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top agrar-Serie: Stallkonzepte der Zukunft - Ab in die Wanne

Lesezeit: 6 Minuten

Kann man Sauen und Ferkel in mobilen Kunststoffwannen halten und sie computergesteuert umsetzen? Man kann, sagen holländische Tüftler. top agrar erhielt einen exklusiven Einblick in ein völlig neues Stall- und Hygienekonzept.


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Ein ernst zu nehmendes Problem in der Schweinehaltung ist die Keimbelastung und Keimverschleppung im Gebäude. Güllekanäle z. B. kann man unmöglich nach jedem Durchgang blitzblank säubern. Außerdem läuft das Betreuungspersonal täglich durch die Stallabteile und Buchten, um die Tiere zu versorgen. Dabei werden massenhaft Keime verschleppt.


„Weil wir die Hygiene nicht hundertprozentig im Griff haben, baut sich mit der Zeit ein enormer Erregerdruck auf“, erklärt Victor van Wagenberg, Hygienefachmann der Firma Schippers. „Diese Hygieneprobleme müssen wir aber in den Griff bekommen, denn der Verbraucher fordert weniger Arzneimitteleinsatz in der Tierhaltung.“


Doch wie kann das gelingen, fragten sich van Wagenberg und seine Mitstreiter Mart Smolders, Mark Schippers und Erik Helmink? Die Lösung sahen die Experten in der Entwicklung eines ganz neuen Stallkonzeptes für laktierende Sauen und Absetzferkel.


HyCare-Konzept entworfen:

Im Juni 2012 entstanden die ersten Skizzen des sogenannten HyCare-Konzepts. Hy ist eine Abkürzung für „Hygiene“. Care heißt auf deutsch „Versorgung“ bzw. „Betreuung“. Der Name soll also signalisieren, dass mit dem neuen Konzept die Hygiene im Stall und die Betreuung der Tiere optimiert werden sollen.


Die Grundidee war von Anfang an, die Sauen und Ferkel während der Laktation in mobilen Transportwannen aufzustallen, die dann mithilfe von computergesteuerten Plattformwagen (Transport-Dollys) automatisch in die Stallbereiche fahren. Auch der Landwirt soll die Sauen nur mithilfe der Transport-Dollys erreichen und nicht mehr durch den Stall laufen müssen. So will man Erreger-Verschleppungen verhindern. Im Idealfall soll der Betreuer nicht einmal mehr in die Bucht hineinsteigen müssen.


„Man muss sich das wie in einem Containerhafen vorstellen. Die Sauen und Ferkel werden in ihren Wannen computergesteuert in den Stallbereich gefahren, wo es der Landwirt wünscht“, verdeutlicht Victor van Wagenberg das Grundprinzip.


Fünf Stallbereiche:

Was sich zunächst eher wie eine unglaublich futuristische Zukunftsvision anhört, ist mittlerweile Realität. Der erste Prototyp läuft, er gliedert sich in fünf Haltungsbereiche:


  • zentraler Abferkelraum,
  • Laktationsabteile,
  • zentraler Behandlungsraum,
  • Gülleablasszone und
  • Waschmaschinenraum.


Fünf Tage vor der Geburt wird die Sau vom konventionellen Wartestall in ihre HyCare-Wanne eingestallt. Die 1,90 m breite und 2,60 m lange Box mit Ferkelschutzkorb besteht aus weißem Kunststoff und hat eine Seitenhöhe von ca. 1 m. Am hinteren Ende befindet sich die einzige Öffnung.


Jede Wanne verfügt über einen 15 cm flachen Güllekeller. Die Sauen stehen auf kunststoffummanteltem Drahtgitterboden, der Ferkelschutzkorb ist Standard. Wer will, kann sich natürlich auch für ein anderes Bodenmaterial entscheiden bzw. den Ferkelschutzkorb seiner Wahl einbauen.


Sobald alle Sauen in ihren Wannen stehen, werden diese mithilfe der Transport-Dollys in den zentralen Abferkelraum gefahren. Hier stehen die Kunststoffboxen nebeneinander auf Podesten und sind von drei Seiten frei zugänglich. „Das ist wichtig, weil man keine Wanne betreten muss und so die Hygiene optimiert wird“, erklärt Victor van Wagenberg ein wichtiges Hygienedetail bei der Betreuung der Geburten.


