Angesichts der anhaltend hohen Preise für mineralische Stickstoffdünger sieht die Europäische Kommission die Gefahr von Versorgungsengpässen im anstehenden Frühjahr aufgrund dann nicht ausreichender Logistik.
Für den stellvertretenden Generaldirektor der Generaldirektion für Landwirtschaft (DG AGRI) in der EU-Kommission, Michael Scannell, ist gegenwärtig seine „größte Sorge“, dass die Landwirte aufgrund der hohen Kosten zu lange mit der Bestellung von Stickstoffdüngern warten. Sie könnten dann aber vor dem Problem stehen, dass Hersteller und Händler angesichts zu später Bestellungen zu den Ausbringungszeiten keine ausreichenden Mengen mehr liefern könnten.
Nach Einschätzung des irischen Kommissionsbeamten liegt der Hauptgrund für die zugespitzte Lage in der zu starken Abhängigkeit der EU von fossilen Energieträgern bei der Herstellung von Stickstoffdünger. Die außerdem bestehende Abhängigkeit von Kali- und Phosphorimporten erschwere die Situation zusätzlich.
Auch wenn die Kommission derzeit mit einem Anstieg der EU-Getreideproduktion um gut 3 % im Vergleich zu 2021 rechne, sei es wichtig, das Thema Nahrungsmittelversorgungssicherheit „sehr genau im Blick“ zu behalten, betonte Scannell.
Erneuerbare Energien für Düngerherstellung nutzen
Der EU-Agrarpolitiker Dr. Peter Jahr stellte fest, dass die Verfügbarkeit von Düngemitteln zur richtigen Zeit ein unverzichtbarer Bestandteil einer sicheren Lebensmittelversorgung sei. Deshalb müsse die EU-Kommission nun die richtigen Schritte in die Wege leiten, damit mittel- und langfristig der Energiebedarf bei der Düngerherstellung gesenkt beziehungsweise stärker auf erneuerbare Energien gesetzt werde. Dies würde auch die „geostrategische Abhängigkeit“ der EU mindern.
Der Präsident des Europäischen Düngemittelverbandes (Fertilizers Europe), Andreas Steinbüchler, schloss sich der Einschätzung Scannells an, dass es im Frühling zu möglicherweise derart hohen Nachfragespitzen seitens der Landwirtschaft kommen werde, dass dann nicht alle Kunden zeitgerecht beliefert werden können. Erschwert werde die Situation momentan durch die schwelende Ukraine-Krise und die Gefahr einer unzureichenden Versorgung der EU mit russischem Erdgas.