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top agrar- Umfrage - Initiative Tierwohl: Jeder Vierte will teilnehmen

Lesezeit: 8 Minuten

Ist die Initiative Tierwohl richtig und sinnvoll? Würden Sie teilnehmen? Glauben Sie, dass der Handel auch langfristig für mehr Tierwohl zahlt? top agrar hat seine Leser befragt.


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Das Thema Tierwohl bewegt die Deutschen. Überall im Land protestieren Bürgerinitiativen gegen den Bau neuer Schweineställe, gleichzeitig organisieren Tierschutzverbände Großkundgebungen mit zum Teil mehreren zehntausend Teilnehmern. Anfang Januar haben laut Veranstalter in Berlin bis zu 30 000 Menschen ihren Unmut über die angebliche Industrialisierung in der Tierhaltung geäußert. Auch in den Medien wird das Thema gerne benutzt, um Quote zu machen.


Und die Branche? Sie steht dem Treiben bislang fast ohnmächtig gegenüber. Doch das soll sich bald ändern. Landwirtschaft, Schlachtbranche und Lebensmittelhandel wollen mit der „Initiative Tierwohl“ Boden gutmachen und Vertrauen beim Verbraucher zurückgewinnen. Gemeinsam will man das Tierwohl in deutschen Ställen voranbringen und den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen.


Das Konzept klingt simpel: Schweinehalter suchen sich aus einem umfangreichen Katalog mehrere Tierwohl-Kriterien aus, die sie in ihrem Betrieb umsetzen möchten. Für jedes Kriterium fließt ein finanzieller Bonus. Die Mehrkosten will der Lebensmittelhandel an der Ladentheke refinanzieren.


Doch was halten die Praktiker von der Idee? Ist die Initiative Tierwohl die richtige Antwort auf die gesellschaft-liche Forderung nach mehr Tierwohl? top agrar wollte es genauer wissen und hat seine Leser in einer großen Umfrage um ihre Meinung gebeten. Mehr als 360 Schweinehalter haben sich beteiligt. Dafür herzlichen Dank!


Konzept kommt an.

Gut 35 % der Umfrageteilnehmer halten die Initiative Tierwohl für richtig und sinnvoll. Die meisten Befürworter meinen, dass die Initiative das Image der Schweinehaltung aufpolieren und die Akzeptanz steigern kann. Weitere Stärken sehen sie in dem ausführlichen Kriterienkatalog, der jedem Betrieb ausreichend Gestaltungsraum lässt.


Viele Umfrageteilnehmer sehen auch einen Vorteil darin, dass es sich um einen branchenweiten Ansatz handelt. Hier sitzen Bauern, Schlachtindustrie und Lebensmittelhandel gemeinsam in einem Boot. Und weil die beteiligten Einzelhandelsunternehmen für mehr als 80 % des deutschen Einzelhandels-umsatzes stehen, sehen die Landwirte die Chance, dass sich das Konzept in Zukunft auf breiter Front durchsetzt.


Rund 28 % der Befragten stehen dem Konzept allerdings nach wie vor kritisch gegenüber. Die Kritiker fürchten vor allem zusätzliche Auflagen, steigende Kosten und mehr Bürokratie. Und sie sind der Meinung, dass die Schweinehalter schon sehr viel für das Tierwohl tun. Vielen Landwirten fehlt zudem ein Kommunikationskonzept, mit dem man beim Endkunden Werbung in eigener Sache machen kann.


37 % der Einsender haben sich noch keine endgültige Meinung gebildet bzw. näher mit dem Konzept beschäftigt. Hier müssen die Initiatoren also noch viel Überzeugungsarbeit leisten.


Jeder Vierte will mitmachen.

Nicht jeder, der die Initiative Tierwohl für sinnvoll hält, würde auch sofort auf den Zug aufspringen. Auch das zeigt unsere Umfrage.


