Dieser Test ist zuerst erschienen im Fachmagazin profi sowie auf www.profi.de
In einer Landmaschine werden immer mehr Steuergeräte und elektrische Stellglieder eingebaut. „Bis zu 90 % der auftretenden Probleme lassen sich nur noch mit Hilfe eines Diagnosegeräts vollständig beseitigen“, berichtet uns Matthias Südholt. Der Landmaschinen-Mechanikermeister ist Werkstattleiter beim Logistik- und Lohnunternehmen Weddeling in Borken an der niederländischen Grenze.
Zusammen mit Spezialisten des Werkstattausrüsters Winkler haben wir uns das hier eingesetzte Diagnosesystem von Bosch angesehen. Das System ist seit 2012 auf dem Markt und wurde 2019 für den Land- und Baumaschinenbereich erweitert.
Fehlerdiagnosesystem für Landmaschinen: Laptop, Pinbox und Co.
Zum Lieferumfang gehören das Diagnose-Interface KTS Truck als Schnittstelle sowie verschiedene Adapterkabel. Diese werden auf der einen Seite mit dem jeweiligen Wartungsanschluss der Landmaschine und auf der anderen mit dem Diagnose-Interface verbunden. Hat man nicht den passenden Stecker zur Hand, kann eine Pinbox Abhilfe schaffen.
In dieser sind sämtliche Pin- und Hülsengrößen vorhanden. Sie lassen sich auf einzelne Pins einer Wartungsdose stecken und per Multipin-Adapter an das Diagnose-Interface anschließen. Somit ist ein Auslesen auch ohne den passenden Adapter möglich. Voraussetzung ist, dass man die Pinbelegung des Steckers kennt.
Ein weiterer Bestandteil des Diagnosesystems ist ein Laptop mit entsprechender Software. Generell kann hierfür jeder Laptop mit Windows-Betriebssystem eingesetzt werden, der die entsprechenden Systemvoraussetzungen erfüllt. Etwa 30 bis 60 GB Speicher sollten für die Installation bereitstehen. Die Software trägt den Namen ESItronic 2.0. Grundlegende Diagnoseabläufe können im Offline-Betrieb durchgeführt werden. Eine Internetverbindung benötigt man, um beispielsweise auf technische Datenblätter zugreifen und Updates durchführen zu können.
In unserem Beispiel wird der speziell für Werkstätten entwickelte Laptop DCU 220 von Bosch verwendet. Das Gerät ist spritzwassergeschützt und lässt sich per Drehbildschirm auch als Tablett verwenden. Laptop und Diagnose-Interface können per USB-Kabel oder kabellos per Bluetooth miteinander verbunden werden.
Mehr als nur der Kauf
Ein Diagnosesystem unterstützt bei der Reparatur, weshalb Fachwissen und Erfahrung weiterhin Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit sind. Außerdem ist eine Einweisung in das System sinnvoll, für die Winkler mehrere Produktspezialisten beschäftigt. Sie helfen den Werkstätten bei Fragen und führen Schulungen durch. Diese Leistungen sind bei Winkler im Anschaffungspreis inbegriffen.
Zusätzlich gibt es kostenpflichtige Pinschulungen. Diese Lehrgänge berechtigen den Mechaniker, sicherheitsrelevante Einstellungen und Prüfungen an einer Maschine mit dem System durchzuführen. Hierzu zählen beispielsweise Eingriffe in die Motorsteuerung oder die Kalibrierung elektronischer Bremsanlagen bei der halbjährlichen Sicherheitsprüfung (SP) für Nutzfahrzeuge. Derartige Arbeiten werden im fahrzeuginternen System gespeichert und dokumentiert.
