Ein Kommentar von Matthias Bröker, Ressort Ackerbau top agrar
Nein zu Glyphosat, Nein zu neuen Züchtungstechnologien – Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) lehnt die positive EFSA-Bewertung des Herbizids und die Vorschläge der EU-Kommission zur Nutzung neuer Züchtungsmethoden rundweg ab. Und – seien wir ehrlich – mit ihm wohl weite Teile unserer Gesellschaft.
Doch bei Glyphosat ist eins klar: Ohne die abschließende Bewertung der EFSA – der unabhängigen EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit – abzuwarten, wurde der Wirkstoff im Vorfeld zerredet. Glyphosat steht bei den Grünen stellvertretend für die Ablehnung der konventionellen Landwirtschaft.
Wichtige Aspekte, wie bspw. der Erosionsschutz durch reduzierte Bodenbearbeitung, werden konsequent ausgeblendet. Eine positive wissenschaftliche Beurteilung passt vielen schlichtweg nicht ins Bild. Sofort nach Veröffentlichung der Studie ploppten die Schlagzeilen auf: „EFSA verharmlost Glyphosatrisiken“, so urteilte beispielsweise das Deutsche Umweltinstitut in München, übrigens ein eingetragener Verein, der sich für den ökologischen Landbau engagiert.
Lasst uns der Wissenschaft wieder mehr trauen.
Wäre es nicht besser, wissenschaftlichen Ergebnissen wieder mehr zu trauen? Hätte die Bundesregierung nicht den Glyphosatausstieg zum Ende des Jahres versprochen, um vornehmlich ihre Stammklientel zu bedienen, sondern erstmal die EFSA-Studie abgewartet, würde sie jetzt nicht in einem Dilemma stecken.
Denn sollten die EU-Mitgliedstaaten auf Grundlage der EFSA-Risikobewertung für eine Verlängerung der Wirkstoffgenehmigung auf EU-Ebene stimmen, würde Deutschland bei einem nationalen Festhalten am Verbot gegen EU-Recht verstoßen. In letzter Instanz könnte Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren drohen. Dann könnte aus Özdemirs Nein ein erzwungenes Ja werden.
Auch die vorschnelle Absage des Ministers an die neuen Züchtungsmethoden ist nicht nachvollziehbar. In Zeiten von Klimawandel und Ernährungssicherung – und das möglichst mit weniger chemischem Pflanzenschutz – braucht die Landwirtschaft schnell Lösungen. Es geht sicherlich nicht darum, den kürzlich vorgelegten Entwurf der EU-Kommission zur Nutzung der neuen Verfahren wie CRISPR/Cas einfach durchzuwinken. Es geht vielmehr darum, den Vorschlag zu bewerten und mitzugestalten.
Die Politik sollte z. B. in diesem Rahmen der Patentierbarkeit von Pflanzeneigenschaften, die auch in der Natur vorkommen oder entstehen könnten, einen Riegel vorschieben – denn das bremst den Züchtungsfortschritt. Ein starker Sortenschutz hingegen, der den Züchtern einen ungehinderten Zugang zu genetischem Material ermöglicht, gehört gestärkt – denn das fördert die Entwicklung innovativer Sorten (siehe dazu das Interview mit Stephanie Franck, Vorsitzendes des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter).
Herr Özdemir – gestalten Sie mit, anstatt zu blockieren! Sagen Sie, was Sie wollen und nicht nur, was Sie nicht wollen. Nur Nein sagen reicht nicht.