Wie in der Übersicht 1 dargestellt, sprachen sich 26 % der Umfrage-teilnehmer für die Teilnahme aus, 36 % sind noch unentschlossen und 38 % lehnen sie ab.


Was bedeutet das Ergebnis für die Initiatoren? Das Potenzial für eine breite Zustimmung seitens der Landwirte ist durchaus vorhanden. Ziel der Projektbeteiligten muss nun sein, in den nächsten Monaten möglichst viele der noch unentschlossenen Landwirte zu überzeugen. Gelänge dies, könnten tatsächlich wie angestrebt im dritten Jahr nach Einführung rund 20 Mio. Tierwohl-Schweine produziert werden.


Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Zustimmung in Süddeutschland vergleichsweise hoch ist. Der Anteil der Schweinehalter, die teilnehmen würden, ist in Bayern und Baden-Württemberg um 4 %-Punkte höher als im Norden! Das war nicht immer so, denn gerade zu Beginn der Diskussionen gab es erheblichen Gegenwind aus Süddeutschland.


Auffällig ist auch, dass die Zustimmung bei den Mastbetrieben mit über 1 000 Mastplätzen mehr als doppelt so hoch ist wie bei den Betrieben mit unter 1 000 Mastplätzen. Gerade die großen Betriebe sind also interessiert.


Ein eindeutiges Votum gab es bei der Frage, ob man mit der Initiative Tierwohl höhere gesetzliche Standards verhindern kann. Nur 3 % der Landwirte glauben, dass dies gelingt (siehe Übersicht 2). 33 % meinen, dass man schärfere Gesetze zumindest verzögert. 64 % sind allerdings davon überzeugt, dass die Initiative Tierwohl höhere gesetzliche Vorgaben weder verhindert noch verzögert. Die Initiative Tierwohl wirkt eher beschleunigend, weil die Politik die „Tierwohl-Betriebe“ als Machbarkeitsstudie missbraucht, ist sich ein Teilnehmer sogar sicher.


10 % mehr Fläche auf Platz 1:

Wenig Probleme scheinen den Landwirten die Pflichtvorgaben der Initiative zu bereiten. 73 % der Einsender gaben an, dass sie die sieben Grundanforderungen (Block A) bereits heute erfüllen können. In 25 % der Fälle gibt es allerdings Probleme mit der geforderten Fensterfläche von 1,5 %.


Das Konzept sieht zudem vor, dass jeder Teilnehmer mindestens ein Pflichtkriterium (Block B 1) erfüllen muss. Zur Auswahl stehen entweder ein höheres Platzangebot (10, 20 oder 40 %) oder die Gabe von Raufutter.


41 % der Landwirte würden sich für 10 % mehr Platz je Tier entscheiden, 17 % würden sogar ein Fünftel mehr Fläche je Schwein zur Verfügung stellen (siehe Übersicht 3). Das Ergebnis überrascht nicht, denn schließlich lässt sich die höhere Flächenvorgabe ohne Umbaumaßnahmen realisieren. Die Leidtragenden wären die Ferkelerzeuger, da die Nachfrage nach Ferkeln sinken würde.


Eine Überraschung gab es beim Pflichtkriterium Raufutter. Satte 25 % der Umfrageteilnehmer würden ihren Tieren Raufutter anbieten und dafür einen Boni kassieren wollen. Sie erhoffen sich davon mehr Ruhe im Stall und weniger Probleme mit Beißereien.


Organisches Beschäftigungsmaterial ist bei den Schweinehaltern auch der Favorit, wenn es um die Wahl der freiwilligen Zusatzkriterien (Block B 2)geht. Die meisten Landwirte würden sich für die Gabe von „Knabbermaterialien“ entscheiden. Auf den weiteren Plätzen folgen „Scheuermöglichkeit“, „Jungebermast“, „Saufen aus offener Fläche“, „automatische Luftkühlung“ und „vierwöchige Säugezeit“.