Grenzen der Systeme
Je nach Diagnosesystem, erworbenen Lizenzen und absolvierten Pinschulungen kann man mit den markenunabhängigen Systemen einen Großteil der gängigen Wartungsarbeiten und Reparaturen durchführen. Generell ist das Lesen und das Löschen von Fehlern sowie die Kalibrierung von Sensoren und das Anlernen von Stellgliedern kein Problem. Die Durchführung der Regeneration von Dieselpartikelfiltern (DPF) ist genauso möglich wie das Auslesen von Daten aus elektronischen Steuergeräten (ECU).
An die Grenzen kommen die Systeme gelegentlich bei sehr neuen Maschinen. Dies liegt daran, dass die Updates im Vergleich zu den markenspezifischen Diagnosegeräten etwa ein halbes Jahr später den Kunden erreichen. Zudem gibt es vereinzelte Einstellungen oder herstelleigene Komponenten, auf die nur begrenzt zugegriffen werden kann. Dies ist z. B. bei Schlepperterminals gelegentlich der Fall. Software-Updates können in solchen Fällen Probleme bereiten, und die Vertragswerkstatt muss aushelfen.
Pakete und Preise
Der Preis für ein Diagnosesystem setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen. Zum einen muss die Hardware und zum anderen die Software mit den Lizenzen angeschafft werden. Die Hardware kostet rund 7.300 € (alle Preise ohne Mehrwertsteuer). Davon entfallen etwa 4.400 € auf den Werkstattlaptop.
Die jährlich zu entrichtenden Lizenzgebühren liegen bei etwa 560 € für das Landmaschinenpaket (OHVI). Etwa 1.100 € fallen zusätzlich für die Baumaschinen- und Stationärmotoren-Lizenz (OHVII) an. Gerade bei selbstfahrenden Arbeitsmaschinen ist diese Lizenz jedoch sinnvoll, da der CAN-Bus der Maschine in vielen Fällen nur wenig Informationen über die Motorsteuerung erhält. Man muss also direkt auf diese zugreifen, um Fehler auszulesen und zu beseitigen.
Sämtliche Systemupdates sind bei Bosch in den Lizenzgebühren enthalten. Alternativ bietet Winkler auch Leasing-Pakete für eine Laufzeit von 60 Monaten an. Die Rate beträgt bei dem hier vorgestellten System 257 € pro Monat inklusive der Lizenzen und Hardwarekomponenten.
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Weitere Systeme im Überblick
Texa
Vor allem in Pkw- und Nutzfahrzeugwerkstätten ist Texa oft vertreten. Doch auch für Agrarfahrzeuge bietet das Unternehmen Softwarelösungen zur Diagnose an. Ein Unterschied zu den anderen Produkten ist die stärker aufgeschlüsselte Produktpalette. So sind die Grundlizenzen im Vergleich etwas günstiger, dafür zahlt man z. B. für technische Datenblätter oder die Kundenhotline extra. Händler sind unter anderem Winkler und Granit.
Jaltest von Cojali
Das Diagnosesystem Jaltest stammt vom spanischen Hersteller Cojali. Anders als bei Texa oder Bosch ist dieses System nur für Nutz- und Agrarfahrzeuge bestimmt. Der Umfang der Lizenzen ähnelt dem Bosch-System. So sind z. B. technische Datenblätter und Reparaturunterlagen enthalten. Angeboten wird das System unter anderem von Granit.
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Ablauf einer Diagnose
1. Eingabe der Maschine
2. Auswahl des Adapters
3. Fehlerbehebung
4. Istwerte überprüfen
5. Technische Daten und Reparaturanleitungen
Fazit
Moderne Werkstätten kommen um ein Diagnosesystem nicht herum. Zwar ist der hohe Anschaffungspreis eine Hürde, doch bieten Unternehmen wie Winkler auch Leasingpakete an. Schlussendlich macht ein markenübergreifendes System dort Sinn, wo unterschiedliche Maschinen verschiedener Hersteller repariert werden. Achten Sie jedoch auf die Serviceleistungen des Anbieters. Gerade Neueinsteiger benötigen Hilfe.