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Holländer forcieren die Forschung

Lesezeit: 6 Minuten

Hat die Lichtfarbe Einfluss auf das Verhalten von Ebern? Gehört dem Rundbogenstall die Zukunft? Sind Mastbuchten auf Wiegefüßen sinnvoll? Im holländischen Innovationszentrum in Sterksel brummt die Praxisforschung.


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In der europäischen Forschungsszene genießt das niederländische Innovationszentrum für Schweinehaltung in Sterksel einen hervor­ragenden Ruf. Bereits seit mehr als 40 Jahren tüfteln die Wissenschaftler an neuen Haltungsverfahren, optimieren Fütterungssysteme und präsentieren Lösungen, wie man das Arbeits­management im Stall verbessern kann. Auch Fütterungsversuche sind fester Bestandteil der täglichen Arbeit.


Neben den klassischen Forschungsaufgaben kümmert man sich derzeit intensiv um Tier- und Umweltschutzfragen. Dabei scheuen die niederländischen Forscher auch nicht vor unkonven-tionellen Überlegungen zurück. Woran man derzeit im Einzelnen arbeitet, haben die Versuchsingenieure top agrar verraten.


Marcus Arden


g Neuer Rundbogenstall: In Kürze wird im Prüfzentrum ein neuer Stall für 250 Mastschweine gebaut. Das Besondere an dem Gebäude: Es handelt sich um einen Rundbogenstall der natürlich belüftet wird, große Fensterflächen hat und einen überdachten Außenauslauf bietet. Das alles soll die Haltungsbedingungen verbessern, denn auch in Holland wird der Ruf nach tiergerechteren Aufstallungsverfahren immer lauter.


Auch der Umweltschutz spielt bei der Weiterentwicklung des neuen Stalltyps eine wichtige Rolle. Ein klassischer Gülle­kanal fehlt, stattdessen wird der Flüssigmist über Förderbänder aus dem Gebäude transportiert. Die trockenen und flüssigen Anteile werden sofort getrennt, Ammoniak-emissionen werden dadurch reduziert.


Dank der Förderbänder soll es künftig zudem möglich sein, Silomais in den Mastbuchten einzusetzen, der als Spiel- und Beschäftigungsmaterial dient. Weiterer Vorteil: Der Mais könnte in Betrieben mit Biogasanlage gleichzeitig als Coferment genutzt werden.


Lichttunnel für Schweineställe: In Holland ist man bestrebt, mehr natürliche Elemente in die Ställe zu bringen. Neben großen Frischluftmengen soll mehr Tageslicht die Tiere erreichen. Bislang gelangt das Licht über große Fensterflächen in die Stallabteile. Das Problem dabei: Die Gebäude heizen sich bei Sonneneinstrahlung sehr stark auf. Das führt zu Verschmutzungen und fördert Aggressionen.


In einigen Stallabteilen wurden jetzt so genannte Tageslichtspots bzw. Lichttunnel eingebaut. Hierbei wird das Tageslicht durch eine Scheibe auf dem Stalldach und ein reflektierendes, mit Silberfolie ausgekleidetes Rohr direkt in das Stallabteil geleitet. Dort sorgt eine spezielle Streuscheibe dafür, dass der darunter liegende Raum auch ohne Fenster natürlich ausgeleuchtet wird.


Darüber hinaus setzt man im Prüfzentrum verstärkt LED-Lampen ein. Untersucht wird, wie lange die Lampen in der aggressiven Stallluft halten, wie gut die Lichtausbeute ist und ob sich die noch relativ teure Technik rechnet.


Futteraufnahme steigern: Saugferkel sollen in der Abferkelbucht festes Futter aufnehmen. Das ist gut für die Entwicklung des Magen-Darm-Traktes.


Damit die Ferkel während der Säugephase möglichst viel Futter aufnehmen, bekommen die Versuchstiere in Sterksel bei jeder Sauenfütterung – dreimal täglich – automatisch frisches Futter in ihren Trog dosiert. Gleichzeitig ertönt eine Hupe zum Futterstart. Erste Erfahrungen zeigen, dass rund 60 % der Saugferkel eines Wurfes sofort auf das Futtersignal reagieren und zum Trog laufen. Man hofft, dass dieser Anteil in der Aufzucht auf 90 % gesteigert werden kann, sobald die „Futterhupe“ ertönt. Parallel dazu prüft man, ob es sich lohnt, den Sauenfuttertrog bis auf den Buchtenboden abzusenken. Die Hoffnung der Wissenschaftler ist, dass die jungen Ferkel sich das Fressen bei ihrer Mutter abschauen und schneller Futter aufnehmen.


Schließlich geht es darum, herauszufinden, was passiert, wenn in der Abferkelbucht, im Flatdeck- und im Maststall die gleichen Trogformen eingesetzt werden. Man will analysieren, ob die Tiere bei identischen Trögen, die natürlich mit der Größe der Tiere „mitwachsen“, schneller und häufiger Futter aufnehmen.


