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Fleischgesetz-Entwurf: "EZG sollten verbindliche Mindestpreise festlegen"

Laut einem Gesetzesantrag sollen künftig anerkannte Vereinigungen von Erzeugerorganisationen für Schlachttiere die Ermächtigung erhalten, Mindestabgabepreise für Schlachttiere verbindlich festzulegen.

Lesezeit: 7 Minuten

Aus Baden-Württemberg kommt am Freitag ein diskussionswürdiger Gesetzesantrag in den Bundesrat. Laut Entwurf der Landesregierung soll das Fleischgesetz den anerkannten Vereinigungen von Erzeugerorganisationen die Möglichkeit geben, für ihre zugehörigen Erzeugerorganisationen und deren angeschlossenen Erzeuger verbindliche Mindestpreise pro Kilogramm Schlachtgewicht für Fleisch festzusetzen.

Dadurch könne dem strukturellen Ungleichgewicht auf den Fleischmärkten besser begegnet werden, heißt es. Durch die Festlegung eines Mindestverkaufspreises innerhalb einer Erzeugervereinigung werde eine unternehmensinterne Entscheidung gefällt, die andere Wettbewerber, beispielsweise Erzeuger, Verarbeiter des Fleisches oder der Lebensmitteleinzelhandel, nicht bindet.

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Damit die Mindestpreisbindung im Einklang mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfolgen kann, muss in diesem eine Ausnahme für die Preisbindung im Fleischgesetz geregelt werden, argumentiert Baden-Württemberg.

Keine Alternativen

Alternativen bestehen laut dem Land keine. Die Einführung des Instruments einer Mindestpreisbindung auf Erzeugerebene könne nur durch eine Änderung des Fleischgesetzes und des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen EU-rechtskonform umgesetzt werden.

Die durch die anerkannte Vereinigung von Erzeugerorganisationen bestimmten Mindestpreise im Fleischsektor könnten zu einer Verteuerung der Fleischprodukte für die Bürger führen, weil der Lebensmittelhandel, um seine Gewinnmargen konstant zu halten, bestrebt ist, die ggf. höheren Einkaufspreise mit einer entsprechenden Anhebung der Endverkaufspreise auszugleichen.

Dabei wird die letztendliche Bildung von verschiedenen Verbraucherpreisen wie bisher im Wesentlichen von weiteren Faktoren, wie der mengenmäßigen Nachfrage nach einzelnen Teilstücken, pflanzenbasierten Alternativen und auch der Entwicklung auf überregionalen Märkten, abhängig sein.

Zwar entsteht auch für die Vereinigung von Erzeugerorganisationen ein Mehraufwand. Trotzdem werde eine Preisfestsetzung einhergehend mit der erforderlichen Bündelung, Steuerung und Weiterentwicklung des Angebots sich positiv auf die Erlössituation der Erzeuger auswirken, glaubt Baden-Württemberg. Zudem sei mit einer Reduzierung des Marktrisikos und mit einer verbesserten Marktstellung zurechnen.

Der Bundesrat berät am 12. Februar über den Vorschlag.

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VDF: Zwang zu Tierwohlmaßnahmen gar nicht umsetzbar

Dr. Heike Harstick, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes der Fleischwirtschaft (VDF), erklärt dazu gegenüber top agrar, dass der Vorschlag von der Annahme ausgeht, dass sich pro Tierart oder Tierkategorie (Schwein, Bulle, Kalb etc.) idealerweise eine einzige Vereinigung sämtlicher Erzeugergemeinschaften herausbilden wird, der die weit überwiegende Mehrheit der landwirtschaftlichen Tierhalter (z.B. Schweinemäster) angeschlossen ist.

Diese Vereinigung setzt dann zentral den Mindestabgabepreis für die Tierart - orientiert an den Produktionskosten - fest. Damit dürfte anschließend kein Tierhalter seine Tiere unter dem Mindestpreis an einen Schlachtbetrieb verkaufen. Es sei denn, er gehört keiner Erzeugergemeinschaft an oder er tritt aus der Erzeugergemeinschaft aus.

Mit dem erhöhten Erlös sollen die Tierhalter dann in Tierwohlmaßnahmen investieren. Wie dieser in der Vorlage genannte Zwang zur Ausrichtung auf die Verbrauchererwartungen allerdings erfolgen soll, bleibt laut Harstick offen. Sie vermutet, dass die Erzeugergemeinschaften entsprechende Verpflichtungen zu Tierwohlinvestitionen für ihre Mitglieder vorsehen müssen.

„Wenn die Mindestpreisbindung mit einem Zwang zu Tierwohlmaßnahmen verbunden ist - wie auch immer dieser Zwang erzeugt wird – müssten auch die vom Gesetzgeber gewollten Tierwohlmaßnahmen oder Tierhaltungskriterien festgelegt werden und ein Kontrollsystem darüber wachen, dass diese wie vorgesehen umgesetzt werden. Ansonsten wird das Gesetz sein Tierwohlziel nicht erreichen können“, kontert die Geschäftsführerin.

Ob sich ein Mindestpreis, der über dem ohne diese Regelung sich ergebenden Marktpreis liegt, überhaupt im Markt durchsetzen kann, hängt nach Beurteilung des VDF zum einen von der Anzahl der Tierhalter (Tierbestand) ab, die der Preisbindung unterliegen. Zum anderen könne das vorgesehene Modell nur funktionieren, wenn das Fleisch zu entsprechend höheren Preisen verkauft werden kann, so dass die Spanne für die Schlachtunternehmen und Fleischvermarkter zumindest unberührt bleibt, heißt es.

