A2-Milch soll für viele Menschen besser verträglich sein. Können Sie das aus wissenschaftlicher Sicht bestätigen?
Angela Dietz: Bislang gibt es keine wissenschaftlich belastbaren Ergebnisse, die einen echten Unterschied zwischen A2- und A1-Milch nachweisen. Das kam heraus, als die Cochrane Stiftung am Institut für Evidenz in der Medizin des Universitätsklinikums Freiburgs im Auftrag des Kompetenzzentrums für Ernährung alle Humanstudien zu dem Thema recherchiert und bewertet hat.
Was ist an A2-Milch anders?
Dietz: Das Milcheiweiß von normaler Milch, „A1 beta-Casein“ setzt die Opioid-ähnliche Verbindung „beta-Casomorphin-7“ frei. Dieser werden unter anderem negative biologische Wirkungen zugeschrieben. Bei der A2-Milch wird dieser Stoff nicht freigesetzt, denn sie enthält das Milcheiweiß „A2 beta-Casein“.
Wieso liefern diese Studien kein eindeutiges Ergebnis?
Dietz: Zum einen, weil alle untersuchten Humanstudien sehr unterschiedliche Parameter im Blick hatten. Außerdem wurden einige Studien nur an wenigen Teilnehmern durchgeführt. Mängel im Studiendesign waren ebenfalls ein Grund für die geringe Aussagekraft: Zehn Studien waren lediglich Beobachtungsstudien, die keine Kausalität beweisen.Viele Verbraucher sind bereits überzeugt, dass sie A2-Milch besser vertragen.
Wieso braucht es dann noch einen wissenschaftlichen Nachweis?
Dietz: Derzeit lassen sich Argumente für die A2-Milch nur als subjektive Wahrnehmung der Betroffenen einordnen. Ein wissenschaftlicher Beweis ist dringend nötig, wenn man die A2-Milch langfristig nicht nur als Nischen-Produkt vermarkten will.
Wie viel Geld würde eine aussagekräftigere Studie kosten?
Dietz: Die Studie müsste ausreichend Teilnehmer und einen ausreichenden langen Beobachtungszeitraum haben. Man müsste auch Krankheiten untersuchen, nicht nur Stoffwechselparameter. Und da ist man schnell bei Kosten von etwa 1 Mio. € angelangt, wenn gleich mehrere Hypothesen geprüft werden sollen.
Wie lange wird es dauern, bis so eine Studie veröffentlicht wird?
Dietz: Das hängt davon ab, ob und wann sich ein größerer Geldgeber findet. Laut Max-Rubner-Institut gibt es etwa 500 weitere Milchpeptide mit bioaktiver Wirkung. Eine große Aufgabe!
Dieses Interview stammt aus der Südplus 01/2020. Jetzt testen.