Neue Herausforderungen anzugehen, sind Landwirte in Hohenlohe gewohnt. Wohl kaum eine Region in Süddeutschland hat sich innerhalb kurzer Zeit so rasant gewandelt. War sie in den 60er Jahren das Mekka der Fleckviehzucht, galt Hohenlohe später als Hochburg der Ferkelerzeugung und der Geflügelmast.
Heute stehen die Betriebe, die mit im Mittel 53 Kühen und 130 Sauen strukturell bereits über dem Landesschnitt liegen, wieder vor der Aufgabe, sich neu aufzustellen (siehe Beitrag ab Seite 10). Denn betriebliches Wachstum ist bei Pachtpreisen von teilweise bis zu 800 € pro ha kaum möglich. Wer noch einen neuen Stall genehmigt bekommt, darf sich glücklich schätzen.
Wenn eine Photovoltaik-Anlage einen höheren Deckungsbeitrag verspricht als ein Hektar Rüben, ist klar, wo sich Perspektiven bieten. Der Einstieg in die Energieerzeugung mit Sonne, Wind und Biogas wird daher als zweites Standbein immer attraktiver.
Neue Chancen sehen Erzeuger und Verarbeiter aber auch im Markt. Die Ansatzpunkte sind vielfältig:
- In der Außer-Haus-Verpflegung, wie etwa in Kantinen oder Schulen, aber auch in der Gastronomie gilt es, den Trend der Verbraucher zu regionalen Lebensmitteln stärker auszunutzen.
- Der Lebensmitteleinzelhandel, aber auch die Premiumgastronomie, suchen Qualitätsprodukte mit hoher Wertschöpfung, mit denen sie sich abheben können. Neue regionale Spezialitäten nimmt der Markt mit Handkuss auf. Bestes Beispiel ist die neue Hohenloher Produktlinie für Kalbfleisch aus kuhgebundener Aufzucht.
- Viehvermarkter sehen durchaus wachsendes Potenzial in Tierwohl- und Regionalprogrammen. Damit davon aber auch die Erzeuger profitieren, muss dringend auf höhere Zuschläge und mehrjährige Festpreisgarantien gedrängt werden.
- Mit neuem Schwung und pfiffigem Marketing könnte auch das Qualitätszeichen Baden-Württemberg, QZBW, wieder zugewinnen. Nicht zuletzt durch zu kostspielige Auflagen hatte es an Bedeutung verloren. Hier lohnt sich für die zuständigen Akteure der Blick nach Bayern zum erfolgreicheren GQ-Siegel.
- Mit der geplanten Dachmarke für Hohenloher Produkte könnte die Schlagkraft in der regionalen und überregionalen Vermarktung sicher erhöht werden. Sie darf allerdings die regionalen Produzenten und Verarbeiter mit Auflagen nicht überfordern und nicht spalten. Nur wenn sie verschiedene Qualitäten zulässt und nicht zum Dogma wird, wirkt sie in der Breite.
Hohenlohe hat, wie kaum eine andere Region, viele schlagkräftige Verarbeiter und Vermarkter zu bieten. Die Voraussetzungen, um in engem Schulterschluss mit ihnen tragfähige Vermarktungskonzepte zu entwickeln, könnten nicht besser sein. Die Diskussionen laufen jedenfalls auf Hochtouren. Erste Projekte, wie z.B. im Rahmen der Bio-Musterregion, sind angeschoben. Das gibt Zuversicht.