Dieser Beitrag erschien zuerst im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben.
Unsere Autoren: Dr. Jochen Krieg und Sybille Patzelt, Landwirtschaftskammer NRW
Wie schon in früheren Jahren sind beim Getreide auch dieses Jahr relativ große Schwankungen in den wertbestimmenden Inhaltsstoffen zu beobachten, welche unbedingt bei der Futterplanung und -optimierung zu berücksichtigen sind. Schließlich können die Betriebe das Getreide nur dann passend mit Eiweißkomponenten bzw. Aminosäuren und Mineralstoffen ergänzen, wenn bekannt ist, was das Getreide selbst an Nährstoffen liefert.
Hierdurch werden Über- sowie Unterversorgungen auf ein Minimum begrenzt und Umwelt wie Geldbeutel geschont. Außerdem ist die möglichst genau am Bedarf der Schweine ausgerichtete Nährstoffversorgung Grundlage für gute Leistungen mit gesunden Tieren.
Trockenmasse beachten
In Übersicht 1 sind die Ergebnisse der bislang untersuchten Proben zusammengefasst und den Vorjahreswerten gegenübergestellt. Der mittlere Trockenmasse (TM)-Gehalt liegt bei rund 88 %, obwohl einzelne Proben aufgrund der schwierigen Erntebedingungen auch deutlich feuchter waren. Wenn solche Chargen im Betrieb eingelagert wurden, gilt es bei der Rationsoptimierung achtzugeben, denn der Feuchtegehalt hat Einfluss auf die Nährstoffkonzentration. Außerdem ist die Restfeuchte des Getreides wichtig bei der korrekten Bemessung der Wasserzugabe zum Flüssigfutter.
Etwas mehr Rohprotein
Die mittleren Rohproteingehalte liegen bei der Gerste auf dem Niveau des Vorjahres. Bei den anderen drei in der Übersicht aufgeführten Getreidearten wurden im Schnitt geringfügig höhere Werte als 2022 analysiert. Doch Vorsicht: Die Spannbreite der Qualitäten ist groß. So reichen die Rohproteingehalte bei Gerste von 6,7 bis 11,9 %, bei Weizen von 7,5 bis 13,3 %, bei der Triticale von 8,1 bis 12,5 % und beim Roggen von 6,4 bis 10,6 % (Übersicht 1). Das sind Schwankungen um den Faktor 1,5 bei Triticale bis 1,8 beim Weizen!
In Anlehnung an den Rohproteingehalt streuen auch die Werte der letztlich für die Milch- und Fleischbildung entscheidenden Aminosäuren (siehe Übersicht 2). Der Grund hierfür ist die Berechnung der Konzentration der Aminosäuren Lysin, Methionin/Cystin, Threonin, Tryptophan und Valin aus dem analysierten Rohproteingehalt mittels Regressionsgleichungen.
Phorsphor-Gehalt sorten- und umweltabhängig
Der Phosphor-(P)-Gehalt des Futtergetreides ist wichtig für das Nährstoffmanagement (N- und P-reduzierte Fütterung). Die Phosphorlieferung mit dem Futtergetreide ist aber vor allem für eine bedarfsgerechte Versorgung der Tiere von Bedeutung. Da Phosphor einerseits eine zentrale Rolle in vielen Vorgängen im Tierkörper einnimmt und andererseits die Konzentration in Pflanzen stark sorten- und umweltabhängig ist, ist eine Futtermitteluntersuchung unumgänglich.
Zudem unterscheidet sich die P-Verdaulichkeit zwischen Futtermitteln, sodass die Optimierung von Futtermischungen auf Basis des verdaulichen Phosphors (vP) erfolgen sollte. Vereinfacht ausgedrückt, kann das Schwein nur etwa 65 bis 85 % des Brutto-P verdauen. Die höhere P-Verdaulichkeit gilt dabei eher für tragende Sauen. Bei Mastschweinen ist man bei üblicher Phytasezulage mit der Annahme von 65 % auf der sicheren Seite.
