Wie rechnet sich Tierwohl? Stefan Leuer hat sich genauer angeschaut, welche Kosten auf die Landwirte zukommen, wenn sie sich für ein Label entscheiden. Dabei betrachtete er die Initiative Tierwohl (ITW), das geplante staatliche Tierwohllabel und die Anforderungen der Haltungskennzeichnung, die der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) definiert hat. Als Vergleichsbasis setzte er den gesetzlichen Standard. Die Ergebnisse hat er Mittwoch auf der DLG Wintertagung in Münster vorgestellt.
Zentrale Forderung aller Label ist: Mehr Platz für das einzelne Tier. Das ist auch der größte Kostenfresser. Den größten Platzbedarf haben die dritte Stufe des Staatlichen Tierwohllabels und die Anforderungen der Haltungsform Premium, die der Lebensmitteleinzelhandel definiert hat.
Die höchsten Kosten verursacht demnach auch die Haltungsform Premium des Lebensmittelein: 25 €/Mastschwein verlieren die Mäster dort bei 2,8 Umtrieben im Jahr. „Wer die Chance hat, neuzubauen, würde geringere Kosten haben, wenn er auf höhere Tierwohlstandards setzt“, sagt Leuer. Bei der höchsten Stufe im LEH würde das Mehrkosten von 23 €/Mastschwein bedeuten.
Der zweithöchste Kostenpunkt ist die Raufuttervorlage. Diese schreiben bis auf die Stallhaltung Plus und die ITW nur optional alle Labelstufen verpflichtend vor. Neben der Vorlage kostet das vor allem Arbeitszeit. Daher schneidet der Raufutterautomat trotz höherer Anschaffungskosten unterm Strich mit 1,49€/MS besser ab, als der Düsser Wühlturm (1,71€/MS) und die Strohraufe (1,82€/MS).
Insgesamt bedeutet eine höhere Tierwohlstufe mehr Arbeit. Stefan Leuer nannte hier ein Beispiel: Bei einem Sauenhalter mit 250 Sauen (30 Ferkel/Sau/Jahr) bedeutet eine Umstellung von gesetzlichem Standard zu der dritten Stufe beim staatlichen Tierwohllabel 74 % mehr Arbeitsaufwand. „Hätte er vor der Umstellung 2,7 Arbeitskräfte beschäftigt, müsste er nach der Umstellung zwei weitere Arbeitskräfte einstellen. Wo sollen die bei dem aktuellen Fachkräftemangel denn herkommen?“, wundert sich Leuer.
Alle Tierwohllabel bedeuten insgesamt höhere Produktionskosten. Probleme sieht der Berater beim staatlichen Tierwohllabel, da bisher nur Vorschläge zur Finanzierung und Umsetzung vorliegen, die die Politik erst noch umsetzen muss.
Bei der Haltungskennzeichnung steht die Finanzierung über die ITW und andere Markenfleischprogramme. Hier bemängelte er allerdings, dass das System nur für Mastschweine gilt. „Die Ferkel habe ich in den Berechnungen gleich bewertet, weil es keine Vorgaben für die Ferkelhaltung gibt“, sagt er.
Bei der ITW zieht dagegen die gesamte Kette mit. „Die ITW als solches hat sich bewährt und entwickelt sich weiter“, ist sein Fazit.