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Geld für Humusaufbau durch Zertifikate? Zwei Experten zeigen, worauf es ankommt

Das Aufbauen von Humus ist für jeden Landwirt sinnvoll. Doch ob sich damit Geld verdienen lässt, hängt von vielen Faktoren ab.

Lesezeit: 5 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Ackerböden sind der größte CO2-Speicher der Welt und gleichzeitig eine der wichtigsten CO2-Quellen. Dieses Potenzial haben auch Zertifikatehändler entdeckt. Sie bieten Landwirten Geld für den Humusaufbau und verkaufen Zertifikate an Unternehmen und Privatpersonen.

Wir haben mit Caroline Labonte und Dr. Konrad Egenolf von der Landwirtschaftskammer NRW über die Chancen und Risiken für Landwirte, aber auch über die Sinnhaftigkeit von Humuszertifikaten gesprochen.

Mit Maßnahmen wie reduzierter Bodenbearbeitung, dem Anbau vielfältiger Kulturen oder reduzierter mineralischer Düngung können Landwirte Geld verdienen. Sehen Sie hier grundsätzlich ein Geschäftsmodell für Landwirte?

Labonte / Dr. Egenolf: Wenngleich noch nicht sehr verbreitet, werden über die aktuelle GAP bereits einzelne Maßnahmen (nicht nur, aber auch aufgrund ihrer humusfördernden Wirkung) subventioniert. Dazu zählt zum Beispiel der Zwischenfruchtanbau. Wie die meisten öffentlichen Förderprogramme folgen dabei auch die humusrelevanten Programme dem Ansatz der sogenannten maßnahmenbasierten Förderung.

Die im Bereich des CO2-Zertifikatehandels entstandenen Märkte (bislang insbesondere der freiwillige Zertifikatemarkt) eröffnen darüber hinaus die Möglichkeit einer markt­basierten Finanzierung des Humusaufbaus: Landwirte, die durch Humusaufbau aktiv CO2 aus der Atmosphäre entfernen, verkaufen CO2-Emmissionsrechte an Emittenten, die ­ihre Emissionen kompensieren möchten. Grundsätzlich bietet der Humusaufbau neben weiteren Vorteilen also auch ein direktes Geschäftsmodell. Ob die Kosten der Maßnahmen – zum Beispiel für die geforderten Bodenproben – aber allein durch den Handel mit Zertifikaten kompensiert werden können, ist betriebsindividuell zu klären.

Auch über die sogenannten Ökoregelungen können Landwirte Förderungen beantragen. Zertifizierer wie Klim bieten zum Teil für die gleichen Maßnahmen Geld an, falls ein Betrieb diese bislang nicht praktiziert hat. Dieses Geld ließe sich natürlich leicht „mitnehmen“. Ist das möglich oder schließen Zertifikatehändler Doppelförderungen aus?

Labonte / Dr. Egenolf: Doppelförderungen müssen ausgeschlossen werden und ausschließlich zusätzliche Leistungen honoriert werden. In der Praxis ist es für Zertifizierer aber schwierig bis gar nicht zu beurteilen, ob Landwirte Projekte nur für den Zertifikatehandel umsetzen oder ob sie das ­ohnehin gemacht hätten.

Andere Organisationen fördern keine konkreten Maßnahmen, sondern messen den aktuellen Humusgehalt im Boden und bezahlen dann für den Humusaufbau, also tatsächlich gespeichertes CO2. Das klingt nachvollziehbar, sorgt bei vielen Landwirten aber für Unmut. Warum?

Labonte / Dr. Egenolf: Die erfolgsbasierten Finanzierungsmechanismen haben grundsätzlich das Problem, dass Landwirte, die in der Vergangenheit in ihre Bodenfruchtbarkeit investiert haben, geringere Chancen haben, zusätzlichen Humus aufzubauen. Daher sind sie gegenüber Landwirten, die in der Vergangenheit wenig bodenschonend gearbeitet haben, im Nachteil.

Außerdem ist das Monitoring von Humusgehaltsveränderungen nur anhand längerer Zeitreihen möglich. Dafür braucht es über mindestens fünf bis zehn Jahre Messungen, was mit erheblichen Kosten verbunden ist. Der im Bereich des Zertifikatehandels praktizierte Ansatz, Humusgehaltsveränderung anhand zwei einzelner Messungen abzuleiten, ist fachlich nicht korrekt: Wir haben in eigenen Untersuchungen festgestellt, dass der zu erwartende Fehler der Humusgehaltsbestimmung so groß ist, wie in einem zehnjährigen Humusaufbauprojekt aufgebaut werden kann.

