Einen sehenswerten TV-Bericht hat der NDR am 19. Februar über die Sorgen der Sauenhalter gebracht. Der elterliche Hof von Agraringenieurin und Beraterin Anneke Kreißig (26) aus Drakenburg hält 180 Sauen. Nächstes Jahr will sie den Betrieb übernehmen und ist damit laut NDR eine der Wenigen in Niedersachsen, die noch auf Sauenhaltung setzen.
Welche Herausforderung Kreißig dann übernimmt, ist ihr bewusst, der gesellschaftliche Druck nehme immer weiter zu. Wie alle anderen Sauenhalter machen auch ihr die Ungewissheiten bei den drei K-Fragen – Kastenstand, Kastration und Kupieren, Sorgen. Kastriert werden muss wegen der Abnahme durch Ebermäster auf dem Hof Kreißig zwar nicht, aber schon der Verzicht auf das Schwänzekupieren ist für die Junglandwirtin in ihrem Stall unmöglich: „In unserer konventionellen Stallhaltung mit dem Futter, das wir füttern, ohne tierisches Eiweiß, ist das ganz schwer möglich. Man kann noch soviel Beschäftigungsmaterial vorhalten, es gibt immer wieder Phasen, wo die Tiere sehr aggressiv werden und sich an die Schwänze gehen“, so Kreißig und nennt als Beispiel Wetterumschwünge mit Feuchtigkeit, die die Tiere überhaupt nicht mögen. Akutes Schwanzbeißen sei sehr unschön und blutig, sagte die 26-Jährige in dem Bericht. Unkupierte Schwänze ließen sich nur mit einem Stallneubau realisieren.
Das gleiche gelte für die Kastenstände, die künftig größer werden sollen. Die Richtlinie über die genauen Maße lässt aber auf sich warten. In einer Bucht demonstriert Kreißig, wie dies etwa aussehen könnte. „Die Sau soll sich künftig drehen können, das ist in dieser 4 m2 Bucht nicht möglich. Die Buchten sollen in Zukunft 7 m2 sein, das kann ich in diesem Stall hier, allein schon vom unterspaltigen Güllesystem gar nicht umsetzen“, so die Landwirtin. Für sie heiße das mit so einem Gebäude Stallneubau oder Aufgabe der Sauenhaltung. Und das zu einem Zeitpunkt, bei dem der vom Vater vor 20 Jahren gebaute Stall bald abbezahlt ist und damit der Tochter Gewinn bringen sollte.
Die Beraterin (URS Hunte-Weser) ärgert sich auch über die Kritik aus der Öffentlichkeit, die Verbraucher würden mehr Tierwohl fordern, aber nicht dafür bezahlen. „Nur 16 % zahlen ja wirklich mehr an der Ladentheke, das ist ein Problem. Eine andere Sache ist, dass sich die Bevölkerung und die Landwirtschaft sehr weit auseinandergelebt haben“, so Kreißig, die nach eigener Aussage selbst schon viel Öffentlichkeitsarbeit betreibe. Sie selbst will die Herausforderungen annehmen und Sauenhalterin bleiben, schließlich sei man in keinem anderen Beruf gleichzeitig Hebamme, Tierärztin und Landwirtin.