Sie achten müssen, erläutert Christa Niemann vom Deutschen Bauernverband.


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Kein Mäster ist erfreut, wenn Teilstücke seiner Schweine am Schlachtband verworfen werden, weil sie Verletzungen oder Entzündungen aufweisen. Denn diese Teilschäden können richtig ins Geld gehen. Wird z. B. der Schinken eines Schweines beanstandet, schmälert das den Erlös für das jeweilige Tier um bis zu 25 %!


Ganz besonders ärgerlich ist es jedoch, wenn Mäster von ihrem Vermarktungspartner für ein und dasselbe verworfene Teilstück gleich doppelt und dreifach zur Kasse gebeten werden. Landwirt Rainer Grunert (Name geändert) ist es kürzlich genau so ergangen.


Abrechnung undurchsichtig:

Bereits beim Verladen der Schweine war Gru-nert klar, dass es Beanstandungen geben würde. Denn ein Tier war von seinen Buchtengenossen an den Tränkenippel gedrückt worden und hatte sich dabei am Schinken verletzt. Ein anderes Schwein wies eine Verletzung an der Schulter auf, und ein drittes hatte Fundamentprobleme.


Als Grunert einige Tage später die Schlachtabrechnung in den Händen hielt, waren auf dem Deckblatt tatsächlich drei Schweine aufgelistet, bei denen Abzüge vorgenommen worden waren. Für alle drei Teilschäden wurden ihm pauschal 50,60 € „Entsorgungskosten“ in Rechnung gestellt.


Das war ärgerlich, ließ sich im Nachhinein aber nicht mehr ändern. Grunert entschloss sich, die Tränkenippel im nächsten halben Jahr Stück für Stück gegen Tränken mit Abweisbügeln auszutauschen, um derartige Verletzungen am Schinken künftig zu vermeiden.


So weit, so gut. Als der Mäster am Wochenende die Wiegelisten und die Einzeltierauswertungen genauer unter die Lupe nahm, stieß er allerdings auf weitere Ungereimtheiten.


Zur besseren Übersicht sind die drei Tiere mit den Teilschäden in Über-sicht 1 noch einmal im Detail aufgelistet. Bei Schwein 1 war der Schinken beanstandet worden, bei Schwein 2 die Schulter (ausgeschältes Vorderviertel) und bei Schwein 3 das Hinterbein, in der Abrechnung als Eisbein bezeichnet.


Der Blick in die Wiegeliste zeigte Grunert, dass die Schlachtgewichte der drei beanstandeten Schweine nicht vor dem Abschneiden der verworfenen Teilstücke erfasst wurden, sondern danach. Zu den auf dem Deckblatt ausgewiesenen „Entsorgungskosten“ muss man den „Rohstoffwert“ der entfernten Teilstücke noch hinzurechnen.


Beispiel: Bei Schwein 1 wurden mit dem beschädigten Schinken 16,5 kg weggeschnitten. Vorher wog der Schlacht­körper 108,1 kg, danach waren es nur noch 91,6 kg. Multipliziert mit dem Auszahlungspreis in Höhe von 1,62 € (Basispreis + MFA-Zuschlag) ergibt sich durch den Gewichtsabzug ein Schaden von 26,90 €.


Bei Schwein 2 wurden mit dem Ausschälen der Schulter 5,2 kg entfernt und bei Schwein 3 mit dem Wegschneiden des Eisbeins 2,1 kg Schlachtgewicht. Multipliziert mit dem Auszahlungspreis in Höhe von 1,63 € (ohne Schinkenabzug) entspricht das weiteren Verlusten in Höhe von 8,48 € (Schwein 2) bzw. 3,42 € bei Schwein 3. In Summe fehlen Mäster Grunert zusätzlich zu den 50,60 € Entschädigungskosten somit weitere 38,80 € beim Erlös – allein durch das Wegschneiden der beschädigten Teilstücke.


Und es hätte sogar noch schlimmer kommen können. Wenn das Schlacht­gewicht von Schwein 1 durch das Ent­fernen des Schinkens unter 86 kg gesackt wäre, würden ihm für das komplette Schwein maskenbedingt 1 ct/kg Schlachtgewicht abgezogen (siehe Übersicht 2). Unter 73 kg Schlachtgewicht wären es sogar 3 Cent.


Zusätzlicher Schinkenabzug:

Doch es geht noch weiter. Denn Grunerts Vermarkter rechnet nach einer sogenannten Kombimaske (Übersicht 2) ab, die Kriterien der FOM- und der AutoFOM-Klassifizierung kombiniert. Zur Bewertung des Schlachtkörpers werden nicht nur das Schlachtgewicht und der Muskelfleischanteil berücksichtigt, sondern auch das Schinkengewicht.


Im Klartext: Wie bei der AutoFOM-Klassifizierung wird das Schinkengewicht anhand des Schlachtgewichtes geschätzt. Und da sich das Schlachtgewicht durch das Entfernen der beanstandeten Teilstücke vermindert hat, werden auch die Schinken jetzt leichter geschätzt, obwohl sie das eigentlich gar nicht sind.


