Durch die anhaltenden Niederschläge stehen die Mähdrescher in weiten Teilen Hessens seit mehr als zwei Wochen still. Nun hoffen die Bauern auf die angesagte Schönwetterperiode, die heute beginne soll.
Laut Stefan Schneider, Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes (HBV) und Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Fulda-Hünfeld, müssen sich die Landwirte aber auf erheblichen Qualitäts- und Ertragseinbußen einstellen. "Regional haben sich z.B. Weizenbestände aufgrund der Feuchtigkeit schwarz gefärbt. Ein Großteil des Weizens wird keine Backqualität mehr erreichen“, so Schneider beim Pressegespräch auf dem Hof von Lukas Kersten in Fulda-Maberzell. Für die weitere Ernte brauche es nun dringend eine stabile Trockenphase, so Schneider.
Immer noch einige Gerstenbestände nicht geerntet
Der Vizepräsident des Bauernverbandes erklärte, dass aktuell ein sehr heterogener Erntefortschritt in Hessen herrsche: „In weiten Teilen Hessens ist die Wintergerstenernte bereits beendet, in Nordhessen müssen aber noch Restflächen gedroschen werden. In Südhessen ist die Ernte des Winterweizens teilweise sogar schon beendet, im Norden Hessens jedoch noch gar nicht gestartet. Hessenweit sind erst rund 35-40 Prozent des Winterweizens gedroschen.“
Bei der Wintergerste werden bei einer Anbaufläche von rund 61.000 ha Erträge von ca. 78 dt/ha erwartet, beim Winterweizen etwa 78 dt/ha bei einer Anbaufläche von ungefähr 142.000 ha. Die Erträge des auf ca. 44.000 ha angebauten Winterrapses werden aktuell auf ca. 35 dt/ha geschätzt.
Mais und Rüben profitieren von Regen
Profiteure der nassen Witterungsbedingungen seien Herbstkulturen wie Mais oder Zuckerrüben sowie das Grünland. „Denn aktuell findet die Kolbenentwicklung beim Mais und das Wachstum des Rübenkörpers bei den Zuckerrüben statt – durch die Niederschläge können sich die Bestände von den Trockenschäden aus dem Juni noch gut erholen“, erläuterte Stefan Schneider.
Landwirt Kersten ganz zufrieden
Betriebsleiter Lukas Kersten konnte die Ernte von Wintergerste und Winterraps bereits vor den vielen Niederschlägen abschließen, die Winterweizenernte musste er aufgrund der Witterung unterbrechen: „Vor dem Regen war es grundsätzlich eine zufriedenstellende Ernte mit durchschnittlichen Erträgen und guten Qualitäten, bei der Wintergerste sogar eher überdurchschnittlich", berichtet er.
Die Rapsernte sei etwas enttäuschender gewwesen, es gebe zwar gute Ölgehalte von 45-46 %, aber man habe nicht ganz die 4 t/ha erreicht. "Der viele Regen – seit Beginn der Regenperiode Ende Juli gab es bei uns teilweise bis zu 120 Liter pro Quadratmeter – macht es jetzt natürlich schwieriger, wir müssen abwarten, wie die Qualitäten des Weizens letztendlich ausfallen werden.“ Für Kulturen wie den Mais sei der viele Regen allerdings Gold wert gewesen, so Kersten.
Frust wegen EU-Politik
Hinsichtlich der aktuellen politischen Rahmenbedingungen betonte Vizepräsident Schneider, dass zusätzlich zu den derzeitigen Herausforderungen durch den Klimawandel praxisferne Vorschläge der EU-Kommission, z.B. die „Sustainable Use Regulation“ (SUR) zur pauschalen Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln, zu weiteren Ertragsrückgängen führen könnten.
„Die Landwirte brauchen stabile politische Rahmenbedingungen und müssen viel mehr mit einbezogen werden. Gemeinsam und mit produktionsintegrierten Maßnahmen können wir noch viel mehr beim Klima-, Natur- und Artenschutz erreichen“, so Schneider.