Das heißt: Wer bei den wenigen Proben Glück hat, verdient Geld, wer Pech hat, bekommt nichts. Darüber hinaus müssen Landwirte hierbei auch beachten, dass Wetter- bzw. Klimabedingungen oder rechtliche Vorgaben wie eine reduzierte Stickstoffdüngung den Humusaufbau stark limitieren können.

Wie nachhaltig schätzen Sie CO2-Zertifikate aus der Landwirtschaft ein? Besteht die Gefahr, dass als Humus gespeichertes CO2 nach Auslaufen der Verträge wieder frei wird?

Labonte / Dr. Egenolf: Die langfristige Festlegung ist nicht gesichert, weil eine Finanzierung der humusaufbauenden Maßnahmen durch den Verkauf von Humuszertifikaten nur zu Anfang gegeben ist. Sobald ein neues, stabiles Humusniveau erreicht ist, fallen die Einnahmen durch den Zertifikateverkauf weg, obwohl Landwirte die humusaufbauenden Maßnahmen beibehalten müssen, um das neue Humusniveau zu halten.

Zusätzlich kann sich – wenn Landwirte nicht mit allen Flächen teilnehmen – eine stärkere Organik-Versorgung der einen Fläche und eine verringerte Versorgung einer anderen Fläche ergeben. Diese Verlagerungseffekte müssten Zertifizierer ausschließen. Das ist aber nur bei rein flächengebundenen Maßnahmen, wie dem zusätzlichen Zwischenfruchtanbau oder konservierender Bodenbearbeitung, möglich.

Würden Sie Landwirten empfehlen, sich grundsätzlich mit CO2-Zertifikaten zu beschäftigen?

Labonte / Dr. Egenolf: Der marktbasierte Ansatz der Finanzierung von humusaufbauenden Praktiken durch den Verkauf von CO2-Zertifikaten mag in Einzelfällen erfolgreich umzusetzen sein. In der Regel müssen Landwirte aber davon ausgehen, dass sich die sehr ehrgeizig gesetzten Humusaufbauziele nicht vollumfänglich realisieren lassen. Dann können die Kosten für die Erfolgskontrolle (Laboruntersuchungen) die Einnahmen durch den Zertifikateverkauf sogar übersteigen.

Die Klimaschutzwirkung der CO2-Zertifikate ist insbesondere im Bereich des Humusaufbaus zudem fraglich, weil grundlegende Bedingungen an die Zertifizierung nicht sichergestellt werden können. Dazu zählen vor allem die Permanenz des Humusaufbaus und das Ausschließen von den oben angesprochenen Verschiebungseffekten.

Hierfür gibt es Geld

Landwirte haben verschiedene Möglichkeiten, mit dem Aufbau von Humus Geld zu verdienen. Die Art und Weise, in der zertifizierende Unternehmen Landwirte vergüten, lässt sich im Wesentlichen in zwei Arten aufteilen:

Die Zertifizierer messen die Humusgehalte direkt. So zum Beispiel CarboCert. Das Unternehmen zieht zum Beginn eine Bodenprobe pro Beprobungseinheit (bis zu 5,9 ha), um den Humusgehalt zu bestimmen. Nach frühestens drei Jahren erfolgt eine Folgeuntersuchung und damit die erste Auszahlung. Anschließend sind die Landwirte flexibel: Entweder bauen sie weiter ­Humus auf (mit Folgebeprobungen in Drei-Jahres-Schritten) oder sie gehen direkt in die vorgeschriebene, fünfjährige Haltephase über. Pro Tonne gespeichertem CO2 bekommen Landwirte laut CarboCert mindestens 30€. Die Kosten für die Bodenproben tragen die Landwirte selbst.

Die Zertifizierer berechnen den Humusaufbau mit Modellen und schätzen die Wirkung veränderter Bewirtschaftungsweisen ab. Ein Beispiel hierfür ist das Unternehmen Klim. Landwirte dokumentieren online ihre Bewirtschaftungsdaten der vergangenen drei Jahre und geplante Änderungen. Klim vergleicht daraufhin die Klimawirkung der veränderten Bewirtschaftungsweise. Pro Tonne CO2(-Äquivalent) bekommt ein Landwirt derzeit 35€. 75% davon erhält er jährlich. Den Rest bekommt der Landwirt im fünften Jahr, wenn er mindestens so lange dabei geblieben ist.

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