Das kostet Landwirt Grunert bei Schwein 1 und 2 jeweils fast 1 €. Das ist zwar nicht alle Welt. Aber Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist. Nur bei Schwein 3 hatte das Entfernen des Eisbeins keine Auswirkungen auf das Schinkengewicht.


Mit weitaus größeren Summen schlägt ein anderer Abzug zu Buche, den Grunert erst nach genauem Hinsehen entdeckt. Ihm fällt auf, dass er für die drei Schweine mit den Teilschäden nicht den vollen Basispreis von 1,62 € bekommt, sondern nur 1,42 €. Und das, obwohl die drei Tiere einen ähnlich hohen Muskelfleischanteil aufweisen wie die übrigen Tiere der Lieferpartie. Was steckt dahinter?


20 ct/kg für wertvolle Teilstücke:

Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben, wie Teilschäden zu verrechnen sind. Es hat sich in der Praxis jedoch eingebürgert, bei wertvollen Teilstücken, zu denen neben dem Schinken und Lachs inzwischen auch die Schulter gehört, zusätzlich zum Wegschneiden des beanstandeten Teilstücks auch noch das verbleibende Schlachtgewicht mit einem 20 Cent-Strafabzug zu belegen. Denn für wertvolle Teilstücke erlöst man im Verkauf ja mehr als nur den Basispreis.


Bei Schwein 1 beträgt das Restschlachtgewicht nach Abzug des Schinkens 91,6 kg. Multipliziert mit 20 Cent je kg errechnet sich ein zusätzlicher Abzug in Höhe von 18,32 €. In Summe werden Grunert für den verworfenen Schinken also 46,14 € vom Erlös des Schlachtschweines abgezogen (siehe Übersicht 1).


Bei der beanstandeten Schulter von Schwein 2 summieren sich die 20 Cent zu einem Abzug in Höhe von 18,70 €. Und unter dem Strich schlägt die Schulterverletzung mit 28,12 € zu Buche.


Spannend wird es dann wieder bei Schwein 3, dem Tier mit den Fundamentproblemen. Denn hier mutiert ein Eisbein plötzlich zu einem wertvollen Teilstück, für das der Vermarkter Gru-nert 20,14 € in Rechnung stellt. Diese Summe steckt sich der Vermarkter in die eigene Tasche!


Unter dem Strich summieren sich die Abzüge für die drei Teilschäden auf 97,82 €. Zusammen mit der bereits anfangs erwähnten „Entschädigung“, die der Vermarkter bereits auf dem Deckblatt in Rechnung gestellt hatte, ergibt sich ein Gesamtschaden von 148,42 €. Das entspricht bei den derzeitigen Preisen dem Wert eines kompletten Mastschweins!


Übersicht 3 zeigt das Ausmaß der Teilstückabzüge, wenn die gleichen drei Schweine nach AutoFOM abgerechnet worden wären. Die dabei zugrunde gelegte AutoFOM-Maske ist in Übersicht 4 dargestellt.


Höhere Abzüge bei AutoFOM?

Der Vergleich verdeutlicht: Die AutoFOM-Abrechnung auf Basis der wertvollen Teilstücke führt bei Schwein 1 zu einem noch höheren Abzug als bei FOM-Vermarktung. Denn bei diesem Tier wurde der gesamte Schinken verworfen. Und Schinken plus Lachs machen unter dem Strich mehr als 60 % des Wertes eines Mastschweines aus.


Bei Schwein 2 würde die Entschädigungssumme bei AutoFOM-Vermarktung dagegen um 1,62 € geringer ausfallen. Und bei Schwein 3 macht es überhaupt keinen Unterschied, ob das Tier nach FOM oder AutoFOM abgerechnet wird. Aber auch hier gilt: Das Bein gehört auf keinen Fall zu den wertvollen Teilstücken des Schweines.


Das Beispiel von Mäster Rainer Grunert verdeutlicht, dass es sich lohnt, auch bei Teilschäden genau nachzurechnen. Versuchen Sie, anhand der Wiegelisten herauszubekommen, welches Gewicht Ihnen für die Teilschäden vom Schlachtgewicht abgezogen wurde. Prüfen Sie, welche Teilstücke Ihnen als wertvoll in Rechnung gestellt wurden. Lassen Sie sich dabei kein Eisbein als Schinken unterjubeln! Und achten Sie darauf, dass Sie für ein und dasselbe verworfene Teilstück nicht mehrfach zur Kasse gebeten werden. Fallen Ihnen Ungereimtheiten bei der Abrechnungskontrolle auf, sollten Sie die offen bei Ihrem Vermarkter ansprechen. Holen Sie sich bei Bedarf Rat bei unabhängigen Vermarktungsexperten des Bauernverbandes, der ISN, der Landwirtschaftskammer oder Ihres zuständigen Landwirtschaftsamtes.


Am besten regeln Sie bereits im Vorfeld mit Ihrem Vermarkter klipp und klar, wie Teilschäden in Zukunft ab­gerechnet werden sollen. Entscheidend ist, dass die Abrechnung transparent und nachvollziehbar ist. Das ist eine Frage des fairen Umgangs miteinander. Und wenn ihr Marktpartner das nicht will oder sich nicht an die zuvor vereinbarten Vorgaben hält, sollten Sie im Zweifelsfall die nötigen Konsequenzen daraus ziehen!-lh-

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