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Wie privat sind unsere Ställe wirklich?

Lesezeit: 8 Minuten

Darf das Fernsehen illegale Videos aus Schweineställen senden? Wie kann man eine Ausstrahlung verhindern? Diese und weitere Fragen beantwortet Maike Bartlmae, Fach­anwältin für Urheber- und Medienrecht.


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Ein Filmteam steht unangemeldet vor der Tür. Wie wehrt man die Aufnahmen ab?


Grundsätzlich gilt – ein Kamerateam bzw. ein Reporter benötigt Ihre Einwilligung, um von Ihnen Aufnahmen anzufertigen, auf denen Sie erkennbar sind. Denn jeder Mensch hat das Recht, über seine Persönlichkeit zu bestimmen. Dieses allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch das Recht am eigenen Bild und eigenen Wort. Das bedeutet, dass Sie grundsätzlich einwilligen müssen, wenn man von Ihnen Aufnahmen anfertigen und veröffentlichen will. Sie müssen also bis auf wenige Ausnahmen, z. B. bei Versammlungen, vorher gefragt werden.


Möchten Sie nicht gefilmt oder interviewt werden, sagen Sie ruhig deutlich so etwas wie: „Ich möchte nicht, dass Sie Aufnahmen von mir anfertigen, und ich weise Sie darauf hin, dass ich dafür keine Einwilligung erteile. Schalten Sie die Kamera ab. Und sofern Sie bereits Aufnahmen angefertigt haben, willige ich in eine Veröffentlichung nicht ein.“


Diese Aussage muss der Reporter dann akzeptieren. Bekunden Sie Ihre Ablehnung nicht deutlich genug, laufen Sie Gefahr, dass der Kameramann annimmt, dass Sie mit den Aufnahmen einverstanden sind (konkludente Einwilligung). Da auf Ihrem Betriebsgelände das Hausrecht gilt, dürfen Sie zudem ein Kamerateam, das unangemeldet auf dem Hof auftaucht, von Ihrem Grundstück verweisen.


Auch wenn Sie aufgrund der ungewohnten Situation überrumpelt waren und spontan geantwortet haben, können Sie das Gespräch beenden. Wenn Sie Zweifel bekommen, sagen Sie lieber sofort so etwas wie: „Wissen Sie was: Ich habe Ihnen eben Fragen beantwortet, aber ich merke gerade, dass ich mich völlig überrumpelt fühle. Ich untersage Ihnen die Verwendung der Aufnahmen. Bitte verlassen Sie sofort meinen Hof.“


Aber: Wenn Sie hingegen – mündlich oder schriftlich – in Aufnahmen eingewilligt haben, können Sie nachträglich Ihre Zustimmung zur Ausstrahlung nicht einfach verweigern. Genauso wenig dürfen Sie einzelne Szenen widerrufen, auf denen Sie sich nur unvorteilhaft getroffen fühlen.


Nur in Ausnahmefällen können gute Gründe vorliegen, die Sie berechtigen, nachträglich die erteilte Einwilligung zurückzuziehen. Eventuell wäre eine Überrumpelung an der Haustür solch ein Grund. Das wäre aber letztlich von einem Gericht zu überprüfen.


Dürfen die Reporter von der ­Straße aus filmen?


Ja. Denn Aufnahmen von der Straße unterliegen der sogenannten Panoramafreiheit. Auch gibt es für Häuser und Höfe kein Persönlichkeitsrecht. Das heißt, dass Ihr Betriebsgelände und Ihre Betriebsgebäude von der Straße aus gefilmt werden dürfen. Personen wiederum dürfen nur gefilmt werden, wenn Sie nicht erkennbar sind. Sobald Reporter jedoch das Betriebs-gelände betreten, greift das Hausrecht. Filmen sie hier ohne Ihre Zustimmung, begehen sie gegebenenfalls sogar Hausfriedensbruch.


Darf man die Aufnahmen vor der Ausstrahlung sehen und freigeben?


Journalisten sind nicht dazu verpflichtet, Aufnahmen vor einer Veröffentlichung durch die interviewte Person „absegnen“ zu lassen. Schließlich hat niemand ein Recht darauf, so dargestellt zu werden, wie er das gerne möchte. Das könnte nämlich dazu führen, dass es zur Zensur kommt.


