Die niederländische Einzelhandelskette Albert Heijn will ihre Fleischtheke umstrukturieren und ein verbindliches Drei-Sterne-System für Fleischprodukte einführen. Das in Zusammenarbeit mit holländischen Tierschützern entwickelte System soll laut AgE ab kommendem Jahr flächendeckend beim Einzelhandels-Marktführer kommen, der rund ein Viertel am niederländischen Lebensmittelmarkt beansprucht. Dabei steht ein Stern für den mit einigen Zusatzvorschriften garnierten konventionellen Standard, den zweiten und dritten Stern gibt es für Freiland- beziehungsweise Ökohaltung.
Prof. Achim Spiller von der Universität Göttingen erläuterte vergangene Woche bei einem von der Tiergesundheitssparte des Bayer-Konzerns ausgerichteten Experten-Roundtable in Berlin das Drei-Sterne-System. Er geht davon aus, dass schon der erste Stern in diesem System zu Mehrkosten bei den Erzeugern von rund 8 Euro pro Mastschwein führt.
Da die deutsche und die niederländische Fleischwirtschaft über den Außenhandel und die grenzüberschreitenden Aktivitäten des Vion-Konzerns eng miteinander verflochten sind, dürfte Albert Heijns Sterne-Initiative den deutschen Schlachtschweinemarkt nicht ganz unberührt lassen. Es wäre nicht das erste Mal, dass holländische Tierschutzstandards auf den deutschen Markt überschwappen, denn die Ziele der Niederländer zur Abschaffung der Ferkelkastration haben in Deutschland bereits zum Einstieg in die Ebermast geführt.
Roger Fechler vom Deutschen Bauernverband (DBV) zeigte sich jedoch vor dem Hintergrund des in Deutschland schon seit Jahren sehr kleinen Biofleischsegments demgegenüber skeptisch, ob breite Verbraucherschichten in Deutschland tatsächlich bereit seien, für erhöhte Anforderungen an die Tierhaltung tatsächlich mehr zu zahlen. Er sieht eine "Agrarschizophrenie" in den Forderungen der Gesellschaft nach mehr Tierschutz einerseits und dem Einkaufsverhalten andererseits. Allerdings geht auch der DBV davon aus, dass angesichts der gesellschaftlichen Diskussionen um Tierhaltung und Fleischkonsum künftig die Tierschutz-, Umwelt- und Verbraucherschutzthemen besondere Bedeutung gewinnen. In einem gemeinsamen EU-Binnenmarkt bleibe es aber von vorrangiger Bedeutung, dass die gleichen Gesetzesstandards in der EU bestünden und auch Drittlandsimporte diese Bedingungen erfüllten.