Mehr als deutlich fiel das Umfrageergebnis in Bezug auf das Sonderkriterium „Ringelschwanz“ (Block C) aus. 82 % gaben an, dass sie im Rahmen der Initiative Tierwohl nicht auf das Kupieren der Ferkelschwänze verzichten würden. Den meisten Landwirten ist das Risiko derzeit wohl zu groß, sie befürchten zunehmenden Kannibalismus im Stall.


Investitionsbereitschaft fehlt.

Sind die von Ihnen ausgewählten Kriterien ohne Umbaumaßnahmen realisierbar? Auf diese Frage antworteten 46 % der Teilnehmer mit ja und 49 % mit nein. Knapp die Hälfte der Landwirte hat also einen Weg gefunden, die Kriterien so zu kombinieren, dass Umbaumaßnahmen überflüssig sind.


Wie wichtig das für die Landwirte ist, zeigt die nächste Auswertung. Mehr als drei Viertel der Umfrageteilnehmer wären derzeit nicht bereit, ihre Schweineställe für die Initiative Tierwohl umzubauen (vergleiche Übersicht 4). Die relativ kurze, nur dreijährige Zahlungszusage des Lebensmitteleinzelhandels hält viele Schweinehalter offenbar von teuren Investitionen ab. Denn auf so kurze Zeit können diese nicht abgeschrieben werden.


Nur 22 % der Umfrageteilnehmer würden das Risiko hingegen eingehen und trotz der nur dreijährigen Finanzgarantien Umbaumaßnahmen im Schweinestall durchführen.


Wenig Hoffnung haben die Tierhalter, dass der Lebensmittelhandel auch in Zukunft Geld für Tierwohlmaßnahmen zur Verfügung stellt. So sind sich 87 % der Umfrageteilnehmer sicher, dass nach drei Jahren Schluss ist mit der finanziellen Wohltätigkeit des LEH (siehe Übersicht 5). Nur 11 % der Schweinehalter gehen davon aus, dass die Boni langfristig fließen. Das Vertrauen in den Handel ist also noch äußerst gering.


Knapp die Hälfte der Landwirte findet übrigens, dass die Boni zu knapp kalkuliert sind. Das lässt sich unter anderem damit erklären, dass die Boni auf Grundlage der durchschnittlichen Deckungsbeiträge kalkuliert wurden. Die 25 % besten Betriebe erzielen zum Teil deutlich höhere Deckungsbeiträge, für diese Betriebe reichen die Boni also nicht aus. Und möglicherweise haben aus dieser Gruppe überproportional viele Landwirte an der Umfrage teilgenommen.


Immerhin gut 20 % der teilnehmenden Landwirte halten die Bonuszahlungen für ausreichend und 33 % haben sich anscheinend noch keine Meinung gebildet bzw. kalkuliert, ob die Boni ihre Mehrkosten decken.


Zahlen die Bauern die Zeche?

Skeptisch bleiben die Schweinehalter, wenn es um die Frage geht, ob die Initiative Tierwohl mittelfristig doch Auswirkungen auf die Erzeugerpreise hat.


So befürchtet nahezu jeder fünfte Schweinehalter, dass die Tierwohl-Boni über kurz oder lang doch nicht an die Verbraucher weitergegeben werden und die Erzeuger am Ende auf den Mehrkosten sitzen bleiben. Der Kunde ist sehr preissensibel, der Handel wird es sich daher gar nicht leisten können, Fleisch deutlich teurer zu verkaufen, notierten einige Teilnehmer in der Umfrage. Ein Großteil der Umfrageteilnehmer sieht deshalb die Gefahr, dass sich die Bonuszahlungen in Zukunft eher negativ auf den Vereinigungspreis auswirken werden.


Immerhin 17 % der Umfrageteilnehmer sehen die Situation hingegen entspannter. Sie glauben, dass der LEH die Mehrkosten tatsächlich auf die Verbraucher abwälzt und sein Wort hält, sich das Geld vom Konsumenten zurückzuholen. Marcus Arden

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