Weil zunehmend neue Genetiken und nicht bayerische Ferkel nach Süddeutschland drängen, stand die Frage nach dem richtigen Schwein für den bayerischen Markt im Fokus von zwei Veranstaltungen der bayerischen Zucht- und Besamungsorganisationen in Edenland bei Landshut und in Neustadt/Aisch. Die Erzeugergemeinschaft und Züchtervereinigung für Zucht- und Hybridzuchtschweine w. V. (EGZH), die Bayern-Genetik GmbH und der Besamungsverein Neustadt/Aisch e. V. (BVN) baten die beiden wichtigsten Schlachtunternehmen in Süddeutschland Vion und Müller Fleisch bei ihren jährlich stattfindenden „Schweinetreffs für Profis“ um eine Einschätzung.
Franz Beringer, Vorstandsmitglied der EG Südbayern und Geschäftsführer der beiden Vion-Standorte Landshut und Vilshofen, erläuterte, dass in Bayern das Hälftengeschäft und die Regionalität eine große Bedeutung haben. Die großen Abnehmer beim Qualitäts- und Herkunftszeichen „Geprüfte Qualität Bayern“ (GQB) seien bei den Haltungsstufen 2 und 3 vor allem im Thekengeschäft tätig. Ein ähnliches Anforderungsprofil hätten die Metzgereien. Deshalb werde weiterhin ein fleischreiches Schwein benötigt.
Rückläufige MFA und fette Bäuche
Allerdings seien im letzten Jahr die Magerfleischanteile (MFA) rückläufig gewesen, vor allem bei GQB plus ITW (GQ+) und bei den Strohschwein-Programmen. Das habe zu Problemen mit dem Hauptabnehmer Edeka geführt, weil zu fette Bäuche und Krustenbraten in der Theke nicht mehr zu verkaufen seien. Um der Situation entgegenzuwirken, seien Spezifikationen eingeführt worden. „Die hohen Ansprüche an den Schlachtkörper vor allem hinsichtlich Fleischanteil im Rücken und Bauch bestehen weiterhin“, erklärte Beringer. Immer mehr an Bedeutung gewinne aber das Merkmal „Herdenverträglichkeit“.
Andreas Schweiger, Vertriebsleiter Fleisch bei der Müller-Gruppe, bestätigte, dass sein Unternehmen, das 38.000 Schweine pro Woche schlachtet, eine große Bandbreite an Schlachttieren angeliefert bekomme, obwohl man fast ausschließlich Schweine aus Süddeutschland schlachte. Zugleich habe man unterschiedliche Abnehmer mit jeweils eigenen Qualitätsanforderungen. Beim Export, der Gastronomie und dem Handwerk stehe Haltungsform Stufe 1 im Vordergrund, beim LEH und den Discountern die Stufe 2, zum Teil auch Stufe 3 und 4. Das Schlacht- und Zerlegeunternehmen teile die Schlachtschweine entsprechend der Anforderungen auf die jeweiligen Kanäle auf.
Müller setzt auf süddeutsches, klimaneutrales Schwein
Müller Fleisch setzt laut Schweiger auf ein süddeutsches, nachhaltige erzeugtes Schlachtschwein mit kleinem CO2-Fußabdruck und hat deshalb mit weiteren Organisationen aus Süddeutschland das Projekt „Südschwein4Klima“ gestartet.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben und allen Teilnehmern der Wertschöpfungskette eine ausreichende Entlohnung zu sichern, müsse man vor allem die Kosten optimieren, z. B. durch eine gleichmäßige Anlieferung und Auslastung der Schlachtbetriebe. Dazu könne die Digitalisierung der Prozesse, z. B. ein digitales Anlieferungsmanagements beitragen, wie es Müller mit dem Mengenplanungsmodul praktiziere.
Kommt künftig vermehrt Schweinefleisch aus dem Ausland?
Eine Befragung der Teilnehmer der Tagungen zur Zukunft der Schweineproduktion In Bayern ergab eine pessimistische Einschätzung. Die meiste Zustimmung bekam die Antwort „Vermehrt Fleisch aus dem Ausland“ gefolgt von „Vermehrt regionale Produktion und regionaler Absatz.“
Bei der Frage nach dem künftigen Schwerpunkt ihrer Eberauswahl votierten die meisten Teilnehmer für das verhaltensunauffällige Schwein, gefolgt vom wachstumsorientierten Schwein und dem Merkmal Gesundheit.
Weitere Referenten der Veranstaltung waren Elisabeth Fischer (Bayern-Genetik) und Max Schiedermair (BVN), die über Neuigkeiten aus der Besamung berichteten. Angela Brugger und Domenica Engel (EGZH) gaben einen Einblick in die Arbeit der Zuchtorganisation. Und Dr. Mari Grodzycki von Zoetis beleuchtete die aktuellen Entwicklungen um das PCV2-Virus.
Podiumsdiskussionen mit den Schlachthofbetreibern, Viehvermarktern und Schweinehaltern rundeten die beiden Tagungen ab.