Dennoch räumen manche Journalisten den interviewten Personen ein sogenanntes Autorisierungsrecht ein. Letztlich ist das Verhandlungssache. Wird Ihnen solch ein Recht zugestanden, so fixieren Sie das am besten vorher schriftlich.


Wichtig: Ihre Einwilligung für ein Interview bezieht sich in der Regel immer nur auf einen konkreten Fall, das heißt z. B. für eine bestimmte Sendung. Nichtsdestotrotz sollten Sie die Einwilligungserklärung, die Sie unterschreiben, genau prüfen, um dem Sender nicht doch das Recht einzuräumen, die Aufnahmen pauschal zu verwenden.


Werden die Aufnahmen dennoch für andere Zwecke verwendet, so können Sie Unterlassungs- und gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen.


Im Stall wurde ohne Erlaubnis gefilmt. Warum sendet das Fernsehen die Aufnahmen trotzdem?


Heimliche Aufnahmen, die z. B. ohne Ihr Wissen und Ihre Erlaubnis in Ihren Ställen angefertigt wurden, sind grundsätzlich erst einmal rechtswidrig. Dennoch dürfen sie ausnahmsweise ausgestrahlt werden, wenn das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sowie die Pressefreiheit im konkreten Einzelfall dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vorgehen. Das ist dann das Ergebnis einer Güterabwägung beider Grundrechte.


Letztlich muss das ein Gericht entscheiden. Wofür es aber wiederum einer Klage bedarf. Investigative Journalisten und die Verantwortlichen von Magazinen wie „Report Mainz“ oder „Frontal 21“ nehmen dieses Risiko möglicherweise in Kauf.


In der Vergangenheit gab es einige Fälle aus der Rechtsprechung, die eine Ausstrahlung illegaler Aufnahmen gerechtfertigt haben. Begründung: Die Funktion der Presse ist es auch, Missstände von öffentlicher Bedeutung aufzudecken. Werden diese Missstände durch illegale Aufnahmen bewiesen, ist deren Ausstrahlung gerechtfertigt. Das Nottöten überzähliger Ferkel in der ARD-Sendung „Deutschlands Ferkelfabriken“ vom 14. Juli 2014 stellt solch einen Missstand dar. Denn das Tierschutzgesetz verbietet das Töten überlebensfähiger Tiere.


Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass es in der Regel nicht erlaubt ist, heimlich gedrehte Videos zu zeigen, in denen die rechtlichen Gesetze und Bestimmungen eingehalten werden. Hier ist „nur“ eine kritische Berichterstattung – aber keine Ausstrahlung illegaler Aufnahmen – möglich.


Wie kann man die Aus­strahlung ­verhindern?


Wenn Aufnahmen ohne Ihre Einwilligung entstanden sind, können Sie die Unterlassung der Ausstrahlung beim Sender verlangen. Am besten kontaktieren Sie dazu einen Anwalt. Er kann auch einen Eilantrag bei Gericht einreichen und eine einstweilige Verfügung beantragen. Das geht in bestimmten Fällen auch sehr schnell, z. B. wenn die Ausstrahlung im Fernsehen droht. Entscheiden sich die Richter zu Ihren Gunsten, darf der Sender die Aufnahmen – zumindest in Teilen – nicht veröffentlichen.


In dem Fernsehbeitrag werden falsche Tatsachen über mich behauptet. Wie kann man dagegen vorgehen?


Wenn in dem Fernsehbeitrag Ihre Aussagen verfälscht, entfremdet oder falsch zusammengeschnitten werden, kann eine sogenannte „unwahre Tatsachenbehauptung“ vorliegen. Da dadurch Ihre Rechte, z. B. Ihre Persönlichkeitsrechte, betroffen sind, können Sie auch hier Unterlassungsansprüche – direkt beim Sender oder sofort durch Eilantrag bei Gericht – geltend machen, um weitere Ausstrahlungen oder andere Veröffentlichungen zu verhindern.