In diesem Jahr liegt der mittlere P-Gehalt in allen Getreidearten leicht höher als 2022. Allerdings werden die langjährigen Mittelwerte im „Rechenmeister für eine effizientere Schweinefütterung 2022“ der LWK NRW trotzdem nicht erreicht (siehe Übersicht 3). Das gilt es bei der Rationszusammenstellung zu berücksichtigen, sonst kann es zu Problemen mit der Knochenstabilität kommen.
Energie auf Vorjahresniveau
Beim Energiegehalt, der mit der GfE-Einzelfutterformel (EFF) 2006 aus dem Gehalt an verdaulichen Nährstoffen geschätzt wird, liegt die diesjährige Getreideernte in etwa auf Vorjahresniveau. Für Gerste errechnen sich 12,6 MJ ME/kg, für Weizen 13,7 MJ ME/kg. Triticale erreicht 13,6 MJ ME/kg und Roggen im Schnitt 13,3 MJ ME/kg.
Die Werte der für die Verdauungsabläufe und Darmgesundheit wichtigen Faserstoffe sind etwas höher als 2022. Die untersuchten Gerstenproben liegen beispielsweise im Mittel bei 49 g Rohfaser und 164 g Neutral-Detergenzien-Faser nach Amylasebehandlung und Veraschung (aNDFom). Die übrigen Getreidearten liefern weniger Faser als Gerste, erreichen aber ebenfalls etwas höhere Werte als im Vorjahr (Übersicht 1).
Analyse für Rationsplanung unverzichtbar
Alles in allem zeigen die Ergebnisse der LUFA-Untersuchungen indessen, dass eine Futterzusammenstellung auf Basis von Tabellen- bzw. Erfahrungswerten nicht zielführend ist. Um die Tiere bedarfsgerecht zu versorgen und Umwelt wie Geldbeutel zu entlasten, sind betriebsindividuelle Futteranalysen ein Muss – bei unterschiedlichen Getreidepartien auch Analysen jeder Charge.
Um den Kosten- und Arbeitsaufwand im Rahmen zu halten, reicht es hierbei aus, von Getreideschlägen mit weitestgehend gleichen Bodenverhältnissen, Sorteneigenschaften und Behandlungen (Düngung usw.) eine repräsentativ gezogene Mischprobe von etwa 500 g zur Untersuchung einzusenden. Es empfiehlt sich, Calcium und Phosphor zu untersuchen, insbesondere in Verbindung mit einer (sehr) stark N-P-reduzierten Fütterung sowie zur Erstellung von Nährstoffvergleichen.
Die Kosten von 32 € je Probe plus Mehrwertsteuer für eine Standarduntersuchung mittels NIRS-Analytik und für das kleine Mineralstoffpaket (Ca, P, Na, K, Mg) von 29,50 € zuzüglich Mehrwertsteuer bei der LUFA NRW dürften sich über eine verbesserte Futterverwertung und Einsparungen beim Zukauf anderer Futtermittel/Ergänzer stets amortisieren. Betriebe mit LWK-Beratungsverträgen erhalten zudem 20 % Rabatt auf alle Futtergetreideuntersuchungen der LUFA NRW. Fragen Sie bei Ihrem produktionstechnischen Berater nach.
Vorsicht Pilzgifte
Aufgrund der langen Regenphase während der Weizen-, Triticale- und Roggenernte besteht in diesem Jahr ein höheres Risiko von Pilzgiften im Futtergetreide. Bei entsprechenden Verdachtsanzeichen ist im Einzelfall mittels ELISA-Schnelltest zu prüfen, ob und inwieweit ein Fusarienbefall und eine Mykotoxinbelastung vorliegt.
Die Kosten von 29,50 € plus Steuer je Toxin lohnen sich besonders bei Einsatz des Getreides in der Ferkelerzeugung, weil Sauen und Ferkel auf Mykotoxinbelastungen am stärksten reagieren. Aber auch in der Schweinemast ist aufgrund der Auswirkungen auf die Tiergesundheit und das Verhalten (Stichwort Caudophagie) Vorsicht geboten.