Im Rahmen eines Forschungsprojekts hat das Startup Finizio 2023 in Eberswalde eine Urinaufbereitungsanlage und ein Humusregal zur Verwertung von Inhalten aus Trockentoiletten eröffnet. Seitdem arbeitet das Projekt zirkulierBAR an dem Thema, um der Landwirtschaft so wertvolle Dünger bereitstellen zu können.
Im Interview mit dem rbb berichtet Projektkoordinatorin Dr. Ariane Krause, dass in den Fäkalien Stickstoff, Phosphor und Kalium enthalten sind, deren Bereitstellung als Pflanzendünger auf den klassischen Wegen sehr aufwändig ist. Daher wirbt sie für eine Sanitär- und Nährstoffwende.
„Unser Toilettensystem ist eine Einbahnstraße, das zudem ein Drittel unseres Trinkwassers zuhause verbraucht. Das ist zu viel. Das Abwasser muss dann in den Kläranlagen aufwändig gereinigt werden. Wir haben eine Mischkanalisation. Das bedeutet, dass wir Wertstoffe wie Phosphor mit Schadstoffen vermischen und das Ganze auch noch mit sehr viel Wasser verdünnen. Das macht es technisch so anspruchsvoll, hinterher alles wieder zu trennen“, erklärt Krause.
Sie hält es für sinnvoller, das Sanitärsystem wieder am natürlichen Kreislauf auszurichten: vom Acker auf den Teller, ins Klo und wieder auf den Acker.
Trockentoiletten bieten sich besonders an
Begonnen haben die Beteiligten von zirkulierBAR mit der Verwertung der Inhalte von Trockentoiletten, weil da Kot und Urin getrennt voneinander gesammelt und nicht mit Wasser vermischt werden. Solche Trockentoiletten sind zum Beispiel schon oft auf Festivals im Einsatz, in Kleingartenanlagen oder auch in Wohnmobilen, so Krause weiter. Man könne sie einfach aufstellen, denn sie brauchen keinen Anschluss. Der Inhalt der Trockentoiletten wird nach Eberswalde gebracht und zu Düngemittel veredelt.
Wie funktioniert die Anlage?
Zuerst wird der Kot in Eberswalde in den Hygienisierungscontainer (HyCo) gekippt. Er wird wie eine Lasagne aufgeschüttet: Kot-Stroh-Kot-Stroh. Dann wird der Container verschlossen, aber belüftet. Das regt die Aktivität von Mikroorganismen an, der Containerinhalt erhitzt sich auf bis zu 75 Grad. Nach zwei Wochen ist der Prozess der Pasteurisierung abgeschlossen und der Großteil der Krankheitserreger abgetötet, berichtet Dr. Krause.
Dann wird der HyCo geöffnet, der Inhalt in einen Haufen aufgeschüttet und mit Zuschlagstoffen wie Grünschnitt, Tongesteinsmehl oder Pflanzenkohle gemischt und immer wieder gewendet. Nach zwei bis drei Monaten ist der Kompost fertig. „Er stinkt nicht. Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass die Krankheitserreger durch das zweistufige Verfahren entfernt wurden.“
So gut wie Mineraldünger
Die Forschungsergebnisse würden dem Projekt recht geben. Der Humusdünger könne mit Mineraldüngern mithalten. „Aber nicht, wenn er alleine eingesetzt wird. Denn der Humusdünger setzt die Nährstoffe sehr langsam frei und bringt nicht genug von allen Nährstoffen, die die Pflanze braucht“, sagt Krause im rbb.
Vor allem mangele es oft an Stickstoff. „Dass wir trotzdem auf dem Feld die gleichen Erträge erzielen konnten wie mineralische Dünger, liegt daran, dass wir den Humusdünger mit Flüssigdünger aus Urin kombiniert haben, der ebenfalls in Eberswalde hergestellt wird, in einer Urinaufbereitungsanlage.“
Die Expertin erklärt weiter, dass etwa 80 % des Stickstoffs, den wir ausscheiden, in unserem Urin enthalten sei. Der erste Schritt in der Urinaufbereitungsanlage sei eine Nitrifikation. Dabei sorgen Mikroorganismen dafür, dass kein Ammoniak mehr ausgast und es somit nicht mehr stinkt. Im zweiten Schritt läuft der Urin durch einen Aktivkohlefilter. So werden Arzneimittelrückstände zu mehr als 99 % herausgeholt.
Leider nicht zugelassen
Das Problem ist die fehlende Zulassung: Denn in der deutschen Gesetzeslage existieren menschliche Fäkalien, die getrennt von Abwasser gesammelt wurden, nicht. „Wir haben einerseits das Bioabfallrecht. Neben Pflanzenresten sind da alle möglichen Varianten tierischer Exkremente aufgelistet, flüssige wie auch feste. Auch ganz viele Arten von Schlämmen, die menschliche Fäkalien enthalten.“
Aber Urin und Kot von Menschen in Reinform tauchen in der Liste nicht auf. Ebenso wenig im deutschen Düngerecht. Deswegen darf man daraus keinen Dünger für den Markt herstellen, erklärt Krause. „Obwohl das Interesse von Landwirten und Kommunen da ist. Immer mehr Kommunen stellen Trockentoiletten auf und landen dann schnell bei der Frage: Wohin mit dem Inhalt? Zudem gibt es politische Vorgaben, verstärkt auf Kreislaufwirtschaft zu setzen und die Emissionen zu reduzieren.“
Aktuell gebe es immerhin ein stabiles Netzwerk von etwa 20 Kommunen in Deutschland, die das Projekt über die gesamten drei Jahre intensiv begleitet haben. Der Kreis der grundsätzlich interessierten Kommunen sei aber deutlich größer, heißt es. Die Macher hoffen nun, dass die Politik da bald grünes Licht gibt.