Natürlich müssen Sie dann vor Gericht schlüssig darlegen, warum die Tatsachenbehauptung unwahr ist und dadurch Ihre Persönlichkeits­rechte ­verletzt sind. Stimmen die Richter Ihnen zu, verbieten sie entweder ­weitere Ausstrahlungen der Sendung – auch Veröffentlichungen in der Mediathek – oder sie entscheiden, dass betroffene Szenen herausgeschnitten werden.


Zudem ist es möglich, dass der Sender verpflichtet wird, Ihr Gesicht un­kenntlich zu machen (verpixeln). Das ist aber nur der Fall, wenn Sie in ein Interview vorab nicht eingewilligt haben oder vereinbart war, dass Sie unkenntlich gemacht werden.


Sind Sie durch die Sendung finanziell geschädigt worden, können Sie auch Schadensersatzansprüche vor Gericht stellen. Hierbei müssen Sie aber konkret nachweisen, dass der Schaden wirklich durch den Fernsehbeitrag verursacht wurde. Das ist häufig schwierig.


Berichtigungs- oder Gegendarstellungs­ansprüche sind ebenfalls möglich. Bei einer Berichtigung wäre der Sender gezwungen, seine Aussagen zu korrigieren. Bei einer Gegendarstellung erhält man selbst die Möglichkeit, sich zu den unwahren Tat­sachenbehauptungen in bestimmten, meist engen Grenzen zu äußern.


Der Nachteil daran ist jedoch, dass die Ereignisse so am Laufen gehalten werden können, und keine Ruhe einkehren kann. Daher muss man vorher genau abwägen, welche Maßnahmen sinnvoll sind.


Wichtig: Solche Gerichtsverfahren können unter Umständen durch mehrere Instanzen gehen und schnell mehrere tausend Euro kosten, wenn Sie den Prozess verlieren. Deshalb sollten Sie zu Beginn eine Deckungsabfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung stellen – sofern Sie versichert sind – und sich damit vergewissern, ob die Ver­sicherung solche Verfahren abdeckt.


Die Aufnahmen wurden manipuliert. Wie kann man das beweisen?


Szenen nachzustellen bzw. zu manipulieren und dann als wahres Ereignis darzustellen, ist in der Regel rechts­widrig. Im Zivilprozess gilt jedoch der Grundsatz, dass jede Partei die für sie günstigen Umstände beweisen muss. Das heißt, dass Sie dem Richter glaubhaft darlegen und eventuell sogar beweisen müssen, dass die Szenen tatsächlich manipuliert wurden.


Um das nachweisen zu können, sollten Sie Beweise sammeln, zum Beispiel wenn in Ihren Stall nachts eingebrochen wurde und Sie am nächsten Morgen Ungereimtheiten entdecken, beispielsweise geflutete Güllekanäle. Am besten rufen Sie zunächst die Polizei und stellen Anzeige gegen Unbekannt. Beweise können z. B. Fotos, Fingerabdrücke, ­Gutachten von Sachver­ständigen und Zeugen­aussagen sein.


Dürfen heimliche Aufnahmen auch vor Gericht verwendet werden?


Wenn die Aufnahmen nachweisen, dass Landwirte die Tierschutzgesetze miss­achten, so werden sie häufig auch angezeigt. Ob nun die heimlich gedrehten Szenen vor Gericht zu Beweiszwecken verwertet werden dürfen, hängt auch hier vom Einzelfall ab. Es ist aber durchaus möglich.


Wo findet man Unter­stützung?


Bei Fragen, die das Persönlichkeitsrecht etc. betreffen, können Sie neben Ihrem Hausanwalt auch spezialisierte Fachanwälte kontaktieren. Eventuell haben auch die Verbände entsprechend ausgebildete Fachkräfte.


Fachanwälte für Urheber- und Medienrecht sind speziell im Presse- und Persönlichkeitsrecht ausgebildet und verfügen über nachgewiesene praktische Erfahrung auf dem Rechtsgebiet. Man findet sie über die Listen der Rechtsanwaltskammern oder im Internet.


Fragen Sie vorab nach, was ein Erstberatungs­gespräch kostet. Selten werden es mehr als 200 € sein. Im Gespräch überlegt man dann die weitere Vorgehensweise.

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