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Den Bauernwald tauschen?

Lesezeit: 6 Minuten

Freiwilliger Flächentausch hat im Ackerbau vielerorts effiziente Strukturen geschaffen. Warum nicht auch im Bauernwald? top agrar-Südplus zeigt gelungene Beispiele.


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An ihrem Wald hängt bei vielen Landwirten einfach das Herz! Und das obwohl die Bewirtschaftung vieler kleiner verstreuter Flurstücke oft sehr mühsam ist. Beispiel Unterfranken: Dort sind viele Flächen nur wenige Meter breit, dafür aber Hunderte Meter lang (siehe Übersicht 1). Dieser sogenannte Kleinstprivatwald, also Wald bis 5 ha, ist in Bayern und Baden-Württemberg meist eine Hinterlassenschaft aus der Zeit der Realteilung.


So wurden beispielsweise bei der fränkischen Realteilung im Erbfall alle Waldparzellen der Länge nach geteilt. Mit den Auswirkungen haben die Bewirtschafter heute noch zu kämpfen. In Unterfranken kommen auf etwa 40 700 ha Kleinstprivatwald rund 98 000 Besitzverhältnisse. Die durchschnittliche Besitzgröße liegt bei 0,42 ha. Bei solchen Größenordnungen ist eine effiziente Bewirtschaftung kaum möglich!


Große emotionale Bindung:

Doch die enge emotionale Bindung zum eigenen Wald ist manchmal ein Hindernis, wenn es gilt, über Lösungen nachzudenken. Besonders ältere Generationen haben Flurbereinigungen nicht immer in guter Erinnerung. Marc Koch aus der Abteilung Waldbesitz an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) kennt diese Problematik: „Heute berichten die Söhne und Töchter, dass die Väter schlechte Erfahrungen gemacht haben. Jahrzehntelange Verfahren, Streitigkeiten und ungerechte Neuverteilungen sind die Gründe dafür.“


Dabei bringt eine Verbesserung der Strukturen deutliche Vorteile:


  • Zeitersparnis bei Bewirtschaftung und Kontrollgängen,
  • geringere Betriebskosten bei größeren Flurstücken, die ggf. noch näher am Betrieb liegen,
  • verbesserter Zugang zum Grundstück über ein neues oder ergänztes Wegenetz, besserer Abtransport von Bau- oder Brennholz,
  • einfacheres Baumfällen, ohne Bäume auf dem Nachbargrundstück zu beschädigen,
  • Klarheit über die Grenzen des eigenen Grundstücks,
  • keine Probleme mit fehlenden Überfahrtsrechten, auch bei Hofübergabe nicht, Duldung entfällt,
  • Zukauf neuer Flächen während eines Verfahrens, weil andere Eigentümer Flurstücke aufgeben und veräußern.


Marc Koch von der LWF beobachtet heutzutage allerdings auch vermehrt einen steigenden Leidensdruck unter den Eigentümern von Kleinstprivatwald. Meist kommt das Thema bei anstehenden Hofübergaben wieder auf den Tisch. Doch im Gegensatz zu früher seien Flurbereinigungsverfahren heute in der Regel effizienter, schneller, nachvollziehbarer und gerechter, so Koch. Daher steigt auch die Anzahl erfolgreich abgeschlossener Verfahren.


Vier Verfahren möglich:

Grundsätzlich eignen sich im Wald folgende vier Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz.


  • Freiwilliger Landtausch: Dieses relativ unkomplizierte Verfahren kommt für die Zusammenlegung von Flurstücken infrage, wenn es sich um wenige Teilnehmer handelt, die sich einig sind. Die Flurstücksgrenzen sind hierbei klar und der Wald ist gut erschlossen.
  • Regelverfahren: Dieses Verfahren ist umfangreicher und wird bei vielen Eigentümern mit unklaren Rechtsverhältnissen samt Wegebau angewandt.
  • Beschleunigtes und vereinfachtes Verfahren: Beides sind abgespeckte Regelverfahren, wenn es z. B. nur um ein neues Wegenetz geht.


Entscheidend für die Wahl der Verfahrensart ist immer die tatsächliche Situation vor Ort. Drei Fragen sind hierbei hilfreich:


  • Wie viele Eigentümer sind beteiligt?
  • Wird ein Wegebau benötigt?
  • Sind die Grundstücksgrenzen der verschiedenen Eigentümer bekannt?


Die Besonderheit bei Waldbereinigungen ist, dass neben einer Bodenbewertung, wie sie im Offenbereich üblich ist, noch eine Bewertung des Bestandes hinzukommt. Vor allem bei Altbeständen mit wertvollen Bäumen ist es deshalb ratsam, einen Forstsachverständigen hinzuzuziehen. Bei jungen, homogenen Beständen hilft oft auch die Einschätzung des Försters vor Ort weiter. Die Erfahrung zeigt: Verfahren im Wald funktionieren in enger Abstimmung mit dem Forst am besten.