D.h. die inländischen Geschäftskunden dürften nicht auf günstigere Ware aus den EU-Partnerländern ausweichen und das deutsche Fleisch müsste mit den erhöhten Preisen im Ausland noch wettbewerbsfähig bleiben. Beides erscheint dem VDF unrealistisch.

"Vorschlag ist als Gegenentwurf zum Borchert-Papier zu werten!"

In dem Entwurfstext deutet sich an, dass die Verfasser mit der Idee der Mindestpreisbindung weitere marktlenkende Maßnahmen verbinden, die sich nach ihren Vorstellungen automatisch ergeben würden: „… wird eine Preissetzung einhergehend mit der erforderlichen Bündelung, Steuerung und Weiterentwicklung des Angebots sich positiv auf die Erlössituation der Erzeugerinnen und Erzeuger auswirken.“ - also Mengensteuerung und Vorgaben für die Tierhaltung.

Trotz dieser marktfernen Vorstellungen vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass ihr Modell der Mindestpreisbindung wesentlich besser geeignet ist die Nutztierhaltung tierfreundlicher zu gestalten und den Tierhaltern ein angemessenes Einkommen zu ermöglichen, als der sogenannte Borchert-Plan, so Harstick weiter. Dies werde in der Begründung des Gesetzentwurfs besonders deutlich, indem eine Fleischsteuer oder eine Sonderabgabe zur Finanzierung von Tierwohl in der Nutztierhaltung wortreich abgelehnt wird.

„Somit muss der Vorstoß aus Baden-Württemberg als Gegenvorschlag zum Borchert-Plan gewertet werden. Auf eine zeitnahe Umsetzung des Borchert-Konzepts drängen allerdings aktuell die Bundesländer Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein“, so die Vertreterin der Fleischbranche.

Ein quasi Mindestpreissystem für Schweine und Geflügel, die mit festgelegten Tierwohlkriterien erzeugt und streng kontrolliert werden, geht mit der Initiative Tierwohl 3.0 gerade an den Start, erinnert Harstick in dem Zusammenhang.

Die organisatorischen Voraussetzungen und das Kontroll- und Sanktionssystem der ITW seien seit sechs Jahren erprobt und funktionieren. „Ein weiterer Vorteil zum baden-württembergischen Vorschlag ist, dass alle Produktionsstufen vertraglich gebunden werden und sich die großen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels in der ITW verpflichtet haben, ihren Fleischbedarf mit „ITW-Fleisch“ (soweit verfügbar) zu decken und dafür einen entsprechend höheren Preis zu zahlen. Mit ITW 3.0 und einem festen Tierwohlaufschlag für ITW-Tiere wird somit ein Sog für Schlachttiere aus definierten Tierwohlhaltungen erzeugt“, erklärt Harstick abschließend.

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Hintergrund

Während die Verbrauchererwartungen hinsichtlich tierwohlgerechter Erzeugung sowie an andere Produktionsparameter kontinuierlich ansteigen, sind die Erzeugerpreise bzw. -erlöse für Fleisch in Deutschland im Durchschnitt der letzten Jahre auf einem vergleichsweise niedrigen und für viele Erzeuger über längere Zeiträume auf einem wirtschaftlich unbefriedigenden Niveau geblieben.

Vom Grundsatz her bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis. Je nachdem wie Angebot und Nachfrage im Ungleichgewicht liegen, wird sich die Preisentwicklung und das damit verbundene Preisniveau entsprechend anpassen bzw. einstellen. Unbeschadet dieser Gesetzmäßigkeit besteht aber eine strukturelle Schieflage im Spiel zwischen Angebot und Nachfrage, wenn eher heterogene landwirtschaftliche Produktions- und Vermarktungsstrukturen einer oligopolistischen Abnehmerstruktur des deutschen Lebensmitteleinzelhandels gegenüberstehen, stellt Baden-Württemberg in dem Gesetzesantrag an den Bundesrat fest.

Vor diesem Hintergrund und auch angesichts der vergleichsweise hohen Produktionsstandards in Deutschland bestehe die Gefahr, dass die von der Gesellschaft geforderten Veränderungen in der Fleischproduktion nicht stattfinden und der erforderliche Investitionsbedarf entlang der entsprechenden Wertschöpfungsketten, vor allem in der Urproduktion, angesichts des verbundenen Investitionsrisikos nicht getätigt wird, heißt es in dem Antrag weiter.

Zu befürchten sei, dass die Tierhaltung in Deutschland immer mehr zurückgeht, was den Selbstversorgungsgrad weiter senkt. Marktanteile gingen verloren bzw. würden durch Import aus anderen Ländern kompensiert, auf deren Produktionsstandards kein Einfluss genommen werden kann. Damit die Erzeuger den steigenden Anforderungen insbesondere beim Tierwohl gerecht werden können, müssten die baulichen und technischen Voraussetzungen geschaffen und finanziert werden und der damit verbundene Mehraufwand sowie der Mehraufwand für den höheren Arbeitszeitbedarf über den Markt durch entsprechende Erzeugerpreise gedeckt werden.

Mit der Einführung des Instruments einer Mindestpreisbindung auf Erzeugerebene, verbunden mit der dazu erforderlichen Bündelung und nachfragekonformen Weiterentwicklung des Angebots, soll letztendlich die erforderliche Stärkung der Angebotsseite befördert werden.

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