Lichtprogramm für Ebermast: In Holland will man bis zum Jahr 2015 aus der Kastration aussteigen. Bislang sind aber noch viele Probleme ungelöst. Bei der Ebermast herrscht mehr Unruhe, und es treten vermehrt Aggressionen auf. Die Folge sind Haut- und Beinschäden. Auch der Ebergeruch, u.a. ausgelöst durch die Skatolproduktion, ist ein Problem. Lösen könnte man das Geruchsproblem durch den Einsatz spezieller Futter in der letzten Mastwoche. In Sterksel wird untersucht, ob spezielle Futterkomponenten helfen können, die Skatolproduktion zu reduzieren.


Parallel zu den Fütterungsuntersuchungen prüfen die Versuchsingenieure derzeit, ob die Ebermast Vorteile hat, wenn die Eber ausschließlich mit männlichen und weiblichen Wurfgeschwistern gemästet werden. Da im Wurf die soziale Rangordnung bereits feststeht, erhofft man sich weniger Rangordnungskämpfe und Stress. Beides fördert Ebergeruch. Geprüft wird auch, welche Buchtengrößen für die Mast der Eber ideal sind.


Eine dritte Fragestellung lautet: Lässt sich das Verhalten der Eber über die Lichtmenge, die Lichtfarbe, die Lichtdauer und den Lichtrhythmus beeinflussen? Beim Lichtrhythmus will man zu Mastbeginn längere Tage simulieren und die Helligkeit im Mastverlauf, wenn die Eber größer und aktiver werden, zurückfahren.


„First-Class-Abferkelbox“: Die Ansprüche der Ferkel an ihre Umgebung sind in den ersten zwei Lebenstagen sehr hoch. In einem Forschungsprojekt mit dem Namen Pimco (Pigs in Maximum Comfort) wird überprüft, welche Vorteile eine zweigeteilte Säugephase hat.


In den ersten beiden Lebenstagen stehen die Sau und ihre Ferkel in einer „First-Class-Abferkelbucht“. Sie zeichnet sich durch folgende Besonderheiten aus: Extra Frischluftzufuhr für die Sau, Bodenkühlung, Hub-Senk-Boden, senkrechte, tierfreundliche Gummiabweiser am Ferkelschutzkorb, zweigeteiltes Ferkelnest, Mikroklima im Nest. Eine weitere Besonderheit sind runde Abweiser, die in allen vier Buchtenecken aufgestellt werden. Sie sollen verhindern, dass sich Ferkel in den Ecken „festlaufen“.


i Mastbucht auf Wiegefüßen: Wie sich das Gewicht der Mastschweine im Laufe der Produktion entwickelt, lässt sich nur feststellen, wenn täglich aktualisierte Gewichtsdaten vorliegen. Bisher ist das nur über zeitaufwändige Probewiegungen festzustellen.


Damit das künftig nicht mehr nötig ist, wollen die Wissenschaftler in Sterksel komplette 12er-Mastbuchten auf Wiegefüße stellen! Die Futtertröge werden an der Buchtenwand aufgehängt, so dass man den tatsächlichen Zuwachs der Tiere ermitteln kann. Die Wiegeeinrichtung wird mit dem Fütterungscomputer gekoppelt, so dass die Daten auch online zur Verfügung stehen. Das macht die Auswertung einfacher, weil keine Daten mehr aufwändig per Hand übertragen werden müssen.


Alternativ werden Einzelwiegeboxen sowie Kamerasysteme mit Wiegesoftware im Mastschweinebereich getestet.


i Güllevergärung in Mini-Biogasan­lage: In Holland ist die Entsorgung der Schweinegülle ein Problem. Landwirte müssen aktuell 20 € oder mehr je m3 für die Abholung der Gülle zahlen. In Sterksel starten jetzt Untersuchungen, ob sich Mini-Biogasanlagen wirtschaftlich betreiben lassen, wenn ausschließlich betriebseigene Schweinegülle eingesetzt wird. Auf den Zukauf teurer Cofermente wie Mais oder Glycerin verzichtet man.


In der Versuchsanlage in Sterksel wird die Schweinegülle täglich frisch vom Stall in einen 120 m3 großen Gärbehälter gepumpt. Hier wird sie erhitzt und mithilfe eines Rührwerkes homogen gehalten. Das entstehende Gas wird gesammelt und in einem BHKW oder in einer Flugzeugturbine durch Verbrennung in Strom und Wärme umgewandelt.


Ist die Gasausbeute so hoch, dass sich die Mini-Biogasanlage rechnet, können Schweinehalter ihre Gülle künftig energetisch nutzen. Sie müssten dann weniger Öl und Strom zukaufen.

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