Säugen im Hochregal?

Fünf Tage nach der Geburt der Ferkel holt der Transport-Dolly die Wannen samt Sau und Ferkeln ab und fährt diese in die sogenannten Laktationsabteile. Dort bleiben die Tiere bis zum Ende der Säugezeit.


Im Prototypen-Stall stehen zwei Wannenreihen übereinander, das spart Platz. Das Futter gelangt über Fallrohre in den Trog. Die Volumendosierer sitzen außerhalb des eigentlichen Abteils in einem 80 cm breiten Vorraum. Von hier aus gelangt auch die Frischluft über Pendelklappen zu den einzelnen Sauen.


Ob das Konzept später in der Praxis auch so aussehen wird, steht noch nicht fest. „Derzeit arbeiten wir noch an vielen Feinheiten. Wir wollen vor allem testen, ob die doppelstöckige Aufstallung der säugenden Sauen wirklich sinnvoll ist“, erklärt Erik Helmink.


Behandlungszentrale:

Zur Behandlung einzelner Tiere oder ganzer Würfe bringt der Transport-Dolly die entsprechende Wanne samt Tieren in den zentralen Behandlungsraum.


Der Clou: Die kompletten Wannen können seitlich leicht gekippt werden, sodass alle Ferkel zu einer Seite rutschen. „Das ist sehr praktisch, denn die Ferkel gleiten einem langsam entgegen“, beschreibt Victor van Wagenberg ein hilfreiches und nützliches Detail der Entwicklungsarbeit.


Um die Ammoniakbelastungen im Stall zu senken, haben sich die holländischen Tüftler noch etwas Besonderes einfallen lassen. Regelmäßig holt der Transport-Dolly die einzelnen Wannen aus ihren Parkpositionen und fährt diese zur sogenannten „Schweinetoilette“, die im Prototypen-Stall außerhalb der eigentlichen Stallabteile installiert ist. Dort wird die Gülle vollautomatisch abgelassen, bevor die Wanne samt Tieren wieder zurückfährt.


Intensiv arbeitet das holländische Team derzeit an der Entwicklung einer automatischen Waschmaschine für die Kunststoffwannen. Sobald die Sauen ausgestallt sind, sollen die Boxen voll-automatisch gereinigt werden. Und weil das Reinigungswasser nicht mehr in die Gülle gelangt, kalkulieren die Hy-Care-Experten mit einem um 30 % geringeren Flüssigkeitsanfall!


Mehr Arbeitsqualität:

Aber nicht nur die Tiere, auch das Stallpersonal soll von dem neuen Haltungskonzept profitieren. „Wir glauben, dass die Arbeit durch HyCare leichter wird, weil der Landwirt nicht mehr tausende von Metern täglich zu Fuß durch den Stall laufen bzw. über die Buchtenwände klettern muss“, ist sich Victor van Wagenberg sicher.


Doch wie wird dann die tägliche Tierkontrolle sichergestellt? Die Idee ist, dass der Landwirt bzw. seine Mit-arbeiter mithilfe der Transport-Dollys zu den einzelnen Wannen fahren. Vor Ort wirft man dann einen Blick auf die Tiere.


Müssen einzelne Ferkel oder Sauen behandelt werden, tippt man die entsprechende Sauennummer in ein Handterminal ein. Der Computer fährt die entsprechende Wanne dann zum Behandlungsraum. „Vieles kann man sich derzeit vielleicht nur schwer vorstellen. Wir sind aber sicher, dass wir unser Konzept zur Praxisreife bringen“, lässt Victor van Wagenberg keine Zweifel aufkommen.


Stellt sich noch die Kostenfrage. Ab 1 000 Sauen soll das Konzept nicht teurer sein als ein konventioneller Stall, heißt es dazu bei der Firma Schippers. Man darf gespannt sein, ob der Preis wirklich zu halten ist.


Marcus Arden

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