Dem zu Nissan gehörenden Autohersteller Infiniti ist es gelungen, einen Vierzylinder-Ottomotor mit variabler Verdichtung zu entwickeln, der jetzt sogar in Serie geht. Wie Spiegel Online berichtet, war dies seit fast 100 Jahren ein als nicht umsetzbar geltender Entwicklungswunsch der Branche. Dementsprechend sei der Motor namens VC-Turbo, ein 2-Liter-Vierzylinder-Motor mit 272 PS Leistung und einem maximalen Drehmoment von 390 Nm, jetzt eine echte Sensation.
In Standardmotoren ist das Verdichtungsverhältnis starr durch die Länge der Pleuelstange und den Hub der Kurbelwelle definiert. Beim neuen Infiniti-Motor ist es nun variabel und kann von 8:1 bis 14:1 stufenlos reguliert werden.
Entwicklern soll das völlig neue Möglichkeiten eröffnen, heißt es. Denn je mehr sie die Bedingungen im Brennraum kontrollieren und beeinflussen können, desto sparsamer und leistungsstärker ließen sich Motoren einstellen. Stefan Pischinger, Professor für Verbrennungskraftmaschinen an der RWTH Aachen, sprichjt daher auch von einem „Meilenstein in der Motorengeschichte“. Damit sei die letzte große Variabilitätshürde genommen, nachdem man ja bereits viele Dinge, von den Ventilsteuerzeiten bis zu den Ventilhüben, variabel gemacht hat.
Infiniti will die neue Technologie im Jahr 2018 erstmals auf den Markt bringen. Hierbei wird über eine sogenannte Multi-Link-Mechanik der Winkel zwischen Pleuel und Kurbelwelle stufenlos verändert. Dafür habe man 20 Jahre entwickelt und mehr als hundert Motoren-Prototypen gebaut, was zusammen über eine Milliarde Euro gekostet habe.
Der VC-Turbomotor reagiert jetzt auf den Fahrer. Gibt der Vollgas, wird die niedrigste Verdichtung von 8:1 eingestellt. Eine niedrige Verdichtung bedeutet, dass der Kolben im Zylinder nicht ganz so weit nach oben fährt und das Brennraumvolumen demnach größer ist, erklärt Spiegel Online weiter. Deswegen könne mehr Benzin-Luft-Gemisch durch den Turbo in den Zylinder gepresst werden, ohne dass es zu schädlichen Selbstentzündungen des Luft-Kraftstoff-Gemisches kommt, dem berüchtigten "Klopfen". Das Ergebnis: bessere Leistungsausbeute.
Fährt der Fahrer hingegen gleichmäßig dahin, wird das Verdichtungsverhältnis auf 14:1 gesteigert, wodurch die eingespritzte Spritmenge verringert werden kann. Das Ergebnis: Deutlich geringerer Verbrauch. Und der Clou: auch bei allen Fahrzuständen dazwischen wird die Verdichtung passend eingestellt. Der neue Motor soll 27 % weniger Kraftstoff verbrauchen als ein V6-Benziner der gleichen Leistungsklasse. Er soll einen vergleichbaren Wirkungsgrad wie ein Dieselmotor besitzen. Vermutlich kann er auch auf die aufwendige Abgasreinigung verzichten, ohne die moderne Diesel die Euro-6-Anforderungen gar nicht mehr erfüllen können - und böte sich damit vor dem Hintergrund des Dieselskandals als mögliche Alternative an, heißt es.
Nachteil: Der Motor ist schwerer und teurer. Und es stellt sich die Frage, ob er gegen den kommenden Elektrotrend überhaupt noch eine Chance hat.