25 % Eigenanteil an den Kosten:

Der freiwillige Waldflächentausch gilt als schnell und einfach. Das Verfahren ist eigentlich ein freiwilliger Landtausch, der in Bayern bereits erfolgreich umgesetzt wird (siehe Reportage S. 24).


Allerdings kommt es nur zum Zuge, wenn der Wald schon erschlossen und vermessen ist. Durch Zusammenlegung ganzer Grundstücke werden dabei größere Bewirtschaftungseinheiten geschaffen. Mögliche Wertunterschiede können durch Geld ausgeglichen werden. Eine Bestandsbewertung ist nicht zwingend erforderlich.


Die Zahl der Tauschverfahren stieg in Bayern in den letzten Jahren sprunghaft an (siehe Übersicht 2, S. 22). Ein Grund dafür ist, dass auf die Waldeigentümer in der Regel kaum Kosten zukommen. Normalerweise werden die Ausführungskosten aller vier Verfahren in Bayern und Baden-Württemberg über Landes-, Bundes- und eventuell über EU-Mittel gedeckt. Es bleibt aber ein Eigenanteil für die Waldbesitzer von im günstigsten Fall 25 % bestehen.


Beim freiwilligen Waldflächentausch fallen meist Kosten für einen bestellten Tauschhelfer an. Dabei handelt es sich in der Regel um einen forstlichen Sachverständigen. „Der Freistaat Bayern fördert die Helfervergütung aber zu 100 %. So soll die Eigeninitiative der Tauschpartner honoriert und dieses einfache Verfahren unterstützt werden“, berichtet Eva Kiesekamp vom Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken. In Baden-Württemberg liegt die Förderung der Helfervergütung aktuell bei 75 %.


Ein Tauschhelfer ist bei größeren Tauschverfahren immer ratsam, denn beim Waldflächentausch sind die Freiwilligkeit und die Notwendigkeit, einen Kompromiss zu finden, das A und O. Das Grundprinzip dieses Verfahrens beruht schlichtweg auf Einigkeit. Hier gilt: Je mehr Eigentümer, desto komplizierter wird es! Tauschhelfer Rupert Wolf aus Saal an der Saale dazu: „Für viele Waldeigentümer scheint es wichtig zu sein, einen Außenstehenden mit dabei zu haben. Meine Aufgabe ist es, das Ganze in eine urkundenfähige Form zu bringen. Und ich versuche, gute Stimmung zu verbreiten.“


Tauscheffekte zeigen:

Für gute Stimmung bei den Tausch­treffen sorgt in Bayern auch ein Computerprogramm namens „Arborchange“, das Tauscheffekte in Sekundenbruchteilen visualisieren kann. Es wurde von der Technischen Universität München und der LWF entwickelt und kann künftig in der Praxis flächendeckend eingesetzt werden.


Seine Stärke ist die bildhafte Darstellung aller Tauschmöglichkeiten samt ihrer Auswirkungen. Marc Koch (LWF) gehört zum Entwicklerteam und ist von den Vorteilen überzeugt: „Der Waldflächentausch kann so beschleunigt werden. Für die Eigentümer ist es gut, wenn sie sofort die Auswirkungen zu sehen bekommen. Das Programm hilft dabei, Hemmschwellen und Ängste abzubauen. So können die Leute mal in Ruhe alles abwägen. Man kann so einen Samen pflanzen.“


Für Baden-Württemberg ist diese Technik noch Zukunftsmusik, obwohl es hier schon lange reine Waldflurbereinigungen gibt. Ein freiwilliger Waldflächentausch wie in Bayern wird laut Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (LGL) zwar schon praktiziert, aber nur innerhalb eines freiwilligen Landtauschs.


Die beteiligten Waldflächen werden dabei nicht extra statistisch erfasst. Auch in Baden-Württemberg liegen die regionalen Schwerpunkte in den früheren Realteilungsgebieten wie z. B. um Waldshut, Lörrach und Freiburg sowie im Main-Tauber-, Neckar-Odenwald-, Zollernalb-Kreis und in Hohenlohe.


Wer ist zuständig?

Das Flurbereinigungsgesetz ist ein Bundesgesetz. Die Durchführung obliegt den Bundesländern. In Baden-Württemberg sind die Unteren Flurbereinigungsbehörden an den Landratsämtern, in Bayern die Ämter für ländliche Entwicklung (ALE) der einzelnen Regierungsbezirke zuständig.Christine Kaiser


Wie man in der Praxis effiziente Strukturen schafft, lesen Sie ab Seite 24.

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