Als wir Michael Meier in seinem Büro treffen, schmeißt er uns zur Begrüßung laut krachend einen faustgroßen Stein auf den Holztisch. Nette Begrüßung! „Das ist kein Stein“, schmunzelt er, „so sieht unser Boden aus, wenn er trocknet und hart wird!“
Meier ist Verwalter auf dem gräflichen Betrieb zu Innhausen Knyphausen in Lütetsburg. Wenn es irgendwo schwere Böden gibt, dann hier im nordwestlichen Ostfriesland. Von ihm wollten wir wissen, wie er diese Extremböden im Herbst in den Griff bekommt.
Die Strategie des jungen Betriebsleiters auf gut 1 000 ha Ackerland klingt einfach: „Wir versuchen erst gar keine Kluten zu produzieren. Zunächst steckt man auf unseren Marschböden viel Energie in eine Arbeit, die Kluten erzeugt, um dann mit ebenso hohem Energieeinsatz die Kluten wieder klein zu bekommen. Eigentlich macht das wenig Sinn!“ Kurzum: Plugverzicht auf den schweren Böden.
Vor vier Jahren hat er die komplette Bodenbearbeitung des Betriebes umgestellt. Dabei wehte ihm gleich harter Wind ins Gesicht: „Ohne Pflügen? Das geht hier nie!“
Pflug als Notnagel
Verteufeln will er den Pflug aber nicht: „Der Pflug hat in unserem Betrieb nach wie vor seine Berechtigung. Aber nur in wirklich trockenen Jahren, wenn Verdichtungen der Pflugsohle ausgeschlossen werden können und der Boden durch die Trockengare beim Pflü-gen schon zum größten Teil von selbst bricht.“ Natürlich kommt ab einer gewissen Betriebsgröße auch noch die zeitliche Komponente hinzu. „Rein arbeitszeitlich würden wir es kaum schaffen bei zunehmend unbeständiger Witterung die komplette Fläche zu pflügen“, so Meier.
Zwei Drittel der Betriebsflächen sind See- und Brackmarschen – extrem fruchtbar, aber eben auch schwer zu bearbeiten. Hier folgt auf zwei Jahre Weizen in der Regel Raps. Der schwere Boden muss tief gelockert werden. „Darauf sollte man auf keinen Fall verzichten“, so die Erfahrung Meiers. „Dabei soll der Boden aber nur leicht angehoben werden, so dass er bricht. Die feinkrümelige Oberkrume muss erhalten bleiben.“
Die Bodenbearbeitungstechnik auf dem Betrieb ist nicht „von der Stange“. Der Maschinenpark wurde speziell auf die neuen Anforderungen umgestellt. Direkt nach der Ernte kommt eine Maximulch von Agrisem zum Einsatz. Ein Scheibeneggenfeld stürzt den Stoppel und mischt Ernterückstände ein, dahinter übernimmt eine Reihe Tiefenmeißel die erste Lockerung auf 15 bis 20 cm. Hier ist ordentlich Zugkraft gefordert: Die Zinken brauchen natürlich Kraft und die Scheiben Geschwindigkeit. Als Zugpferd für die 5 m-Maximulch kommt ein 500 PS-Xerion zum Einsatz. Meier ist von dem Effekt überzeugt: „Die Oberfläche nimmt Niederschläge auf und verteilt sie durch die integrierte Lockerung gut im Boden. So bleibt der Acker auch nach stärkerem Regen befahr- und somit bearbeitbar.“
Anschließend wird teilflächenspezifisch gearbeitet: Auf besonders schweren Stellen oder wo die Strohverteilung nicht ganz optimal ist, kommt der Kreiselgrubber zum Einsatz. „Diese Stellen kennen wir und fahren sie gezielt an. Der nächste Schritt ist jedoch der wichtigste“, erzählt uns der Betriebsleiter. „Auch wenn bei jedem Bearbeitungsgang, einschließlich der Ernte, auf bestmögliche Bodenschonung geachtet wird, kommen wir um eine tiefe Lockerung auf den zum dichtlagern neigenden Böden nicht herum!“
Dazu setzt der Praktiker zwei selbst konzipierte Tiefenlockerer ein. Die Geräte hat er sich nach seinen Vorstellungen in Zusammenarbeit mit der Firma Heilers anfertigen lassen. Die Meißel arbeiten auf voller Krumentiefe etwa 30 bis 35 cm tief. Zwei vorlaufende, einstellbare Stützräder halten das Gerät exakt auf Tiefe. Auch die Scharstiele schneiden den Boden, damit möglichst keine feuchten Kluten an die Oberfläche gelangen. Anschließend drückt eine Doppel-Polygonringwalze die Oberfläche wieder an.
Vorgewende tief lockern
Die darauf folgende Aussaat übernimmt eine Väderstad Rapid. Wichtig sind dem Betriebsleiter breite Vorgewende. Je nach Witterungsbedingungen lockert er die Vorgewende nach dem Drillen sogar noch einmal mit dem Tiefenlockerer. Damit während des kurzen Zeitfensters für die Bestellung ausreichend Schlagkraft zur Verfügung steht, setzt der Betrieb bis auf zwei eigene Schlepper ausschließlich Mietschlepper ein.
Michael Meier fährt seine Strategie in Lütetsburg jetzt seit vier Jahren. Selbst nach dem nassen Herbst und später Aussaat im letzten Jahr kann sich das Ergebnis sehen lassen. „Die Feldaufgänge sind gleichmäßiger, weil wir einen deutlich höheren Feinerdeanteil haben.“ Genauso sieht es mit der Herbizidwirkung und dem Schneckenbefall aus: „Durch diese Art der Bodenbearbeitung verbleiben viel weniger Hohlräume im Oberboden.“
Ganz nebenbei hat die Umstellung die Befahrbarkeit der Böden maßgeblich gesteigert und die Probleme mit Verschlämmungen oder Staunässe sind deutlich zurückgegangen. Auch der „Stein“ in seinem Büro ist nur noch eine Erinnerung an vergangene Zeiten...
J.-M. Küper