Ferkelbalkone für mehr Bewegung, eine Stroharena für tragende Sauen oder ein Kotbereich mit Fließband: Um ihren Schweinen mehr Tierwohl zu bieten, lassen sich Landwirte einiges einfallen. Am Ende muss das gesteigerte Tierwohl aber auch finanziert werden. Beim dritten Fachgespräch der Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) in Bonn haben die am Projekt teilnehmenden Landwirte über ihre Erfahrungen berichtet und ihre vielfältigen Ideen und Haltungskonzepte vorgestellt.
Ideen zur Schweinehaltung der Zukunft
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) bot dazu zum dritten Mal eine Plattform für den Expertenaustausch an. Rund 200 Teilnehmer aus Wissenschaft, Praxis, Politik, der verarbeitenden Industrie und dem LEH diskutierten über Ringelschwänze, die Gruppenhaltung ferkelführender Sauen, die Verbesserung der Haltung von tragenden Sauen sowie über Automatisierungstechniken im Bereich der Ferkelaufzucht und Mast.
MuD-Projekte werden weiter gefördert
„Wir brauchen in Deutschland eine moderne Nutztierhaltung, die gesellschaftlich akzeptiert ist und einen Fokus auf das Wohl der Tiere legt“, erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Gleichzeitig müsse die Tierhaltung jedoch wirtschaftlich tragfähig sein, damit auch in Zukunft Lebensmittel in Deutschland erzeugt werden können. Deshalb seien innovative Betriebsleiter, die neue Haltungskonzepte auf ihre Praxistauglichkeit testen und sich für eine Weiterentwicklung der Schweinehaltung in Deutschland einsetzen, so wichtig, betonte Klöckner. Die MuD-Vorhaben will sie daher auch in den kommenden Jahren mit 6 Mio. € jährlich fördern.
Baugesetz soll geändert werden
Mit Blick auf die damit verbundenen Investitionen betonte die Ministerin: „Mehr Tierwohl kostet mehr Geld und da dürfen wir die Bauern nicht alleine lassen.“ Aus diesem Grund habe das BMEL ein nationales Tierwohlkennzeichen auf den Weg gebracht, das Investitionen in mehr Tierwohl für den Verbraucher sichtbar machen soll. Bei tiergerechten Stallumbauten will die Ministerin die Landwirte zudem finanziell unterstützen. Im Dialog mit MuD-Landwirt Martin Stodal aus Creglingen stellte Klöckner zudem eine Änderung des Baugesetzes in Aussicht. Dadurch will die Landwirtschaftsministerin den Zielkonflikt zwischen Tierschutz und Umweltschutz aus dem Weg räumen. Erste Gespräche mit Bauminister Horst Seehofer hätten bereits stattgefunden, betonte Klöckner.
Tierbeobachtung ist großer Kostenfaktor
BLE-Präsident Dr. Hanns-Christoph Eiden lobte den Austausch und das hohe Engagement der MuD-Landwirte. Sie seien Botschafter für ihre Berufskollegen, neue Wege in puncto Tierwohl zu gehen. Mehr Tierwohl kostet am Ende jedoch auch mehr Geld. Die Frage, wieviel ein Kotelett kosten muss, konnte Linda Mergner vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) den Teilnehmern nicht beantworten. Zu groß seien die Kostenspannen zwischen den einzelnen Betrieben. Vor allem die intensivere Tierbeobachtung und der dadurch erhöhte Arbeitszeitbedarf sei ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor.
Die MuD-Projekte Tierschutz sollen die Lücke zwischen Wissenschaft und Praxis schließen und sind Teil des Bundesprogramms Nutztierhaltung vom BMEL. Seit dem Projektbeginn 2014 wurden tierartübergreifend und bundesweit bereits 250 Betriebe in acht Beratungsinitiativen durch kostenlose Intensivberatung gefördert.